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Wen auf Tuberkulose testen?

Erst das individuelle Risiko einschätzen, dann ggf. mit der Diagnostik starten und bei Nachweis einer latenten Tuberkuloseinfektion (LTBI) die präventive Therapie durchführen bzw. erwägen – die Spielregeln sind eindeutig, erklärte Dr. Pia Hartmann, klinische Infektiologin an der Universitätsklinik Köln. Bei Kindern im Alter unter 5 Jahren hat der Tuberkulin-Hauttest Vorfahrt, bei älteren Kindern sind Interferon-γ-Release-Assay (IGRA) und Hauttest alternativ einsetzbar und bei Erwachsenen empfiehlt sich der IGRA.
Für eine definitive Diagnose reichen diese beiden Tests aber nicht aus. Sind sie positiv, muss zum einen eine aktive Tuberkulose ausgeschlossen werden. Zum anderen ist zu bedenken, dass falsch positive Ergebnisse möglich sind. Die Diagnose einer latenten Infektion bedarf daher immer auch der klinischen Abwägung, betonte die Kollegin und zitierte damit die Leitlinie.
Diabetiker benötigen eine präventive Therapie
Eine Chemoprävention gilt immer dann als indiziert, wenn ein erhöhtes Risiko für die Reaktivierung einer latenten Tuberkuloseinfektion besteht. Dies ist zum Beispiel bei Personen gegeben, die engen Kontakt zu einem an Lungen-Tbc erkrankten Indexfall haben – der sollte kulturell oder molekularbiologisch gesichert sein.
Auch LTBI-Patienen vor einer geplanten oder bei schon laufender Therapie mit TNF-α-Inhibitoren behandelt man präventiv. Dr. Hartmann wies allerdings darauf hin, dass auch andere immunsuppresiv wirkende Medikamente wie Ciclosporin, Leflunomid, Methotrexat, Sulfasalazin, Azathioprin oder Hydroxychloroquin mit einem erhöhten Risiko der Tbc-Reaktivierung einhergehen können. Soll ein Patient einen TNF-α-Inhibitor erhalten, wäre es aber in jedem Fall ein Kunstfehler, nicht zu screenen und bei postivem Testergebnis keine Chemoprävention durchzuführen.
Auch bei Patienten mit HIV-Infektion besteht die Indikation zum Testen und zur Chemoprävention – dies wird in Deutschland aber trotz der Leitlinienempfehlungen anders gelebt, bedauerte die Kölner Infektiologie-Expertin. Eine präventive Therapie sollte nach individueller Risikoabwägung bei Patienten mit schwerwiegender Grunderkrankung, z.B. einem Diabetes, erfolgen. Bei Schwangeren mit kurz zurückliegender Infektion (Kontakt zu einem Indexfall) sowie Immunsuppression ist sie zu erwägen.
In Zukunft ist mit mehr Reaktivierungen zu rechnen
Gleiches gilt vor einer geplanten Organ- oder hämatologischen Transplantation bzw. danach, bei Dialysepatienten, Personen mit intravenösem Drogenkonsum, Insassen von Justizvollzugsanstalten, Obdachlosen sowie Personen mit erhöhter Reaktivierungstendenz, z.B. aus Hochinzidenzländern. Die Entscheidung darüber muss aber immer zusammen mit der Person selbst gefällt werden, mahnte die Kollegin. Die wahrscheinliche Adhärenz spielt ebenso eine Rolle. Das Potenzial für Tbc-Reaktivierungen nimmt nach Einschätzung von Dr. Hartmann zu, z.B. aufgrund von Hochdosis-Chemotherapien, des breiten Einsatzes von Biologika und der besseren Prognose von Patienten mit Immundefizienz und Autoimmunerkrankungen. Besonders gefährdet seien auch asylsuchende Minderjährige.
Quelle: 60. Kongress der DGP*
* Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V.
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