Implikationen für die künftige Diagnostik und Therapie

Dr. Angelika Bischoff

Einen wesentlichen Beitrag zur Entstehung einer COPD scheint die Autoimmunität zu haben. Einen wesentlichen Beitrag zur Entstehung einer COPD scheint die Autoimmunität zu haben. © magicmine – stock.adobe.com

Vieles spricht dafür, dass Auto­immun­mechanismen es sind, die bei einer COPD die Inflammation am Laufen halten. Damit tragen sie entscheidend zum Fortschreiten der Erkrankung bei. 

Zahlreiche Faktoren sind beteiligt an der Entstehung einer COPD, z. B. Rauchen, Umweltgifte, Infektionen und genetische Prädisposition. Aber warum entwickelt bei gleicher Risikokonstellation nur ein Teil der Menschen eine COPD? Warum bleibt die Entzündung bestehen, auch wenn ein Patient mit dem Rauchen aufhört? Warum können konventionelle antiinflammatorische Medikamente wie Glukokortikoide kaum etwas ausrichten gegen die Inflammation? 

In den letzten 20 Jahren ist einiges an Evidenz dafür zusammengekommen, dass autoimmune Mechanismen bei der Entwicklung der COPD eine entscheidende Rolle spielen. Aus diesen Erkenntnissen lassen sich nicht zuletzt plausible Antworten auf die erwähnten offenen Fragen ableiten, schreiben Ling-Ling Dong und Koautoren von der Universität Hangzhou. 

B-Zell aktivierender Faktor bei COPD hochreguliert

Einen Hinweis auf den Zusammenhang zwischen COPD und Autoimmunität lieferte beispielsweise eine kleine Studie, in der etwa ein Drittel der nicht rauchenden Patienten zugleich eine Autoimmunerkrankung oder Autoantikörper aufwies. Bekanntermaßen handelt es sich bei COPD-Patienten ohne Raucherhistorie meist um Frauen, die oftmals höhere B-Zell-Zahlen und stärkere Antikörperantworten zeigen als Männer. Bei der COPD ist zudem der B-Zell-aktivierende Faktor (BAFF), ein Schlüsselfaktor für die Entwicklung von Autoimmunität, hochreguliert. Autoantigene können durch die Modifikation von Proteinen entstehen, z. B. im Zusammenhang mit oxidativem Stress. Dabei findet v. a. eine Carbonylierung statt, erläutern die Autoren.

Citrullinierte Proteine verstärken Entzündung

COPD-Patienten haben – verglichen mit gesunden Kontrollen – einen signifikant erhöhten Antikörpertiter gegen carbonylierte Proteine. Diese Antikörper tragen in hohem Maß dazu bei, Autoimmunerkrankungen zu induzieren. Auch citrullinierte Proteine – typisch für die rheumatoide Arthritis – sind im Lungengewebe von COPD-Patienten vermehrt zu finden, unabhängig vom Raucherstatus. Ihr Vorhandensein ist eng assoziiert mit dem Ausmaß der Entzündung.

Auch bei der Degradation von extrazellulärer Matrix in der Lunge können Autoantigene anfallen, insbesondere Elastinfragmente. Deren Spiegel sind bei COPD-Patienten häufig erhöht. Man weiß, dass Rauchen die Elastinfragmentation stimuliert. Wenn ein Patient das Rauchen einstellt, wirken die vorhandenen Elastinfragmente weiter als Autoantigene und triggern die Inflammation. Das könnte erklären, warum die Entzündung nach einem Rauchstopp bestehen bleibt. 

Schließlich können durch apoptotischen Zelltod, der in COPD-Lungen vermehrt stattfindet, intrazelluläre Bestandteile freigesetzt werden, die eine adaptive Immunantwort und Autoimmunität triggern, berichten die Autoren. Tatsächlich fanden sich in Lungen von COPD-Patienten Antikörper gegen pulmonale Epithelzellen. 

Autoimmunität ist sowohl mit der trotz des Abschaltens von Risikofaktoren fortbestehenden Entzündung als auch mit verschiedenen klinischen COPD-Phänotypen assoziiert. Gefunden wurde z. B. eine signifikante Korrelation zwischen B-Zell-Signalen und dem Emphysem-Phänotyp. Eng miteinander verbunden sind auch Lymphoid-Follikel im Lungengewebe und die Produktion von Autoantikörpern. Beim Bronchitis-Phänotyp spielt vor allem die T-Zell-vermittelte Autoimmunität eine Rolle. Bei den Betroffenen finden sich signifikant erhöhte T-Zell-Zahlen in den Bronchialbioptaten. Deren Konzentration der T-Zellen ist negativ mit dem FEV1 korreliert. 

Immunsystem entscheidet über COPD-Entwicklung

Autoimmunmechanismen können eine Erklärung dafür liefern, dass bei gleichen Risikofaktoren manche Patienten eine COPD bekommen und andere nicht. Gefährdet sind vor allem Individuen mit aktiverem Immunsystem oder geringerer Immuntoleranz. Dies trifft z. B. generell auf Frauen zu, die als anfälliger für Autoimmunerkrankungen gelten als Männer. Bei ihnen schreitet der Verlust der Lungenfunktion schneller voran, das Emphysem ist ausgeprägter und es treten mehr Exazerbationen auf als bei Männern. Eine durch Krankheitserreger getriggerte Produktion von zusätzlichen Autoantigenen und somit eine Verstärkung der Autoimmunantwort könnte der grundlegende Mechanismus sein, der hinter akuten Exazerbationen steckt.

Die Autoren leiten aus diesen Erkenntnissen Konsequenzen für das Management der COPD ab. Bisher lassen sich die Patienten über Lungenfunktionstests und Bildgebung meist erst in späteren Krankheitsstadien identifizieren. Durch die Bestimmung von Autoantikörpern könnte die Diagnose künftig früher gestellt werden, so hoffen sie. Denn Autoantikörper sind bereits einige Jahre vor dem Auftreten von klinischen Symptomen nachweisbar. Sie könnten auch als Biomarker für die Bewertung von Krankheitsaktivität und Therapieansprechen gute Dienste leisten. Um der Progression einer COPD Einhalt zu gebieten, muss die Therapie an der Autoimmunität angreifen, sind sich die Autoren sicher. Das Potenzial dafür hätten CD20-Antikörper wie z. B. Rituximab oder Belimumab und Hydroxychloroquin, die den B-Zell-aktivierenden Faktor BAFF herunterregulieren. 

Quelle: Dong L-L et al. Eur Respir Rev 2024; 33: 230137; DOI: 10.1183/16000617.0137-2023

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