Heparinthrombose? 4-T-Score klärt Risiko

Maria Weiß, Foto:Thinkstock

Thrombosen unter Heparin lassen sofort an eine heparininduzierte Thrombozytopenie denken. Der 4-T-Score bringt Sie der Diagnose ein Stück näher.

Bei etwa 10 % der heparinbehandelten Patienten kommt es innerhalb von ein bis zwei Tagen zu einem asymptomatischen, vorübergehenden leichten Abfall der Thrombozyten. Diese harmlose heparininduzierte Thrombozytopenie Typ I (HIT I) bedarf keiner weiteren Therapie. Gefürchtet ist dagegen die deutlich seltenere heparininduzierte Thrombozytopenie Typ II (HIT II).

Unter der Therapie mit unfraktioniertem Heparin tritt diese heparininduzierte Thrombozytopenie bei 3 % der Patienten, unter niedermolekularem Heparin bei 0,2 % der Kranken auf. Hierbei kommt es - meist zwischen dem 5. und 14. Tag der Therapie - zu einem Abfall der Thrombozytenzahl um mehr als 50 %.

Verdacht auf HIT II: 4-T-Score einsetzen

Der aus aktivierten Thrombozyten freigesetzte Plättchenfaktor 4 (PF4) bildet Komplexe mit dem Heparinmolekül, gegen die der Körper IgG-Antikörper produziert. Der PF4-Heparinkomplex bindet sowohl Antikörper als auch Thrombozyten, die dadurch zu größeren Aggregaten vernetzt werden. Auf diese Weise sinkt die Zahl der zählbaren Plättchen - gleichzeitig werden diese aktiviert und setzen die Gerinnungskaskade in Gang.

Dies erklärt, warum betroffene Patienten trotz niedriger Plättchenzahl nicht bluten, sondern vermehrt arterielle und venöse Thrombosen entwickeln, und das leider oft schon vor messbaren Laborveränderungen.

Die gefährliche HIT II ist eine klinische Diagnose, deren Wahrscheinlichkeit mittels <media 2827 _blank - "4-T-Score, Heparininduzierte Thrombose">4-T-Score</media> abgeschätzt werden kann. Bei dringendem klinischem Verdacht muss die Heparintherapie sofort beendet und mit der Gabe eines alternativen Antikoagulans begonnen werden. Würde man nur Heparin absetzen, hätten die Patienten mit HIT II ein 75%iges Risiko, innerhalb eines Monats eine thromboembolische Komplikation zu entwickeln. Denn die PF4-Heparin-Antikörperkomplexe bleiben erst einmal bestehen.

Antikörpernachweis sichert die Diagnose der HIT II

Gesichert wird die Diagnose durch den Nachweis von Antikörpern gegen den PF4-Heparin-Komplex. Ein negativer Antikörpertest schließt eine HIT II mit großer Wahrscheinlichkeit aus - bei typischem klinischem Bild sollte der Test aber sicherheitshalber wiederholt werden.

Zur Bestätigung eines positiven Befundes wird noch ein funktioneller Test empfohlen, der Auskunft über die klinische Relevanz der Antikörper gibt. Ein positiver Antikörpernachweis ohne entsprechende Klinik hat keine Relevanz. Denn auch bei 6,1 % der gesunden Normalbevölkerung lassen sich solche Antikörper nachweisen.

Als alternative Antikoagulanzien sind bei HIT II das Heparinoid Danaparoid und die direkten Thrombinhemmer Lepirudin und Argatroban zugelassen. Ausschlaggebend für die Wahl sind patientenspezifische Faktoren wie Nieren- und Leberinsuffizienz. Denn Lepirudin wird überwiegend renal eliminiert, Argatroban dagegen in der Leber abgebaut.

Phenprocoumon erst bei normalen Thrombozythenwerten

Auf Vitamin-K-Antagonisten darf erst umgestellt werden, wenn sich die Thrombozytenwerte normalisiert haben - andernfalls drohen mikrovaskuläre Thrombosen. Dabei gilt: einschleichend dosieren und mindestens fünf bis sieben Tage überlappend behandeln.

Quelle: Andreas Link et al., Dtsch Med Wochenschr 2011; 136: 953-962

 

 

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