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Kind unterwegs? Bitte kein Paracetamol!

Migräneattacken nehmen im Verlauf der Schwangerschaft meist ab und werden milder, berichtete Prof. Dr. Uwe Reuter von der Universitätsmedizin Greifswald. Bei leichten Attacken in der Schwangerschaft sollten nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Reizabschirmung und Rückzug zum Einsatz kommen, um die Attacke möglichst ohne Medikation vergehen zu lassen. Besorgniserregend ist allerdings die immer häufigere Einnahme von OTC-Schmerzmitteln in der Schwangerschaft, die weltweit beobachtet wird.
Akuten Kopfschmerz abklären
Etwa 40 % der akuten Kopfschmerzen in der Schwangerschaft sind symptomatische, sekundäre Kopfschmerzen. Entsprechend sollte jede untypische Episode in der Schwangerschaft abgeklärt werden. Häufig stecken hypertensive Erkrankungen oder eine Sinusitis dahinter. Rasch auszuschließen sind insbesondere eine Sinusvenenthrombose, eine intrakranielle Blutung und ein Schlaganfall.
Bei Notwendigkeit einer Migräne-Akuttherapie kann laut Leitlinie bis zur 28. Schwangerschaftswoche Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure eingesetzt werden. Bei einem späteren Einsatz ist das Risiko für einen nicht verschlossenen Ductus botalli erhöht. Paracetamol dagegen sollte laut Leitlinie über die gesamte Schwangerschaft hinweg nicht eingesetzt werden bzw. nur dann, wenn es keine anderen Optionen gibt. Es zeigten sich darunter Hinweise auf erhöhte Risiken für neurologische Entwicklungsstörungen, Atopien und Reproduktionsstörungen. „Außerdem ist Paracetamol nur sehr schwach bei Migräne wirksam“, betonte Prof. Reuter. In der gesamten Schwangerschaft kann bei Übelkeit und Erbrechen Metoclopramid eingesetzt werden. Ondansetron darf erst ab dem zweiten Trimenon erwogen werden, da der frühe Einsatz zu orofazialen Fehlbildungen führen kann.
Auch zur Prophylaxe sollten bevorzugt nicht-medikamentöse Optionen gewählt werden, beispielsweise Ausdauersport, genügend Schlaf, progressive Muskelrelaxation nach Jacobson oder autogenes Training. Als medikamentöse Option sind Triptane laut Prof. Reuter gut einsetzbar. Die beste Evidenz für den Einsatz in der Schwangerschaft gibt es für Sumatriptan. Mit Triptanen geht kein erhöhtes Risiko für Missbildungen einher, aber es besteht offenbar ein gering erhöhtes Risiko für Aborte.
Betablocker sind möglich, gehen aber mit einem Bradykardie-Risiko beim Neugeborenen einher, wenn sie bis zum Ende der Schwangerschaft eingenommen werden. Metoprolol wie auch Amitryptilin sollten in der Schwangerschaft in der niedrigsten möglichen Dosis eingesetzt werden. Die Einnahme von Magnesium in einer Dosis von 300 mg/d ist in der gesamten Schwangerschaft möglich. Valproat und Topiramat sind aufgrund der nachgewiesenen teratogenen Eigenschaften kontraindiziert. Die Sicherheit von monoklonalen CGRP-Antikörpern ist anhand von Pharmakovigilanzstudien noch nicht abschließend zu beurteilen. Die Antikörper werden endosomal durch die Plazenta aufgenommen, die Bedeutung der Exposition für die fötale Entwicklung ist noch unklar.
In der Stillzeit entsprechen die Migränehäufigkeit und die Schwere der Attacken wieder der Zeit vor der Schwangerschaft. Triptane können von Stillenden angewendet werden. Dagegen werden Metoclopramid, Dimenhydrat und Ondansetron nicht empfohlen, ASS und Ibuprofen höchstens kurzzeitig. Paracetamol ist möglich, aber wegen seiner eingeschränkten Wirksamkeit auch in der Stillzeit nur dann empfohlen, wenn keine andere Option vorliegt.
* Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.
Quelle: DGN*-Kongress 2023
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