Kleine Keimzahl – große Wirkung

Dr. Franziska Hainer

Eine Dekolonisierung vor der Strahlentherapie kann die Strahlendermatitis signifikant reduzieren. Eine Dekolonisierung vor der Strahlentherapie kann die Strahlendermatitis signifikant reduzieren. © EV_Korobov – stock.adobe.com

Die akute Strahlendermatitis wird offenbar durch die nasale Kolonisation mit Staphylococcus aureus begünstigt. Das bietet die Möglichkeit der Prophylaxe: In einer Phase-2/3-Studie schützte die Dekolonisation vor Radiatio vor einer schweren Ausprägung der Bestrahlungsfolge. 

Schon länger gibt es Hinweise, dass die Besiedelung der Haut mit pro-inflammatorischen Bakterien bei der Pathogenese der akuten Strahlendermatitis eine Rolle spielen könnte. Ob dies zutrifft, untersuchte ein Team um Yana Kost vom Albert Einstein College of Medicine an 76 Patienten mit geplanter Strahlentherapie. 41 von ihnen litten an Brustkrebs, 35 an Krebserkrankungen im Bereich des Hals- oder Nackenbereiches. Die applizierte Strahlendosis belief sich auf durchschnittlich 58,5 Gy.

Vor Beginn der Strahlentherapie und in der letzten Behandlungswoche wurden Abstriche aus der Nase, dem bestrahlten Hautareal und der nicht-bestrahlten Gegenseite genommen und auf Staphylococcus aureus (SA) untersucht. Primärer Endpunkt war eine Strahlendermatitis von Grad 2 oder höher. 

16 Patienten (21,1 %) hatten zu Beginn der Studie einen positiven Nasenabstrich. Alle 76 Patienten entwickelten eine Strahlendermatitis: 47 (61,8 %) mit Grad 1, 22 (28,9 %) mit Grad 2 und 7 (9,2 %) mit Grad 3. Bei Patienten mit Strahlendermatitis ≥ Grad 2 war die SA-Prävalenz vor Radiatio höher, nämlich 10 von 29 (34,5 %) gegenüber 6 von 47 (12,8 %) bei Grad 1

Offenbar fördert der dermale Strahlenschaden bei SA-Trägern das Keimwachstum auf der Haut und begünstigt so die Entstehung der Strahlendermatitis, schreiben die Autoren. Ob eine bakterielle Dekolonisation vor Radiatio die Schwere einer akuten Strahlendermatitis lindert, klärten Kost und Kollegen in einer weiteren Studie.

Darin wurden 75 Frauen mit Brustkrebs und zwei Patienten mit Krebserkrankungen im Kopf- und Nackenbereich eingeschlossen. Das Durchschnittsalter lag bei 59,9 Jahren, die mediane Gesamtstrahlendosis belief sich auf 52,4 Gy. Eine Gruppe erhielt eine antimikrobielle Behandlung mit Mupirocin-Nasensalbe 2 % zweimal täglich und Chlorhexidinglukonat 4 % Waschlotion einmal täglich. Sie wendeten diese fünf Tage vor Bestrahlung an und wiederholten die Behandlung alle zwei Wochen für fünf Tage. Die Vergleichsgruppe hielt eine normale Basishygiene ein. Primärer Endpunkt war die Diagnose einer hochgradigen Strahlendermatitis Grad 2 mit feuchter Desquamation.

Bei keinem der 39 Patienten mit desinfizierender Hautbehandlung trat eine höhergradige Strahlendermatitis auf. Im Gegensatz dazu entwickelten 9 von 38 Patienten (23,7 %) mit Standardbehandlung eine Strahlendermatitis ≥ Grad 2. Insgesamt war der Schweregrad der Strahlendermatitis bei Patienten mit antimikrobieller Prophylaxe signifikant niedriger als in der Vergleichsgruppe mit Standardhygiene (1,2 vs 1,6). Während hoher BMI und hohe Strahlendosis laut Studienlage mit einem höheren Strahlendermatitis-Schweregrad assoziiert sind, zeigte die antibakterielle Behandlung auch in diesen Subgruppen Wirksamkeit, schreiben die Autoren.

Nach Abschluss der Strahlentherapie ließ sich hinsichtlich der Besiedelung mit SA ein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen feststellen. Mit antibakterieller Prophylaxe wurde nur noch bei 5,4 % der Bestrahlten SA nachgewiesen – zu Beginn waren es 10,8 %. In der Standardgruppe stieg die Rate der SA-positiven Patienten von 16,2 % vor Radiatio auf 24,3 % danach an.

Die Autoren betonen die Wirksamkeit der Dekolonisierung trotz der eher niedrigen SA-Quote im untersuchten Patientenkollektiv. Aus ihrer Sicht ist die beschriebene antibakterielle Prophylaxe unabhängig vom Screeningbefund empfehlenswert. Möglicherweise erhöht eine Kombination mit topischen Kortikosteroiden den Therapieerfolg, spekulieren die Autoren und empfehlen hierzu weitere Studien.

Quelle: Kost Y et al. JAMA Oncol 2023; DOI: 10.1001/jamaoncol.2023.0454
Kost Y et al. JAMA Oncol 2023; DOI: 10.1001/jamaoncol.2023.0444

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Eine Dekolonisierung vor der Strahlentherapie kann die Strahlendermatitis signifikant reduzieren. Eine Dekolonisierung vor der Strahlentherapie kann die Strahlendermatitis signifikant reduzieren. © EV_Korobov – stock.adobe.com