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Cartoon Praxismanagement
Hausarzt bezwingt Trolle – wie man gegen Hasskommentare vorgeht

Hausarzt Dr. Christian Kröner ist mit einem Aufklärungszettel zur Coronaimpfung versehentlich berühmt geworden. Eigentlich hatte er im Dezember nur pragmatisch heruntergetippt, was man zu diesem Zeitpunkt über die Impfstoffe wusste. Er wollte die Fragen seiner Patienten klären, die sich in seiner Praxis im bayerischen Pfuhl ständig wiederholten. Dann wurde der Zettel auf Twitter und Facebook tausendfach geteilt und geliked – auch wegen der humorvollen und direkten Formulierung. So lautet etwa einer der Punkte: „Aber da wird ein Chip .... NEIN!“ (s. Kasten).
Dr. Kröners Infozettel
- Nein, der Impfstoff verändert nicht das Erbgut und ist nach aktueller, wissenschaftlicher Erkenntnis sicher. Er enthält mRNA (nicht DNA), also den gleichen Stoff wie die meisten Erkältungsviren. Bei jeder von Ihnen durchgemachten Erkältung hat das Erkältungsvirus mRNA in Ihre Zellen eingebracht, um sich zu vermehren, ganz ohne Ihr Erbgut zu verändern. Haben Sie nur noch nie drüber nachgedacht.
- Aber da wird ein Chip .... NEIN!
- Und Bill Gates ..... NEIN!
- Aber Sie sind doch von der Pharmaindustrie bezahlt .... NEIN! Wir sind schon froh, wenn Ihre Krankenkasse gelegentlich mal etwas Geld für Ihre Behandlung rüberwachsen lässt.
Manche beteuerten plötzlich, sie hätten es nicht so gemeint
Einige von ihnen erschraken offenbar, als der Brief der Staatsanwaltschaft bei ihnen eintrudelte. Sie entschuldigten sich und beteuerten, es sei alles nicht so gemeint gewesen. „Die Anzeigen haben definitiv einen Erziehungseffekt“, resümiert der Hausarzt. Obwohl er sich über einige der Kommentare geärgert habe, hätten sie ihm persönlich nicht sonderlich zugesetzt, erzählt er. Allerdings sei es interessant gewesen, dass viele Unterstützer sich nur privat bei ihm gemeldet hätten, anstatt sich öffentlich zu äußern. „Es ist ein riesiges Problem, wenn die Leute den Mund nicht aufmachen, weil sie Angst haben, in den Fokus der Querdenker zu geraten.“ Auch die Homöopathiekritikerin und Ärztin Dr. Natalie Grams informiert in den sozialen Netzwerken über die Coronapandemie und die Impfung. Sie ist inzwischen seltener mit Hass konfrontiert. „Wahrscheinlich hat man sich nach über fünf Jahren intensiver Aufklärungstätigkeit einfach an mich gewöhnt“, vermutet die Medizinerin. „Aber ich kenne auch noch andere Zeiten, in denen kein Tag ohne Hassbotschaften, Verleumdungen oder offene Aggression, zum Beispiel bei Vorträgen, vergangen ist.“ Sie rät Betroffenen, sich anwaltliche oder polizeiliche Hilfe zu nehmen, falls Aussagen strafrechtlich relevant sind. „Man muss sich trauen, gegen Schläge unter die Gürtellinie aktiv vorzugehen.“ Einerseits können Betroffene ein zivilrechtliches Verfahren gegen die Verfasser der Hassbotschaften anstrengen. „Beispielsweise ist die Durchsetzung von Ansprüchen auf Unterlassung, auf Löschung, auf Gegendarstellung und auf Kostenersatz denkbar“, erklärt Professor Dr. Dr. Alexander Ehlers, Fachanwalt für Medizinrecht in München. Ein Anspruch auf Schadensersatz setze voraus, dass dem Adressaten des rechtswidrigen Beitrags ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist. Um einen Zivilprozess zu finanzieren, könne manchmal Crowdfunding helfen, empfiehlt Dr. Grams. „Viele Menschen akzeptieren nicht, dass Personen, die wissenschaftliche Inhalte transportieren, dafür alleine geradestehen müssen und helfen gerne aus.“ Kurzfristige Unterstützung erhalten Betroffene auch von Organisationen wie „HateAid“, einer gemeinnützigen GmbH, die Opfer digitaler Gewalt kostenlos berät und manchmal deren Prozesskosten übernimmt.Justiziabel sind zum Beispiel Beleidigung und Verleumdung
Im Zweifel können Betroffene natürlich auch direkt Strafanzeige erstatten, so wie Dr. Kröner. Schlimmstenfalls erkennt die Staatsanwaltschaft keinen Straftatbestand und stellt die Ermittlungen ein. Kosten entstehen dabei aber nicht. Ein Kommentar kann aus vielen Gründen justiziabel sein. „Klassische Straftatbestände sind unter anderem die Störung des öffentlichen Friedens durch Andeutung von Straftaten, Volksverhetzung, Beleidigung und Verleumdung“, erklärt Prof. Ehlers. Das Strafmaß ist variabel und reicht von einer Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren. „Die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Beleidigungen, Verleumdung oder übler Nachrede kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren geahndet werden“, warnt Prof. Ehlers. Allerdings ist es für die Behörden relativ schwierig, die Identität der Verfasser zu ermitteln. Das soll sich durch ein neues Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität ändern, das seit dem 3. April 2021 gilt. Demnach müssen soziale Netzwerke strafbare Postings ab 2022 nicht mehr nur löschen, sondern auch dem Bundeskriminalamt melden. „Die Betreiber sind zur Übermittlung jener Daten an das Bundeskriminalamt verpflichtet, die zur Individualisierung des Urhebers von rechtswidrigen Kommentaren notwendig sind. Dazu gehört beispielsweise die IP-Adresse“, führt Prof. Ehlers aus. „Diese stellt einen digitalen Fingerabdruck dar. Mit einer IP-Adresse kann die Identität des Urhebers eines rechtswidrigen Kommentars über den Internetprovider ermittelt werden“, ergänzt Daniel Menghin, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fachanwalts. Zudem seien die Provider gesetzlich zur Kooperation mit den Ermittlungsbehörden verpflichtet. Künftig sollten sich Menschen, die vermeintlich anonym im Internet pöbeln, also nicht mehr so sicher fühlen wie jetzt.Medical-Tribune-Bericht
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