Intensive Therapie nicht für alle

Dr. Miriam Sonnet

Frauen und Männer mit Darmkrebs unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich der Ausprägung der Erkrankung. Auch Therapien wirken nicht immer gleich. Frauen und Männer mit Darmkrebs unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich der Ausprägung der Erkrankung. Auch Therapien wirken nicht immer gleich. © peerapong – stock.adobe.com

Das Geschlecht spielt eine entscheidende Rolle für den Therapieerfolg. So profitierten Männer mit metastasiertem Darmkrebs von einer initialen Irinotecangabe plus Bevacizumab – weibliche Erkrankte hingegen nicht.

Frauen sind in Studien zum metastasierten Kolorektalkarzinom unterrepräsentiert. Dabei bestehen allein schon in der Krankheitsausprägung signifikante Unterschiede: Weibliche Personen haben u.a. häufiger rechtsseitige Tumoren und ihr Darmkrebs weist öfter eine Mikrosatelliteninstabilität auf. 

In der XELAVIRI-Studie verglichen Forschende zwei Strategien in der Erstlinientherapie von Patient:innen mit metastasiertem Darmkrebs im Stadium IV. Im Prüf­arm erhielten die Teilnehmenden Fluoropyrimidin/Bevacizumab (FP/Bev) upfront. 

Therapie im Prüfarm erst bei Progress eskaliert

Wurde die Krankheit progredient, eskalierten die Kolleg:innen die Therapie um die Gabe von Irinotecan (Arm A). In der Kontrolle (Arm B) wurden die Betroffenen schon zu Beginn mit der Dreifachkombination behandelt. Die Studie verfehlte ihren primären Endpunkt, die Zeit bis zum Therapieversagen.

Ein Forschendenteam um Dr ­Kathrin ­Heinrich, LMU Klinikum München, evaluierte das Ergebnis je nach Geschlecht. Die Studie umfasste 281 Männer und 140 Frauen. Erstere profitierten mehr von der intensiveren Therapie:

  • ORR Männer A vs. B: 33,6 % vs. 58,3 % (OR 2,77; p < 0,001)
  • ORR Frauen A vs. B: 42,7 % vs. 43,1 % (OR 1,02; p > 0,999)
  • PFS Männer A vs. B: 7,4 Monate vs. 10,1 Monate (HR 0,54; p < 0,001)
  • PFS Frauen A vs. B: 10,1 Monate vs. 8,9 Monate (HR 1,09; p = 0,65)
  • Medianes OS Männer A vs. B: 20,5 Monate vs. 23,9 Monate (HR 0,63; p = 0,002)
  • Medianes OS Frauen A vs. B: 28,4 Monate vs. 21,8 Monate (HR 1,46; p = 0,081)

Darüber hinaus spielte bei weiblichen Personen eine Rolle, ob sie an einem rechts- oder linksseitigen Tumor litten: Diejenigen mit rechtsseitigem Karzinom hatten durch initiales Irinotecan ein signifikant schlechteres Outcome (OS A vs. B: 32,9 Monate vs. 13,5 Monate; HR 2,82; p = 0,014). Solche mit linksseitigen Tumoren (OS 25 Monate vs. 25,7 Monate; HR 1,20; p = 0,50) sowie Männer zeigten diese Korrelation nicht.

Toxizitäten unterschieden sich nicht signifikant zwischen den beiden Geschlechtern. Allerdings litten weibliche Teilnehmende in Arm B tendenziell häufiger unter Grad 3–5 hämatologischen Nebenwirkungen und Neutropenien. Auch schien das Risiko für FP-bezogene Toxizitäten wie Hand-Fuß-Syndrom höher zu sein.

Höhere Toxizitäten durch langsamere Clearance

Männer profitierten in der ­XELAVIRI-Studie von der Upfront-Irinotecan-Gabe, resümieren die Autor:innen, während Frauen keinen Vorteil daraus zogen. Als eine mögliche Erklärung geben die Forschenden die unterschiedliche Clearance von Fluorouracil zwischen den beiden Geschlechtern an: Frauen eliminieren die Substanz langsamer, was auch den Trend zu mehr Toxizitäten erklären könnte. Lassen sich die Ergebnisse in prospektiven Studien bestätigen, könne dies die Therapiewahl bei weiblichen Personen beeinflussen, schreiben die Kolleg:innen. Sie fordern, geschlechtsbezogene Unterschiede in Pharmakokinetik und Pharmakodynamik von Krebsmedikamenten mehr zu beachten.

Quelle: Heinrich K et al. Eur J Cancer 2021; 147: 128-139; DOI: 10.1016/j.ejca.2021.01.025

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