
Urogenitale Infektionen: Auch mit Tuberkulose und Parasiten rechnen

Die Migration der letzten Jahre führte dazu, dass die Zahl an seltenen Infektionskrankheiten in Europa wieder angestiegen ist. Grund dafür sind die schlechten hygienischen Bedingungen im Herkunftsland, auf der Flucht oder in den Auffanglagern. Da die Symptomatik häufig unspezifisch ist, kann es leicht zu Verwechslungen und falscher Behandlung kommen, schreiben Dr. Kathrin Bausch vom Department Urologie des Universitätsspitals Basel und ihre Kollegen. Insbesondere die Tuberkulose und die Schistosomiasis sollte man deshalb differenzialdiagnostisch immer im Hinterkopf haben.
Tuberkulose
Die außerhalb Europas erworbene Tuberkulose äußert sich klinisch häufig extrapulmonal, weshalb eine urogentiale Tuberkulose beim Screening per Röntgenthorax leicht übersehen wird. In Entwicklungsländern ist die urogentiale Tuberkulose nach dem Befall der Lymphknoten die zweithäufigste extrapulmonale Manifestation. Sie gilt als Meister der Mimikry, die unterschiedliche Erkrankungen der Niere, der Harnwege und des Genitals imitieren kann (z.B. Tumoren, fistulierende Nebenhodenentzündungen). Die Übertragung erfolgt in der Regel hämatogen.
Die Erkrankung betrifft überwiegend Männer, v.a. Nebenhoden und Prostata. Aufgrund der unspezifischen Symptome wie subfebrile Temperaturen, intermittierende, dysurische Beschwerden und Makrohämaturien wird die Erkrankung oft für einen therapieresistenten Harnwegsinfekt oder eine chronische Epididymitis gehalten. Die Diagnostik kann folgende Untersuchungen beinhalten:
- mindestens drei Kulturen von Urin, Ejakulat oder Prostatasekret
- Direktnachweis mittels Polymerase-Kettenreaktion
- Gamma-Interferon-Test zum Nachweis einer abgelaufenen Infektion
- histologische Untersuchung
- HIV-Diagnostik
- bildgebende Verfahren
Die Therapie erfolgt mit vier Tuberkulostatika für 6–9 Monate bzw. mit 4–5 Tuberkulostatika für 12–24 Monate bei Rezidiv, Immunsuppression oder Resistenzen.
Schistosomiasis
Die Schistosomiasis (Bilharziose) ist eine parasitäre Infektionskrankheit, die durch verunreinigtes Wasser übertragen wird. Die über den menschlichen Stuhl oder Urin ausgeschiedenen Eier reifen in Schnecken der Bulinus-Spezies zu infektiösen Larven. Diese gelangen über die Haut und die Blutbahn in die Leber, wo sie auf ihre Geschlechtspartner treffen. In den Harnwegen abgelegte Wurmeier führen nach zwei bis drei Monaten zu eosinophilen Entzündungsreaktionen.
Anfänglich leiden die Betroffenen unter unspezifischen Beschwerden wie Urtikaria, Fieber, Myalgie, pulmonalen Symptomen und unklarer Eosinophilie. Oft wird die Bilharziose als Harnwegsinfekt oder Blasenkarzinom fehlgedeutet. Ab dem dritten Monat kann es zu Hämaturien, Pollakisurie, terminaler Algurie, Dysurie sowie imperativem Harndrang und Dranginkontinenz kommen. Als potenzielle Spätfolgen gelten neben Steinbildung, Schrumpfblase, Blasenhalssklerose oder Harnstauungsnieren auch Karzinome des oberen und unteren Harntrakts. Die Diagnosestellung gelingt mittels:
- Serologie von Antikörpern
- Zytologie (Einachweis im Urin, Dys-/Metaplasie, Tumorzellen)
- Point-of-Care-Test auf zirkulierende Antigene im Urin
- Urethrozystoskopie
- Histologie
Die Behandlung erfolgt mit Praziquantel als Einmalgabe (40 mg/kgKG oral) oder in zwei Dosen (jeweils 30 mg/kgKG), die im Abstand von 4–6 h gegeben werden. Eine Therapiekontrolle mittels Urinzytologie und ein Screening von beschwerdefreien Migranten werden empfohlen.
Antimikrobielle Resistenzen
Skabies
Typisch für die Skabies sind stecknadelkopfgroße Vesikel sowie erythematöse Papeln und Pusteln in den Interdigitalräumen, am Penis und am Skrotum. Besonders nachts und nach dem Baden besteht ein starker Juckreiz. Teilweise sieht man auch die gräulichen Brutgänge der Krätzemilben. Die Diagnose gelingt per:- Mikroskop,
- Dermatoskop oder
- Klebebandtest.
* Antimikrobielle Resistenzen
Quelle: Bausch K et al. Der Urologe 2019; 58: 1219-1227; DOI: doi.org/10.1007/s00120-019-01040-8
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).