
Hormontherapie fördert Autoimmunerkrankungen

Ob zur Empfängnisverhütung oder gegen Wechseljahrsbeschwerden: Eine Östrogen-Progesteron-Kombitherapie erhöht das Risiko für zahlreiche Autoimmunerkrankungen. Die Gefahr für ein Antiphospholipidsyndrom sinkt hingegen.
Autoimmunerkrankungen treten bei Frauen häufiger auf als bei Männern. Dies ist wahrscheinlich sowohl auf genetische Faktoren zurückzuführen als auch auf hormonelle Unterschiede. Geschlechtshormone wie Östrogen und Progesteron sind bekannt dafür, dass sie das Immunsystem beeinflussen. Inwieweit Östrogene die Entwicklung von Autoimmunerkrankungen begünstigen, haben US-amerikanische Forschende um Dr. Irakli Tskhakaia von der Johns Hopkins University in Baltimore mithilfe einer retrospektiven Beobachtungsstudie untersucht.
Kombination mit Monotherapie verglichen
Da eine Östrogenmonotherapie selten indiziert und die Gegenüberstellung von Östrogen/kein Östrogen kaum möglich ist, verglichen die Forschenden die Östrogen-Progesteron-Kombinationstherapie mit der alleinigen Progesterongabe. Die Daten stammten aus elektronischen Patientenakten von über fünf Millionen Frauen. Davon bekamen 3.338.925 die hormonelle Kombination, 2.090.758 erhielten lediglich Progesteron. Das mittlere Alter betrug 30,9 bzw. 35,2 Jahre, die Indikationen für die Hormoneinnahme waren Empfängnisverhütung oder Hormonersatztherapie. Die Teilnehmerinnen wurden 1:1 gematcht. Die Kriterien umfassten u. a. Alter, neoplastische Erkrankungen sowie vorangegangene venöse Thrombosen und Thromboembolien.
Erhöhtes Risiko für Sjögren und Behçet
Schon vor dem Matching zeigte sich in der Gruppe mit der Kombinationstherapie ein signifikant erhöhtes relatives Risiko (RR) für das Sjögren-Syndrom (RR 1,46), die rheumatoide Arthritis (RR 1,1), Morbus Behçet (RR 1,5), Psoriasisarthritis (RR 1,3) und reaktive Arthritis (RR 1,3). Die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung eines systemischen Lupus erythematodes (SLE) war im Vergleich zur Progesterongruppe verringert (RR 0,95), ebenso die Gefahr für ein Antiphospholipidsyndrom (APS, RR 0,63).
Nach dem Matching blieben die signifikanten Assoziationen bestehen, z. T. verstärkten sie sich sogar (rheumatoide Arthtritis: RR 1,3; Sjögren-Syndrom: RR 1,65). Zusätzlich stieg das Risiko für Riesenzellarteriitis und systemische Sklerose und wurde signifikant (RR 1,28 bzw. 1,2). Gleiches galt für den SLE: Im Gegensatz zu vor dem Matching war das Risiko unter der Kombination im Vergleich zu Progesteron mono signifikant erhöht (RR 1,07). Der Schutz vor einem APS durch die Kombitherapie blieb indes bestehen, nach dem Matching betrug das RR noch 0,7 im Vergleich zur Progesteronmonotherapie.
Frauen unter der Östrogen-Progesteron-Kombination entwickeln signifkant häufiger eine Autoimmunerkrankung als Teilnehmerinnen, die nur Progesteron einnehmen, fasst das Autorenteam zusammen. Die Analyse legt nahe, dass dieses Risiko vor allem auf den Östrogenanteil der Präparate zurückzuführen ist.
Zu den Stärken der Untersuchung zählt den Forschenden zufolge, dass es sich um Real-World-Daten handelt, die Stichprobengröße eine hohe statistische Power erlaubt und ein Propensity-Score-Matching durchgeführt wurde. Nichtsdestotrotz handelt es sich um eine retrospektive Beobachtungsstudie, die Assoziationen, aber keinen kausalen Zusammenhang aufzeigt. Um die zugrunde liegenden Mechanismen und Kausalitäten zu klären, seien prospektive Kohortenstudien erforderlich. Aufschlussreich wäre zudem, den Einfluss von Östrogenen und Progesteron auf die Entwicklung von Autoimmunkrankheiten in anderen Populationen zu untersuchen, etwa bei transgender Frauen.
Quelle: Tskhakaia I et al. ACR Open Rheumatol 2025; 7: e11774; doi: 10.1002/acr2.11774
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