Immer mehr Patienten mit schwerer PAVK

Dr. Carola Gessner, Foto: Prof. Dr. Curt Diehm, Bühl

Die Pävalenz der PAVK in Deutschland nimmt stetig zu. Welche Personen sollten sich einem Screening auf den „Todesboten PAVK“ unterziehen? Und wie gestaltet sich die Diagnostik?

Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) spielt die Rolle eines Todesboten im wahrsten Sinn des Wortes: Ein pathologischer Befund bei der Messung des Knöchel-Arm-Indexes (Ankle Brachial Index, ABI) erhöht das Mortalitätsrisiko signifikant.

Das gilt sogar dann schon, wenn ein Patient noch keine klinischen Beschwerden hat, also z.B. gar nicht über eine Claudicatio intermittens klagt, betonen der Diabetologe und Angiologe Dr. Holger Lawall und Kollegen von der Max-Grundig-Klinik Bühlerhöhe in Bühl.

ABI vor und nach der Belastung bestimmen

Die Prävalenz der Erkrankung steigt stetig an. So kletterte die Zahl der PAVK-Hospitalisierungen in Deutschland zwischen 2005 und 2009 von 2,7 % auf 3 %.

Dennoch sind „Beingefäß-Patienten“ im Vergleich etwa zu Koronarkranken nach wie vor unterbehandelt, kritisieren die Experten und fordern deshalb eine frühzeitige Gefäßdiagnostik.

Amputationsraten in Deutschland


Die Rate der Major-Amputationen in Deutschland sinkt – eine entwarnende Botschaft? Nicht wirklich, so die Experten. Während diese Rate zwischen 2005 und 2009 von 4,6 % auf 3,5 % sank, stieg die Minor-Amputationsrate sogar leicht an. Und an der intrahospitalen Mortalität der Claudicatio-Patienten (2,2 %) änderte sich gar nichts. Bei Patienten mit kritischer Ischämie liegt die Krankenhausmortalität (30 Tage) mit 4–8 % ebenfalls nach wie vor sehr hoch.

Zumindest Risikopatienten (z.B. solche mit Diabetes mellitus oder koronarer Herzerkrankung) sollten – auch ohne entsprechende klinische Symptome –auf PAVK gescreent werden. Die Diagnostik erfolgt wenig aufwendig mittels Messung des Blutdrucks an Armen und Knöchel (A. dorsalis pedis, A. tibialis posterior).

ABI-Werte < 0,9 bedeuten: manifeste PAVK. Mit dem ABI vor und nach einem Belastungstest lassen sich noch mehr Fälle aufdecken. Ein Abfall um 15–20 % gegenüber dem Ruhewert gilt als pathologisch.

 

Bei einigen Patienten liefert der ABI allerdings keinen aussagekräftigen Befund. So können etwa aufgrund einer Mediasklerose falsch hohe Werte gemessen werden.

Bei Mediasklerose den Zehen-Arm-Index messen

In solchen Fällen bietet sich als Alternativverfahren der Zehen-Arm-Index (TBI) an. Das Risiko betroffener Patienten für Komplikationen und tödliche Ereignisse wird durch typische Begleiterkrankungen noch massiv gesteigert.

Bei über 60 % der Patienten besteht gleichzeitig eine koronare Herzkrankheit, und zwar mit symptomatischer PAVK. Die diagnostische Falle dabei: Wenn ein Patient wegen Angina pectoris bereits nach einer kurzen Gehstrecke stehen bleiben muss, kann dies eine Beingefäß-Symptomatik (Claudicatio intermittens) maskieren.

Auch PAVK und Herzinsuffizienz bilden ein unheilvolles Duo. Das Mortalitätsrisiko insgesamt steigt, zudem verschlechtert das verminderte Herzzeitvolumen die periphere Durchblutung noch mehr.

Endovaskuläre Interventionen an den Beingefäßen verlaufen darüber hinaus bei Herzinsuffizienten insgesamt weniger erfolgreich, die Einjahres-Offenheitsraten liegen wesentlich niedriger als bei „Pump-Gesunden“.

Je niedriger die GFR, desto häufiger die PAVK

Der Diabetes mellitus als bekannter Gefäßkiller ist ebenfalls häufig mit der PAVK vergesellschaftet, weshalb die Autoren der Nationalen Versorgungsleitlinie Diabetes für ein ABI-Screening bei klinischem Verdacht auf eine PAVK plädieren.

Diabetiker, die an DMP-Programmen teilnehmen, unterziehen sich jährlich der ABI-Diagnostik. Vierter im Bunde der relevanten Komorbiditäten ist die chronische Nierenerkrankung.

Mit sinkender GFR steigt die Prävalenz der arteriellen Verschlusskrankheit. 15 % der Niereninsuffizienten im Stadium 3 und 50 % der Dialysepflichtigen weisen gleichzeitig eine PAVK auf. Die Chance des amputationsfreien Überlebens sinkt für PAVK-Patienten drastisch, wenn zugleich ein Nierenleiden besteht.

Die Prognose der PAVK wird bei symptomatischen Patienten im Stadium II maßgeblich von kardialen und zerebralen Ereignissen bestimmt. In fortgeschritteneren Stadien steigern auch kritische Extremitätenischämien die Sterblichkeit.

Eine Therapie mit Statinen und Thrombozytenfunktionshemmern kann die Prognose günstig beeinflussen, doch lediglich ca. 50 % der Patienten mit PAVK erhalten Statine und nur 23 % Plättchenhemmer (vs. > 60 % bzw. 46 % der KHK-Patienten).

Zudem mangelt es in der Bevölkerung an Wissen und Aufmerksamkeit für das Problem der „Beingefäß-Erkrankung“, kritisieren Dr. Lawall und Kollegen. Kampagnen wie „Verschlusssache PAVK“ der Deutschen Gesellschaft für Angiologie sollen den Informationsdefiziten entgegensteuern.

Quelle: Holger Lawall et al., Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 1798–1802

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).