Gonokokken mutieren zu Super-Bugs

Dr. Carola Gessner, Foto: wikipedia

Gonokokken werden resistent gegen Cephalosporinen. Auch andere Antibiotika werden stumpf. Wie bekommt man den Tripper in den Griff?

Aussagekräftige deutsche Surveillance-Daten fehlen zwar zurzeit, doch ein Bericht der British Health Protection Agency zur aktuellen Lage in Großbritannien ist sicher für Europa aufschlussreich, erklärte Dr. Heinrich Rasokat vom Universitätsklinikum Köln.


Die Ergebnisse in Kürze:
• Die Empfindlichkeit gegenüber Cefixim sinkt kontinuierlich – vor allem unter Männern, die Sex mit Männern haben (MSM).
• Bei Gonokokken, die von MSM isoliert werden, steigen die minimalen Hemmkonzentrationen.
• Vermindert Cefixim-sensible Neisserien sprechen i.d.R. auf Ciprofloxacin nicht an – bei erhöhten MHK-Werten für Ceftriaxon.
• Für Ciprofloxacin, Penicillin G und Tetrazykline liegen die Resistenzraten weit über 5 % (zur GO-Therapie nicht empfohlen).
• Ceftriaxon wurde daher in Großbritannien jetzt zum First-line-Antibiotikum erklärt, in den Leitlinien empfiehlt man die Kombination mit Azithromycin (2 g oral als Einmalgabe).

Cephalosporine greifen immer weniger bei Gonokokken

Dass die Lage sich weltweit verschärft, belegt ein Bericht aus Japan über ein komplett Cephalosporin-resistentes Gonokokken-Isolat. Was diese GO-Neisserien zu den neuen gefürchteten Super-Bugs macht, untersuchte das europäische Referenzlabor für Neisserien im schwedischen Örebro. Aus einem Cefixim-resistenten Keim, der in Japan schon länger bekannt ist und jetzt auch in Europa isoliert wurde, hat sich der Stamm HO41 mit dem neuen Resis­tenz-Gen „penA“ entwickelt.

Rachen-Gonorrhö vom Sex-Urlaub
Als ausgesprochen hartnäckig erwies sich die Pharyngeal-Gonorrhö bei einem Schweden, der in Japan mit einer Prostituierten ungeschützten Oralverkehr hatte. Wenige Tage danach traten Harnröhren- und Hals-Entzündung gleichzeitig auf. Die Urethritis heilte rasch, die Pharyngitis erst nach i.v.-Therapie mit 1 g Ceftriaxon, wie Autoren vom europäischen Referenzlabor für Neisserien in Örebro berichteten.


Auch aus den USA berichten Forscher über Cephalosporin-resistente Gonokokken, knapp 1 % trotzt mittlerweile Ceftriaxon. Tetrazykline und Ciprofloxacin werden als Waffen zunehmend stumpf, während Azithromycin noch greift. Die aktuelle US-Empfehlung lautet: Jede Gonorrhö mit Ceftriaxon (250 mg intra-muskulär) plus Azithromycin (2 g einmalig oral) behandeln.

Gültige Leitlinien zur Gonokokkeninfektion nicht mehr aktuell?

Für Deutschland hat das Robert Koch-Institut bereits 2009 über Resistenz-Zunahmen im Rhein-Main-Gebiet berichtet und Kliniker haben  z.T. den Eindruck, dass Ceftriaxon immer schlechter greift. Bakteriologen warnen vor einer globalen Verbreitung zahlreicher plasmidischer und mosaikischer Resistenzgene.


Die derzeit gültigen Europäischen GO-Leitlinien sind den klinisch tätigen Dermatologen zu alt. Die Empfehlung „250 mg Ceftriaxon als Einmalgabe“ reicht nicht mehr, so Dr. Rasokat. Er plädiert für eine Dosis von 1–2 g i.m. oder auch intravenös.

Wirkt bald nur noch Gentamicin gegen Neisserien?

Und wie wird es weitergehen? Wie zuvor Penicillin, Tetrazykline und Chinolone werden auch Cephalosporine ihre Wirksamkeit gegenüber N. gonorrhoeae verlieren. Und dann gibt es erst einmal keinen vergleichbaren Ersatz, so das ernüchternde Fazit des Experten. Spectinomycin (hohe Ansprechrate) steht nicht mehr zur Verfügung.


Möglicherweise müsse man bald „unkomfortable“ Medikamente wie Gentamicin einsetzen. Diese Substanz wirkt zwar gegen Gonokokken, ist aber u.a. wegen enger therapeutischer Breite, Nephro- und Ototoxizität sowie unklaren Effekts auf extragenitale Manifestationen nicht für die GO zugelassen. Angesichts der heiklen Lage, so der Referent, sei es ratsam, trotzdem entsprechende Studien mit Gentamycin auf den Weg zu bringen.


Quelle: Derma-Update 2011, Wiesbaden

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