Hilft eine Diät gegen Reizdarm-Symptome?

Dr. Carola Gessner, Foto: fotolia, Animaflora

Vor lauter Diät macht das Leben keinen Spaß mehr: Reizdarm-Patienten lassen alle möglichen Lebensmittel weg, um ihrer Durchfälle, Bauchschmerzen und Blähungen Herr zu werden.

Wenn ernste Magen-Darm-Erkrankungen ausgeschlossen sind, aber die Reizdarm-Symptome Ihrem Patienten weiterhin das Leben vermiesen, müssen wirksame Therapie-Maßnahmen her. Nach aktuellen pathophysiologischen Konzepten mischen u.a. Umweltfaktoren als Auslöser der „dauergestresst reagierenden Mukosa“ mit. Neben Darminfektionen, Antibiotikatherapien und psychosozialen Belastungen kommen dabei auch Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten als Trigger ins Spiel.

Lebensmittel-Unverträglichkeiten sind häufig


Von Ballaststoff 
bis Antidepressivum

Pharmakologische Optionen für IVS-Patienten umfassen:

  • Faserstoffe (z.B. Psyllium)
  • Laxanzien (bevorzugt osmotische Substanzen wie Macrogol)
  • Probiotika und Antibiotika (z.B. Rifaximin), um die Darmflora „in Ordnung zu bringen“
  • Prosekretorika wie Linaglotid
  • Pfefferminzöl
  • Spasmolytika (Prokinetika)
  • Antidepressiva: trizyklische bevorzugt bei IBS-D (obstipierende Effekte), SSRI bevorzugt bei IBS-C (prokinetische Effekte)

Während echte Nahrungsmittel-Allergien bei Patienten mit IBS (Irritable Bowel Syndrome) eher selten vorliegen, findet man doch relativ häufig Lebensmittel-Unverträglichkeiten, wie nordamerkanische Gastroenterologen berichten. In diesem Zusammenhang machen in jüngster Zeit FODMAPs von sich reden (rasch Fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide und Polyole).


Diese kurzkettigen, schlecht resorbierbaren Kohlenhydrate – darunter Fruktose, Laktose, Fruktane, Galaktane – hat man in Studien als Reizdarm-Trigger identifiziert. Sie entfalten osmotische Effekte und verstärken im Rahmen der bakteriellen Fermentation die Bauchbeschwerden bei IBS-Patienten.


Klinisch nachgewiesen ist eine vermehrte Produktion von kurzkettigen Fettsäuren und Gas nach Verzehr FODMAP-reicher Lebensmittel (s. Kasten). Bei Gesunden verursacht dies allerdings keine nennenswerten Symptome – außer vielleicht vermehrter Flatulenz.

Nach drei Wochen FODMAP signifikante Besserung

In einer australischen Studie an 30 Reizdarmpatienten ließ sich durch eine FODMAP-reduzierte Diät über drei Wochen die abdominale Symptomatik signifikant reduzieren. 70 % der Teilnehmer fühlten sich deutlich besser.


Verbotene Früchte, erlaubte Früchte

Als FODMAPs werden bezeichnet:

  • Fruktose
  • Laktose (Milchprodukte)
  • Fruktane – z.B. in Weizen, Knoblauch, Zwiebeln
  • Galaktane in Gemüse wie Bohnen, Sojabohnen, Linsen
  • Polyole in Süßstoff wie Sorbitol, Xylitol und in Steinfrüchten wie Avocado, Aprikosen, Kirschen, Pfirsiche, Nektarinen, Pflaumen


Erlaubte Früchte sind nach Expertenrat u.a. Bananen, Heidelbeeren, Trauben, Kiwis, Zitrusfrüchte, Ananas, Rhabarber, Passionsfrucht und Himbeeren. Um die Patienten nicht zu sehr zu quälen, empfehlen die Kollegen u.a., FODMAPs nicht ganz zu ächten, sondern auf kleine Mengen zu reduzieren mit dem Rat: „Beachten Sie, dass die Symptome vor allem dann auftreten, wenn Sie große Portionen von FODMAPs auf einmal verspeisen.“


Auch eine Vielzahl erlaubter Gemüse führen Gastroenterologen der Universität Stanford in ihrem nützlichen Ratgeber* auf: So lassen sich unter Verwendung von Karotten, Paprika, Auberginen, Kohl, Gurken, grünen Bohnen, Kürbis, Rüben, Kartoffeln, Spinat, Tomaten, Zucchini und vielen anderen Produkten durchaus schmackhafte Speisen zubereiten.


* http://stanfordhospital.org/digestivehealth/nutrition/DH-Low-FODMAP-Diet-Handout.pdf


Unter praktischen Aspekten befürworten die US-Kollegen aktuell, zunächst eine komplett FODMAP-freie Kost auszuprobieren. Hat diese Maßnahme Erfolg, sollten sukzessive einzelne dieser Lebensmittel wieder eingeführt werden, damit der Patient letztendlich nur auf die wirklichen „Übeltäter“ verzichten und sich nicht zu stark einschränken muss.

Gluten-Verzicht nicht unbedingt vonnöten

Viele Reizdarmpatienten, so berichten die US-Kollegen weiter, versagen sich auch Weizen- und andere Getreideprodukte. Doch sollte man als Arzt auch noch eine glutenfreie Kost befürworten? Ergebnisse kleiner Studien wiesen auf eine Symptom-Minderung durch „Zöliakie-Diät“ hin. Die Wissenschaftler zeigten darüber hinaus, dass Gluten sowohl Schmerzen als auch Abdominal- und Defäkationsbeschwerden verschlimmerte sowie Erschöpfungssymptome verstärkte.


Allerdings ergab eine neue australische Arbeit, dass Verzicht auf schlecht resorbierbare Kohlenhydrate die Reizdarmsymptome wesentlich effektiver beeinflusste als das Verbannen von Gluten aus dem Speiseplan. Auch könnten Medienberichte in Sachen Gluten bei überwachsamen Patienten einen „Nocebo-Effekt“ heraufbeschwören, geben die US-Experten zu bedenken.


Insgesamt messen die Kollegen aber den rasant wachsenden Erkenntnissen zur Ernährungstherapie bei IBS-Patienten große Bedeutung zu. Ärzte sind deshalb gut beraten, sich bei diesem Thema auf dem Laufenden zu halten und ggf. die Zusammenarbeit mit Diätexperten zu suchen.


Quelle: William D. Chey et al., JAMA 2015; 313: 949-958

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