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Insulinresistenz: Positive Effekte durch Crashdiät
Typ-2-Diabetiker können durchaus von einer „Hungerkur“ profitieren. Unter strenger Kalorienrestriktion bessert sich ihre Betazellfunktion, der Insulinbedarf sinkt teilweise drastisch.
Achtwöchige 600-kcal-Diät brachte erste Erfolge für Typ-2-Diabetiker
Extrem insulinresistente Patienten werden wieder „therapiefähig“. Bereits 2011 sorgte eine britische Studie für Aufsehen: Elf übergewichtige bis adipöse Patienten, die seit maximal vier Jahren unter einem Typ-2-Diabetes litten und einen HbA1c von 6,5–9,0 % aufwiesen, hatte man für acht Wochen auf eine Diät mit 600 kcal am Tag gesetzt.
Das erstaunliche Ergebnis: Die niedrig-kalorische Formuladiät konnte den Nüchternblutzucker und die postprandiale Insulinsekretion normalisieren, der Triglyzeridgehalt des Leber- und Pankreasgewebes nahm signifikant ab. Die entscheidende Frage: Handelte es sich hierbei nur um Zufallsbeobachtungen oder lassen sich die Ergebnisse reproduzieren?
Tatsächlich konnten die positiven Effekte einer Crashdiät in einer anderen Studie bestätigt werden, berichtete Professor Dr. Stephan Martin vom Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrum in Düsseldorf. 14 Typ-2-Diabetiker mit einem BMI > 40 kg/m2 und einem HbA1c unter 7,5 % erhielten eine Woche lang nur 400 kcal/d.
Insulinbedarf sinkt stark, Gewicht eher weniger
Darunter nahmen das Körpergewicht der Patienten im Mittel um 3,6 kg und der Bauchumfang um 3,4 cm ab. Die Nüchternblutzuckerwerte gingen um 13,7 mg/dl und der initial extrem hohe Nüchterninsulinspiegel um 6,3 pmol/l zurück. Auch die Indizes der ersten und zweiten Phase der Insulinsekretion besserten sich signifikant, während die Insulinsensitivität unverändert blieb. „Offensichtlich können wir auch bei einem lange bestehenden Diabetes durch eine massive Gewichtsintervention via Formuladiät viel erreichen“, erklärte Prof. Martin.
In einer Studie seiner Arbeitsgruppe wurden 22 Typ-2-Diabetiker, die täglich mehr als 100 IE Insulin benötigten, eine Woche lang auf eine proteinreiche Formuladiät (1100 kcal/d) gesetzt. In den folgenden drei Wochen gab es zumindest mittags eine „normale“ proteinreiche Mahlzeit und in der fünften bis zwölften Woche wurde nur noch das Abendessen durch eine Formuladiät ersetzt. Schon nach der ersten Diätwoche war der mittlere Insulinbedarf von 147 IE auf 91 IE/Tag gesunken, nach zwölf Wochen lag er bei 65 IE. Das Gewicht änderte sich dagegen nicht besonders stark, es sank im Mittel von 118 kg auf 107,4 kg ab.
Lebensgefahr: Crashdiät niemals ohne ärztliche Kontrolle!
„In den letzten Jahren haben wir die Idee der Crashdiäten immer weggeschoben – die bringen nichts, man muss mit dem Jojo-Effekt rechnen“, kommentierte der Kollege. Nach den aktuellen Daten scheint ihm jedoch Umdenken angesagt. Nicht nur, dass extrem therapieresistente Patienten durch eine Woche strikte Diät wieder therapiefähig werden können, ggf. auch wiederholt.
Prof. Martin hat einzelne Patienten mit psychologisch bedingten langfristigen Erfolgen: „Wenn ich mich jetzt nicht anders verhalte, muss ich wieder eine Fastenkur einhalten.“ Eine Crashdiät ist allerdings nichts, was Diabetiker allein durchführen sollten, der Arzt gehört immer mit ins Boot. Da der Insulinbedarf drastisch sinkt, muss die Insulindosis entsprechend angepasst werden, ansonsten droht dem Abspeckwilligen Lebensgefahr.
Quelle: 8. Diabetologie-Update-Seminar
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