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Kardiomyopathie durch Diät reversibel
Wegen zunehmender Belastungsdyspnoe und Leistungseinbuße beschließt der 57-jährige Arzt: Jetzt muss etwas passieren.
Auf eigene Initiative begibt er sich in ein dreiwöchiges Rehaverfahren und er hat sehr konkrete Ziele: Angesichts einer ausgeprägten abdominalen Adipositas mit einem BMI von 36,5 kg/m2 (118 kg bei einer Körpergröße von 180 cm) steht die Gewichtsreduktion für ihn subjektiv klar im Vordergrund.
Das Gewicht, berichtet der Kollege, sei noch einmal drastisch in die Höhe geschnellt, seit sechs Jahre zuvor ein Diabetes mellitus festgestellt und eine Insulintherapie eingeleitet wurde. Mittlerweile beträgt seine Insulindosis 90 IE pro Tag.
In Sachen Ernährung befolgt er die Empfehlungen der Fachgesellschaften für eine fettarme und kohlenhydratreiche Kost. Sprich: Er vermeidet Fett und führt 50 % der Nahrung in Form von Kohlenhydraten zu.
Transaminasen erhöht, Zucker schlecht eingestellt
Seine Hypertonie hat er mit einer Sartan-Medikation weitgehend im Griff. Die seit 20 Jahren bekannte Fettleber dagegen nicht, wie die erhöhten Transaminasen zeigen. Der in der Rehaklinik gemessene Blutzuckerwert beträgt knapp 190 mg/dl, sein HbA1c liegt bei 7,1 %.
Was es mit der Belastungsdyspnoe auf sich hat, enthüllt die kardiologische Diagnostik. Im Echokardiogramm finden sich zwar eine normale Größe des linken Ventrikels und eine gute Ejektionsfraktion (58 %), doch sieht man eine deutliche Relaxationsstörung, was sich im gepulsten Gewebedoppler in Form einer stark reduzierten Relaxationsgeschwindigkeit bestätigt.
Bei dem Kollegen liegt demnach eine Herzinsuffizienz mit erhaltener systolischer Funktion (heart failure with preserved ejection fraction, HFpEF) vor.
Kardiomyopathie durch die Insulinresistenz
Da sich die Herzerkrankung dieses Patienten weder der Hypertonie noch einer KHK oder einer valvulären Pathologie zuschreiben ließ, schlossen Dr. Peter Heilmeyer von der Rehaklinik Überruh in Isny und Kollegin auf eine diabetische Genese, sprich eine Insulinresistenz-Kardiomyopathie.
Die diabetische Kardiomyopathie (auch: Obesity Cardiomyopathy) geht erfahrungsgemäß vor allem mit einer diastolischen Dysfunktion einher, erklären die Kollegen.
Fakten zur diastolischen Herzinsuffizienz |
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Die Theorie: Postprandiale Hyperglykämie und Insulinresistenz mindern die myokardiale Energieverfügbarkeit. Daraus resultiert die Hoffnung, dass sich die Relaxationsstörung zurückbilden kann – sofern man die Stoffwechselstörung in den Griff bekommt.
Diesen Ansatz verfolgten die Ärzte der Rehaklinik nun bei dem 57-jährigen Kollegen. Angesichts der Tatsache, dass eine an Kohlenhydraten (KH) reduzierte Kost mit niedrigem glykämischem Index die Insulinresistenz mindert, setzten sie den Patienten auf eine Diät (1800 kcal pro Tag) mit einem Kohlenhydratanteil von maximal 25–30 Energieprozent.
Seinen Eiweißanteil durfte der Mann sich „ad libitum“ vom Buffet holen (ca. 30 %). Den übrigen Anteil der Kost (40–45 %) machten Fette aus.
Darüber hinaus absolvierte der Diabetiker ein Bewegungsprogramm, und zwar mit hohem Engagement: Bis zu drei Stunden täglich widmete er sich aerobem Ausdauertraining mit Schwimmen, Walking und dem Ergometer. Zusätzlich stand Krafttraining auf dem Programm.
Der Effekt war verblüffend: Bereits nach einer Woche konnte das Insulin abgesetzt werden und dennoch blieben die postprandialen BZ-Werte im Normbereich.
Nach drei Wochen Reha verspürte der Mann keine Belastungsdyspnoe mehr, die diastolische Herzinsuffizienz ließ sich im Echo nicht mehr nachweisen. Trotz nur mäßiger Gewichtsreduktion gelang es, den HbA1c-Wert auf 6,4 % zu drücken.
KH-reduzierte Kost bessert diastolische Funktion
Der hochmotivierte Patient behielt sein erlerntes Ernährungs- und Bewegungsprogramm bei. Zum Zeitpunkt der Kontrolluntersuchung nach einem Jahr war sein Herz immer noch „in Ordnung“, der Diabetes mellitus mit 2 x 1000 mg Metformin einigermaßen eingestellt.
Diese Kasuistik illustriert eindrucksvoll, dass die Empfehlungen der Fachgesellschaften zur kohlenhydratreichen Ernährung bei Typ-2-Diabetes revidiert werden müssen, so die Autoren.
Auch andere Untersucher konnten zeigen, dass eine KH-reduzierte Kost die diastolische Funktion bei Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion zu bessern vermag. Damit steht tatsächlich eine kausale metabolische Therapie für viele der betroffenen Patienten zur Verfügung.
Warum alleinige Trainingstherapie in Studien nicht den gleichen Effekt erzielte, auch dafür haben die Kollegen eine Erklärung: Erhöhter postprandialer Blutzucker (nach KH-reicher Mahlzeit) führt nachweislich zu oxidativem Stress im Myokard und kann auf diese Weise positive Trainingseffekte konterkarieren.
Quelle: Peter Heilmeyer et al., Dtsch Med Wochenschr 2016; 141: 121–124
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