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Herausforderung Hirntumoren: Die Supportivtherapie als eigentliche Kunst
Maligne Gehirntumoren sind zwar mit etwa 1 % aller Krebsneuerkrankungen pro Jahr relativ selten, aber für 2 % der jährlichen Todesfälle verantwortlich, erinnerte Professor Dr. Herwig Strik, Neuroonkologe an der Universitätsklinik Marburg. „Geschätzt werden etwa 5500 Neuerkrankungen pro Jahr und fast genauso viele Patienten sterben auch jedes Jahr.“
Die besonders häufigen Glioblastome haben dabei auch die schlechteste Prognose. So beträgt das mediane Überleben bei Glioblastomen WHO IV im median nur etwa ein Jahr. „Es gibt sehr viele Verläufe, die einen nachdenklich machen“, so der Neuroonkologe. Ungünstig sind z.B. auch Astrozytome WHO III mit einem medianen Überleben von etwa zwei Jahren, die selteneren Oligodendrogliome sind etwas besser in der Prognose. Bei Patienten mit Gehirnmetastasen ist das mediane Überleben noch sehr viel schlechter.
Gliome: Mittlerweile gibt es Langzeitüberlebende
„Es gibt auch günstige Prognosefaktoren und das sollte uns Mut machen“, betonte Prof. Strik. Bei humanen Gliomen sind dies u.a. ein junges Alter, ein guter Allgemeinzustand, eine makroskopische Komplettresektion und eine oligodendrogliale Differenzierung.
Mit der Einführung von Temozolomid konnte erstmals ein gewisser Fortschritt in der Chemotherapie von Glioblastomen erreicht werden, erinnerte der Experte. Zwar konnte das mediane Überleben nur etwas verbessert werden, so Prof. Strik, „aber wir haben vor allem mittlerweile eine gewisse Rate an Langzeitüberlebenden“. Bei Glioblastomen liegt die Fünf-Jahres-Überlebensrate bei etwa 5 bis 6 % – bei diesen wenigen Patienten kann man neben der für alle Patienten notwendigen Supportivtherapie auch eine Rehabilitation und sogar Wiedereingliederung in Betracht ziehen, so Prof. Strik.
In der Supportivtherapie hat man bei Patienten mit Gehirntumoren mit spezifischen Problemen zu kämpfen, die allesamt adressiert werden müssen, betonte er. „In meinen Augen fängt die eigentliche Kunst in der Neuroonkologie an, wenn wir zur Supportivtherapie kommen.“ Es gibt Patienten mit erhöhtem Hirndruck und Schmerzen, sehr häufig sind epileptische Anfälle und reaktive Depressionen.
Hirnödemtherapie ist einen Herausforderung
Die Patienten haben natürlich Ängste in Bezug auf ihre Prognose, Nebenwirkungen der Behandlung und Symptomen bei einem Progress, die angesprochen werden sollten. Beantwortet werden muss auch eine Reihe sozialmedizinischer Fragen. „Und wir sehen eine spezielle Belastung der Angehörigen, die vielleicht ein bisschen über das hinausgeht, was wir bei anderen Tumoren sehen.“
Eine Herausforderung bei Gehirntumoren ist die Ödemtherapie, verdeutlichte Prof. Strik. „Es wird oft aus Sorge vor Gehirnödemen zu lange und zu viel Steroid gegeben.“ Die bekannten Folgen sind u.a. Cushing-Fazies, Gewichtszunahme, Diabetes, Hautveränderungen und Magenulkus. Durchaus vorkommen können auch Steroidmyopathien, die massiv die Lebensqualität beeinträchtigen.
„Sie sollten bitte an die Steroidmyopathie denken, die durch fast keine diagnostische Maßnahme ordentlich zu sichern ist. Sie müssen das als Verdachtsdiagnose stellen“, so Prof. Strik. Er rät daher, Steroide, wenn möglich, zu reduzieren, gegebenenfalls bis zum Absetzen. Bei im CT/MRT sichtbarem Ödem sei die Basis 2–4 mg Dexamethason bzw. 10–15 mg Prednisolon. Kommt es beim Ausschleichen zu einer klinischen Verschlechterung, solle drei Tage hoch dosiert ein Steroid gegeben werden und anschließend die letzte gut tolerierte Dosis.
Enzym induzierende Antiepileptika vermeiden
Durchaus häufig bei Gehirntumoren sind epileptische Anfälle: Diese treten beispielsweise bei bis zu 70 % der Patienten mit Astrozytomen auf und bei bis zu 40 % der Patienten mit Glioblastomen, erläuterte der Experte. Vermieden werden sollten Enzym induzierende Antiepileptika, da diese die Chemotherapie schneller abbauen könnten, wie erste Daten zeigen.
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Weitere Felder in der Supportivtherapie sind die Schmerztherapie und die Depressionsbehandlung, ergänzte Prof. Strik. Psychotische Syndrome lassen sich prinzipiell in gleicher Weise behandeln wie bei einem psychiatrischen Patienten. Er mahnte jedoch zur Vorsicht: „Sie sollten aber daran denken, dass die Patienten vorgeschädigte Gehirne haben und zur Behandlung oft nur eine kleine Dosis brauchen.“
Quelle: 3. ASORS-Jahreskongress Supportive Therapie und Rehabilitation bei Krebs 2013, Berlin, 2013
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