Harninkontinenz des Mannes mit konservativen Mitteln behandeln

Dr. Andrea Wülker, Foto: Martina Berg - Fotolia

Harninkontinenz ist auch bei Männern ein Thema – zum Beispiel nach einer Prostat­ektomie oder als Folge einer überaktiven Blase. Welche Maßnahmen helfen?

Die Prävalenz der männlichen Harninkontinenz wird mit 23 % angegeben und im Alter weisen Männer fast genau so häufig einen unwillkürlichen Harnverlust auf wie Frauen. Zwar ist Inkontinenz nicht lebensbedrohlich, aber sie mindert Lebensqualität und Selbstgefühl der Betroffenen erheblich und sollte ernst genommen und behandelt werden, so Professor Dr. Ruth Kirschner-Hermanns und Mitarbeiter von der Abteilung Neuro-Urologie der Universitätsklinik Bonn.

Ein kräftiger Beckenboden 
dichtet die Blase ab

Besonders im ersten Jahr nach einer radikalen Prostatektomie gelten nicht medikamentöse, konservative Maßnahmen als erste Wahl: Beckenbodentraining, Biofeedback und Elektrostimulation bieten sich dazu an.


Beim Beckenbodentraining lernt der Patient, den Beckenboden willkürlich und selektiv zu kontrahieren. Diese Maßnahmen können durch technische Hilfsmittel unterstützt werden: Sobald die relevanten Muskeln effektiv angespannt sind, erhält der Patient beim sogenannten Biofeedbacktraining ein akustisches oder visuelles Signal.

Stromimpulse zur Stimulation des N. pudendus

Die Elektrostimulationstherapie zielt wiederum darauf ab, den Nervus pudendus und seine Äste zu stimulieren. Durch wiederholte Stromimpulse werden Reize an urethrale und periurethrale Muskeln gesandt. Meist werden Biofeedback oder Elektrostimulation mit einem Beckenbodentraining kombiniert. Je früher das Training einsetzt, desto besser sind offenbar die Ergebnisse.


Eine Sonderform der Elektrostimulation ist die Magnetfeldtherapie (extracorporeal magnetic innervation therapy, EXMI). Dabei wird ein hochenergetisches elektromagnetisches Impulsfeld aufgebaut, das die motorischen Nervenenden im Beckenboden stimuliert und zu wiederholten kräftigen Kontraktionen von Beckenboden- und Sphinktermuskulatur führt. Gleichzeitig kommt es durch Stimulation afferenter Nervenbahnen zur Detrusorhemmung.


Im Vergleich zur Elektrostimulation ist die EXMI durch eine bessere Eindringtiefe und höhere Intensität gekennzeichnet – allerdings ist ihre Wirksamkeit nicht gut belegt und es gibt nur wenige Studien zur Therapie der männlichen Harninkontinenz.

Kein zugelassenes Medikament

Welche medikamentösen Therapieoptionen gibt es? Derzeit ist kein Präparat zur Behandlung der männlichen Belas­tungsinkontinenz zugelassen, schreiben die Bonner Kollegen. Im Rahmen einer prospektiven, randomisierten Studie wurde geprüft, inwieweit Patienten nach radikaler Prostatektomie vom Beckenbodentraining (allein) oder von einem Beckenbodentraining plus zusätzlicher Duloxetin-Gabe profitierten. Der selektive Serotonin-Noradrenalin-Reuptake-Inhibitor (SSNRI) Duloxetin erhöht die neuronale Aktivität des N. pudendus und führt zu einem gesteigerten Sphinktertonus.

Bessere Lebensqualität 
durch Kombinationstherapie

Zusätzlich kommt es zu einer Detrusorrelaxation. In der Gruppe mit zusätzlicher Duloxetin-Behandlung sank die Inkontinenzfrequenz signifikant und auch die Lebensqualität war deutlich besser als bei Patienten, die nur Beckenbodentraining absolviert hatten. Allerdings brachen rund 15 % der Männer die Duloxetin-Therapie aufgrund von unerwünschten Nebenwirkungen (meist Übelkeit) ab. Ähnliches wurde auch in neueren Arbeiten bestätigt.

Überaktive Blase zähmen

Männer, die ohne vorausgegangene urologische Operation an einer Harninkontinenz leiden, weisen überwiegend Symptome einer überaktiven Blase („overactive bladder“, OAB) auf. Dabei spielen vor allem bei älteren Patienten Komorbiditäten eine Rolle , z.B. Diabetes, M. Parkinson, LWS-Syndrom sowie die medikamentös bedingte Vigilanzminderung.


Neben Blasentraining kommen anti­muskarinerge Wirkstoffe therapeutisch in Betracht. In mehreren Untersuchungen konnte die Wirksamkeit und Sicherheit einer antimuskarinergen Behandlung, z. B. mit Tolterodin und Solifenacin, auch bei Männern nachgewiesen werden. AW


Quelle: Ruth Kirschner-Hermanns et al., 
Urologe 2014; 53: 333-338

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