Infekt, rheumatoide Arthritis oder Lupus?

Dr. Anja Braunwarth, Foto: fotolia - wildworx

Mit Schmerzen und Schwellungen der Hand-, Fingergrund- und Mittelgelenke kommt die 41-Jährige in die Klinik. Alle zwei bis drei Tage hat sie zudem Fieber. Was steckt dahinter?

Klinisch zeigen sich bei der Patientin eine symmetrische Arthritis mit tastbarer Synovitis sowie eine diffuse Weichteilschwellung. Hauterscheinungen (z.B. Schmetterlings­erythem) liegen nicht vor. Die Frau berichtet über eine Morgensteifigkeit von etwa 30 Minuten. In Voruntersuchungen waren Rheumafaktor und Anti-CCP-Antikörper negativ, Röntgenbilder von Händen und Füßen zeigten keine Erosionen.

Bei rheumatoider Arthrits nur selten Fieber

Auffällig sind die Laborwerte: eine Leukopenie (2,5/nl) mit verminderten Granulo- und Lymphozyten, Anämie (Hb 9,1 g/dl), hochpositive antinukleäre Antikörper (ANA 1 : 2560) mit homogenem Muster, Antikörper gegen Doppelstrang-DNA, positive Anti-Nukleosomen und verringerte Komplementfaktoren C3 und C4. Dazu finden sich im Urin Protein und Erythrozyten.


Bei diesem Patienten besteht eine tastbare Synovitis in den Handgelenken sowie den Fingergrund- und Mittelgelenken, es fällt eine diffuse Weichteilschwellung auf (1).

Diese Konstellation sollte den Verdacht auf einen systemischen Lupus erythematodes (SLE) lenken – auch wenn Hautveränderungen fehlen, so Professor Dr. Christoph Fiehn vom ACURA-Rheumazentrum in Baden-Baden.


Zwar ähneln die Gelenkbeschwerden denen bei rheumatoider Arthritis (RA), aber das Fieber sollte misstrauisch machen, weil es bei RA sehr selten auftritt.


Entscheidende Hilfe bieten die Laborbefunde. Die hochpositiven ANA mit Spezifität für Anti-dsDNA-Ak sind typisch für den SLE. Auch die positiven Anti-Nukleosomen gelten als spezifisch. Diese und weitere Autoantikörper führen in Organen zur Bildung von Immunkomplexen und aktivieren das Komplementsystem, was den Abfall der Komplementfaktoren im Blut erklärt.


Leukopenie, Anämie und oft auch Thrombopenie weisen auf Autoimmunprozesse im Knochenmark hin, womit sich akute bakterielle Infektionen abgrenzen lassen.

Bei Lupus-Verdacht immer Organdiagnostik

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal zur RA ist das Fehlen von Erosionen im Röntgenbild, die es beim SLE praktisch nie gibt.


Die Lupus-Arthritis führt zu einer oft schmerzarmen Subluxation der Finger mit Ulnardeviation und Entwicklung eines Zickzack-Daumens.


Bei SLE-Verdacht muss eine Organdiagnostik erfolgen, betont der Kollege. Wichtig für die Prognose ist die Nierenbeteiligung mit den Leitbefunden Proteinurie und Hämaturie – wie im vorliegenden Fall.


Schwer ausgeprägte Luxationsarthropathie bei systemischem Lupus erythematodes, sog. Jaccoud-Arthritis (2).
Fotos: Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart (4)


Zum therapeutischen Standard gehören Glukokortikoide, die Dosis richtet sich im Wesentlichen nach der Organbeteiligung. Bei schwerer Nephritis gibt man initial Boli mit z.B. 500 mg Prednison i.v. an drei Tagen. Bei einem Fall wie dem der 41-Jährigen reichen niedrigere Dosen (z.B. 20–30 mg/d Prednison).


Bei SLE-Patienten besteht erhebliches Risiko für Steroidnebenwirkungen (Infektneigung, Osteoporose). Dauert die Therapie länger als sechs Wochen, ist eine Prophylaxe mit Vitamin D und Kalzium, ggf. auch mit spezifischen Osteoporosemedikamenten nötig.

Antikörper hilft Steroide einzusparen

Einen deutlich positiven Effekt auf den Krankheitsverlauf haben Antimalariamittel. Schübe und schwere Organmanifestationen werden reduziert und die Mortalität sinkt ebenfalls (kardioprotektive Effekte). Wegen der geringeren Makulopathiegefahr ist Hydroxychloroquin zu bevorzugen. Die Einnahme sollte dauerhaft erfolgen, zu augenärztlichen Kontrollen rät Prof. Fiehn in jährlichen Abständen.


Viele Patienten brauchen zudem Immunsuppressiva. Als Standard gilt Azathioprin, aber auch Methotrexat wirkt nachweislich – beide helfen, Steroide einzusparen. Mycophenolatmofetil ist in der Erhaltungstherapie der Lupusnephritis offenbar wirksamer als Azathioprin, so der Experte, sollte aber speziellen klinischen Situationen vorbehalten bleiben.


Bei schweren Organmanifestationen wie diffus-proliferativer Nephritis oder ZNS-Lupus bleibt Cyclophosphamid Mittel der Wahl: niedrig dosiert, z.B. 500 mg i.v. alle zwei Wochen über drei Monate.


Zur Behandlung des leichten bis mittelschweren SLE neu zugelassen ist das Biologikum Belimumab, das alle vier Wochen i.v. verabreicht wird. Es reduziert Krankheitsaktivität und Allgemeinsymptome, wirkt günstig auf die Organbeteiligung und spart Steroide, für schwere Formen liegen noch keine Erfahrungen vor.


Quelle: Christoph Fiehn, „Fieber und Polyarthritis – Könnte es ein Systemischer Lupus Erythematodes sein?“, klinikarzt 2013; 42: 454-458, © Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart

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