Antibiotikum versagt bei Abszessen? Dann ist es vielleicht eine Hauttuberkulose

Dr. Andrea Wülker

Etwa 1 % der Tuberkuloseerkrankungen spielen sich an der Haut ab. Etwa 1 % der Tuberkuloseerkrankungen spielen sich an der Haut ab. © Fotolia/koolsabuy

Schon seit fünf Jahren hatte ein 60-Jähriger einen Abszess am Hals, der mehrfach erfolglos mit Antibiotika behandelt worden war. In den letzten Wochen hatte sich die Wunde deutlich verschlechtert und der Mann litt an Fieber und Schwächegefühl.

Bei der Untersuchung zeigte sich eine livid-erythematöse Plaque an der linken Halsseite, die im Zentrum knotige Strukturen aufwies und teilweise krustig belegt war. Außerdem fanden sich ein weiterer Knoten am Kinn und mehrere Knoten in der linken Achselhöhle, aus denen sich Eiter entleerte. Der aus Pakistan stammende Patient lebte seit 15 Jahren in Deutschland und war seitdem nicht mehr ins Ausland gereist.

In der Hautklinik wurden mehrere Biopsien aus der Läsion am Hals entnommen. Während die Histologie nur eine unspezifische Entzündungsreaktion ergab, gelang in der mikrobiologischen Gewebediagnostik (Kultur) der Nachweis von Mycobacterium tuberculosis.

Wiederholte Spaltung und Drainage nötig

Entsprechend wurde dort die Diagnose Lupus vulgaris gestellt. Der Röntgen-Thorax zeigte dagegen keine tuberkulosespezifischen Veränderungen. Die Abszesse mussten wiederholt gespalten und drainiert werden, eine Superinfektion wurde anfangs mit Metronidazol behandelt. Zusätzlich erhielt der Patient eine systemische Therapie mit Isoniazid, Ethambutol und Pyrazinamid. Darunter besserten sich Hautbefund und Allgemeinzustand allmählich, so Dr. Pia Kleimann von der Universitäts-Hautklinik Frankfurt.

Erregerreiche Läsionen bei schlechter Immunitätslage

Die Dermatologin präsentierte noch einen zweiten Fall eines Lupus vulgaris. Ein 53-Jähriger litt seit zwei bis drei Jahren linksseitig unter perianalen und glutealen Beschwerden verbunden mit Juckreiz. Bei der Untersuchung zeigte sich eine 8 x 5 cm große, indurierte erythematös livide Plaque, teilweise krustig belegt. Die histologische Analyse einer Biopsie ergab multiple subepidermale Granulome mit zentral verkäsenden Nekrosen und einem Randwall aus Epitheloidzellen. Unter einer Dreifachtherapie mit Ethambutol, Isoniazid und Rifampicin heilte der Befund aus.

Etwa 1 % der Tuberkuloseerkrankungen spielen sich an der Haut ab. Der Erreger gelangt exogen durch Inokulation oder endogen (auf dem Blut- oder Lymphweg bzw. per continuitatem) in die Haut. Dabei kann es zu unterschiedlichen Krankheitsformen kommen – je nach Immunitätslage des Patienten. Bei Anergie muss man mit kontagiösen, erregerreichen Hautläsionen rechnen. Bei Normergie sind die kutanen Tuberkuloseherde erregerarm und wenig kontagiös. Der Lupus vulgaris ist dabei die häufigste Form der Hauttuberkulose. Die damit verbundenen Hautveränderungen manifestieren sich meist solitär oder an zwei bis drei Haut- oder Schleimhautstellen.

Initial tritt oft ein kleiner „Lupusfleck“ auf, aus dem sich im Verlauf von Monaten bis Jahren sehr unterschiedliche Varianten entwickeln. Der Lupus vulgaris mutilans kann zu Haut- und Knorpeldefekten im Gesicht und damit zu schweren Entstellungen führen oder die Beweglichkeit von Gelenken beeinträchtigen. Bei der Abheilung bleiben atrophische Narben zurück. Dia­gnosemethode der Wahl ist bei der Hauttuberkulose die Kultur aus einer Gewebeprobe, die häufig durch eine PCR ergänzt wird.

Lungenbeteiligung zur Sicherheit ausschließen

Die Histopathologie hängt vom Immunitätszustand des Organismus ab. Bei Anergie findet sich häufig ein unspezifisches Bild mit Exsudation und neutrophilen Granulozyten. Bei normerger Reaktionslage entwickelt sich das typische tuberkulöse Granulom mit zentraler Nekrose mit einem Wall von Epitheloidzellen und Langhans-Riesenzellen und einer lymphozytenreichen Außenzone. Nur in wenigen Fällen gelingt es, im tuberkulösen Granulom Erreger mikroskopisch darzustellen. Sicherheitshalber sollte man eine Lungenbeteiligung ausschließen – auch wenn bei Hauttuberkulose nur sehr selten eine aktive innere Organtuberkulose nachweisbar ist.

Quelle Text: Weberschock T, Kleimann P, Wolter M, Kaufmann R. „Frankfurter Dermatologentagung - 2. November 2016“, Akt Dermatol 2016; 42: 467-482, DOI 10.1055/s-0042-117407, © Georg Thieme Verlag, Stuttgart

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Etwa 1 % der Tuberkuloseerkrankungen spielen sich an der Haut ab. Etwa 1 % der Tuberkuloseerkrankungen spielen sich an der Haut ab. © Fotolia/koolsabuy