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Keine Frage des Alters

Das relative kardiovaskuläre Risiko nimmt pro 40 mg/dl LDL-Cholesterin-Senkung um 20 % ab. Dieser Zusammenhang bleibt linear bis hinab in ganz tiefe Bereiche des LDL-Cholesterin-Spiegels erhalten, beschrieb Prof. Dr. Timm Westhoff von der Medizinischen Klinik I am Klinikum der Ruhr-Universität Bochum. Das absolute Risiko für Herz und Kreislauf nimmt umso stärker ab
- je höher der LDL-Cholesterin-Ausgangswert liegt,
- je höher das initiale Gesamtrisiko des Patienten ist,
- je länger eine risikomindernde Therapie läuft.
Geriatrische Patienten haben ein weitaus höheres Ausgangsrisiko als jüngere Menschen. Sie profitieren deshalb mit einer besonders markanten Senkung des absoluten Risikos. Mit Blick auf die Restlebenszeit muss man aber stets prüfen, ob sich dieser Nutzen bei einem bestimmten Patienten überhaupt noch realisieren lässt, schränkte Prof. Westhoff ein.
Eine neuere Metaanalyse der CTTC* ergab, dass eine Statintherapie auch bei Patienten im Alter über 75 Jahren noch eine relative Risikoreduktion für kardiovaskuläre Ereignisse um 18 % bewirkt. Das ist zwar bedingt durch eine eingeschränkte verbleibende Lebens- und Therapiezeit weniger als bei jüngeren Patienten, erklärte der Experte. Klinisch bedeutsam sei dies aber allemal.
Unterscheidet man in dieser Altersgruppe zwischen Primär- und Sekundärprävention, bleibt der Nutzen nur für die sekundäre Prävention signifikant. Eine Studie mit US-Veteranen im Alter über 75 Jahren hat jedoch auch für die Primärprävention einen gewissen lebensverlängernden Effekt der Statintherapie zeigen können.
Die Autoren der ESC**-Leitlinie empfehlen für Patienten ab 75 Jahren in der Sekundärprävention dasselbe Vorgehen wie für jüngere Menschen. Anzustreben ist ein LDL-Cholesterin-Zielwert < 55 mg/dl. Ist die Lebenszeitprognose stark begrenzt, sollte man allerdings auf die lipidsenkende Therapie verzichten.
Für die primäre Prävention ist die ESC-Empfehlung mit „kann bei hohem Risiko erwogen werden“ weicher formuliert. Prof. Westhoff macht die Entscheidung für oder gegen Statine als Primärprävention beim älteren Patienten vom Zustand der Gefäße abhängig: Wie sehen die Karotiden, wie sieht die infrarenale Aorta aus? Wenn in diesen Gefäßen keine nennenswerte Atherosklerose vorliegt, könne man getrost auf Lipidsenker verzichten. Denn ein solcher Patient wird wohl kein atherosklerotisches Ereignis mehr erleben. Ist jedoch z.B. eine relevante Karotisstenose vorhanden, sollte man sich auch bei einem Menschen, der den 75. Geburtstag hinter sich hat, für eine primäre Prävention mit Statinen entscheiden.
Zusätzliche Sicherheitssignale gibt es bei den Älteren nicht. Auch die Rate an Myopathien steigt ab dem 65. Lebensjahr nicht an. Etwa jeder Zehnte, der mit Statinen behandelt wird, gibt eine Intoleranz gegenüber diesen Medikamenten an. Geklagt wird vor allem über Muskelbeschwerden.
Wie Prof. Dr. Martin Wehling von der Universität Heidelberg ausführte, ist Simvastatin definitiv „out“. Als starker CYP3A4-Inhibitor hat die Substanz ein hohes Interaktionspotenzial und führt recht häufig zu Myopathien. Atorvastatin hemmt zwar das gleiche Enzym, ist aber besser verträglich. Außerdem besteht für Atorvastatin eine breite Evidenz, da mit ihm etliche Endpunktstudien durchgeführt wurden.
Am sichersten insbesondere für ältere Menschen ist Prof. Wehling zufolge das stärkste Statin Rosuvastatin. Denn es wird nur zu 10 % metabolisiert und interagiert nicht mit Cytochrom P450. Die Therapie könne man durchaus mit Atorvastatin in einer Dosierung bis 80 mg täglich beginnen. Wenn dann Wechselwirkungen auftreten oder der Effekt nicht ausreicht, sollte man auf Rosuvastatin wechseln.
Bei Patienten, die Statine nicht vertragen, kann man Bempedoinsäure einsetzen, führte Prof. Westhoff aus. Auch dieses Medikament hemmt die Cholesterinsynthese, setzt aber an einer anderen Stelle des Stoffwechselweges an. Als Prodrug muss der Arzneistoff zunächst in der Leber umgesetzt werden. Damit spielt sich die Wirkung auch nur dort ab und es kommt nicht zu Problemen in den Muskeln, erläuterte der Referent. In Kombination mit Ezetimib senkt Bempedoinsäure das LDL-Cholesterin um etwa 40 %. Damit bewege man sich fast in derselben Größenordnung wie mit einem hochpotenten Statin.
* Cholesterol Treatment Trialists’ Collaboration
** European Society of Cardiology
Quelle: Kongressbericht 129. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
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