Kein Vorteil durch Östrogendeprivation

Birgit-Kristin Pohlmann

Mehr als die Hälfte der Patientinnen hatte bereits befallene Lymphknoten. Mehr als die Hälfte der Patientinnen hatte bereits befallene Lymphknoten. © fotolia/Axel Kock

Die neoadjuvante Chemotherapie plus doppelter Antikörperblockade reicht. Frauen mit Hormonrezeptor-positivem (HR+) und HER2-positivem (HER2+) frühem Mammakarzinom haben keinen Vorteil von einer zusätzlichen Östrogendeprivation. Das zeigen die Daten der US-amerikanischen Phase-III-Studie NSABP B-52.

Für Patientinnen mit HR+/HER2+ frühem Mammakarzinom und großem Primärtumor sowie bereits befallenen Lymphknoten ist die neoadjuvante Chemotherapie mit Docetaxel/Carboplatin plus anti-HER2-gerichteter Therapie mit Trastuzumab/Pertuzumab zwar eine wirksame Option, erläuterte Professor Dr. Mothaffar F. ­Rimawi, Lester and Sue Smith Breast Care Center, Houston.

Gleichwohl zeige sich immer wieder, dass speziell Patientinnen mit positivem Hormonrezeptor-Status nicht immer optimal auf die neoadjuvante Therapie ansprechen. Vor diesem Hintergrund startete die randomisierte Phase-III-Studie NSABP B-52 mit der Überlegung, durch eine zusätzliche Östrogendeprivation die Rate pathologischer Komplettremissionen (pCR) zu erhöhen (Abstract S3-06).

Antagonistische Effekte vermeiden?

Präklinische Daten hatten darauf hingedeutet, dass sich die Wirkmechanismen der anti-HER2-gerichteten Therapie sowie der Östrogendeprivation ergänzen und dass antagonistische Effekte überwunden werden, die durch das Zusammenspiel von Chemo- und endokriner Therapie entstehen können, erläuterte Prof. Rimawi.

Für die Studien wurden insgesamt 311 Frauen mit frühem HR+/HER2+ Mammakarzinom mit Docetaxel/Carboplatin plus Trastuzumab/Pertuzumab ± einem Aromatasehemmer (postmenopausale Patientinnen) bzw. einem Aromatasehemmer plus Ovarsuppression (prämenopausale Patientinnen) behandelt. Knapp die Hälfte war jünger als 50 Jahre, gut jede fünfte Frau war bereits über 60 Jahre alt, mehrheitlich hatten die Patientinnen einen Lymphknotenbefall (57 %) und in über 70 % der Fälle cT02-Karzinome.

pCR-Rate nicht signifikant erhöht

Auffällig war zunächst die gute Verträglichkeit: Etwa 90 % der Patientinnen in beiden Studienarmen beendeten die Behandlung planmäßig und erhielten mindestens fünf Therapiezyklen. Unter zusätzlicher Östrogendeprivation gab es keine klinisch relevante Zunahme der Nebenwirkungen, unter anderem kam es zu keinem Anstieg an Diarrhöen oder an febrilen ­Neutropenien.

Allerdings erreichte die zusätzliche Östrogendeprivation auch keine signifikante Erhöhung der pCR-Rate, definiert als kein invasiver Tumorrest in der Brust und kein Nachweis von Tumorzellen in den Lymphknoten (ypT0/is ypN0):

  • In beiden Studienarmen lag die pCR-Rate bei gut 40 % mit numerischen Vorteilen für die zusätzliche Östrogendeprivation (46 vs. 41 %; p = 0,39).
  • Bei den postmenopausalen Patientinnen war der numerische Vorteil deutlicher (pCR: 45 vs. 38 %; p = 0,33) als bei den prä-menopausalen Patientinnen (46 vs. 44 %; p = 0,80; Abb.).
  • Analoge Ergebnisse zeigten sich sowohl bei der pCR-Rate in der Brust, die für das Gesamtkollektiv 47 vs. 44 % (p = 0,60) betrug, als auch bei der klinischen pCR-Rate (cCR: 73,9 vs. 68,1 %; p = 0,28).
  • Die Subgruppenanalyse ergab pCR-Vorteile zugunsten der zusätzlichen Östrogendeprivation für die lumpektomierten Patientinnen (pCR: 42,7 vs. 33,5 %), während sich bei den mastektomierten Patientinnen Vorteile für die Patientinnen ohne Östrogendeprivation zeigten (pCR: 63,9 vs. 56,1 %).

Laut Prof. Rimawi sollte der Stellenwert der zusätzlichen Östrogendeprivation bei Patientinnen mit HR+/HER2+ frühem Mammakarzinom weiter untersucht werden. Möglicherweise gebe es Patientinnengruppen, die davon profitieren. Angesichts der guten Verträglichkeit der zusätzlichen Östrogendeprivation ginge es darum, diese Patientinnen ggfs. zu identifizieren. Ein negativer Effekt der zusätzlichen Aromatasehemmer-Gabe könne ausgeschlossen werden, so Prof. Rimawi, da die Patientinnen keinen Nachteil durch die zusätzliche ­Östrogendeprivation hatten.

Quelle: 39: San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS)

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Mehr als die Hälfte der Patientinnen hatte bereits befallene Lymphknoten. Mehr als die Hälfte der Patientinnen hatte bereits befallene Lymphknoten. © fotolia/Axel Kock
In der NSABP-B-52-Studie zeigte sich bei Patientinnen mit HR+/HER2+ frühem Mammakarzinom
kein signifikanter Vorteil bei der Rate pathologischer Komplettremissionen
(pCR) durch die zusätzliche Östrogendeprivation. In der NSABP-B-52-Studie zeigte sich bei Patientinnen mit HR+/HER2+ frühem Mammakarzinom kein signifikanter Vorteil bei der Rate pathologischer Komplettremissionen (pCR) durch die zusätzliche Östrogendeprivation. © MT-Grafik