Heller Hautkrebs – mit Strahlen gegen Basalzell- und Plattenepithelkarzinome

Dr. Daniela Erhard

Patienten blieben nach der Strahlentherapie im Durchschnitt etwa fünf Jahre rezidivfrei. Patienten blieben nach der Strahlentherapie im Durchschnitt etwa fünf Jahre rezidivfrei. © iStock/kali9

Vielleicht arbeiten Dermatologen in Zukunft häufiger mit ihren Kollegen aus der Radioonkologie zusammen. Experten sehen nämlich in der Bestrahlung eine nützliche Strategie in der Therapie der häufigsten Hautkrebsarten.

Auch wenn man Basalzellkarzinome (BCC) und kutane Plattenepithelkarzinome (cSCC) in der Regel chirurgisch entfernt, kann eine Bestrahlung eine wichtige Rolle in der Behandlung der Tumoren spielen. Dabei ist ihr Einsatz nicht nur begleitend, sondern unter bestimmten Bedingungen auch primär denkbar. Die Amerikanische Gesellschaft für Radioonkologie (ASTRO) fasste in einer Leitlinie zusammen, wann sie eine Strahlentherapie beim weißen Hautkrebs für sinnvoll erachtet und wie diese aussehen könnte.

Demnach empfiehlt sich eine kurative Bestrahlung insbesondere dann, wenn eine Operation kontraindiziert ist oder der Patient diese strikt ablehnt. Aber auch wenn die Exzision des Karzinoms zu schlechten funktionalen oder kosmetischen Ergebnissen führen könnte, bietet sich die Methode an – beispielsweise an Ohren, Nase, Lippen und Augenlidern.

Keine Bestrahlung bei schlecht kontrollierten Kollagenosen

Vor dem primären Einsatz einer Radiotherapie sollte allerdings abgeklärt werden, ob der Patient möglicherweise genetisch bedingt empfindlich gegenüber stärkerer Strahlung reagiert. Liegt beispielsweise ein Louis-Bar-Syndrom (Ataxia telangiectasia), ein Gorlin- oder Basalzellnävus-Syndrom oder das Li-Fraumeni-Syndrom vor, bestrahlt man besser nicht. Gleiches gilt bei Patienten mit schlecht kontrollierten Kollagenosen.

Bestrahlungsindikationen

  • primär beim nicht-operablen Karzinom
  • postoperativ, bei perineuraler Streuung
  • postoperativ bei cSCC mit ­hohem Rezidivrisiko
  • adjuvant nach Entfernung befallener Lymphknoten ­(Ausnahme: nur ein einzelner zervikaler Lymphknoten < 3 cm betroffen und Ausbreitung nicht über Kapsel hinaus)
  • primär, wenn befallene Lymphknoten nicht entfernbar

Ergänzen kann man die primäre Strahlentherapie beim nicht operierten, lokal fortgeschrittenen cSCC mit einer adjuvanten Chemotherapie. Zwar ist die Datenlage schwach, es gibt aber Hinweise, dass z.B. die zusätzliche Gabe von Carboplatin Vorteile bringt. Hedgehog-Inhibitoren und Immunotherapeutika sind derzeit nur für den palliativen Einsatz empfohlen. Postoperativ oder unterstützend zu anderen Maßnahmen empfiehlt die Leitlinie eine Bestrahlung, wenn sich der Krebs bereits perineural ausgebreitet hat. Eine weitere Indikation besteht, wenn das Risiko für Rezidive oder Metastasierung groß ist. Aufgrund seiner Aggressivität soll man postoperativ eher beim Plattenepithelkarzinom zur Bestrahlung tendieren. Eine Indikation ist laut der Leitlinie gegeben bei engen oder positiven Schnitträndern, Rezidiven trotz negativem Schnittrand, Tumorstadium T3 oder T4 sowie desmoplastischen oder infiltrativen Tumoren bei chronisch immunsupprimierten Patienten. Beim Basalzellkarzinom sind die Empfehlungen schwächerer Natur. Haben ein cSCC oder ein BCC bereits in die regionalen Lymphknoten gestreut, gilt es diese zuerst zu entfernen und nach Abheilen der Wunde möglichst innerhalb von sechs Wochen nach dem Eingriff eine Radiotherapie anzuschließen. Das verbessert die Kontrolle der Erkrankung. Die einzige Ausnahme besteht, wenn nur ein einziger zervikaler Lymphknoten (< 3 cm) befallen und keine extrakapsuläre Ausbreitung nachweisbar ist. Erscheint die Lymphadenektomie unmöglich, empfehlen die Experten, direkt zu bestrahlen, auch wenn mit einem schlechteren Outcome als durch die Kombination mit einer Operation zu rechnen ist. Besteht ein erhöhtes Risiko, dass sich ein cSCC ins regionale Lymphsystem ausbreitet, kann eine elektive Radiotherapie des Lymphabflussgebietes vor Rückfällen schützen.

Bei Hochrisikopatienten erst Wächterlymphknoten checken

Im Median bleiben 99 % der Patienten für fünf Jahre rezidivfrei. Trotzdem: Die Nebenwirkungen sind nicht unerheblich und umfassen beispielsweise Dermatitis, Mukositis und Lymphödeme. Bevor man sich für eine Bestrahlung der Lymphregion entscheidet, muss man daher gut abwägen. Die Autoren empfehlen die Therapie für Patienten, deren Tumor im Abflussgebiet eines Lymphknotens liegt. Bei den übrigen Hochrisikopatienten mit cSCC sollte man zunächst bioptisch oder per Bildgebung den Wächterlymphknoten untersuchen. Grundsätzlich lässt sich heller Hautkrebs z.B. mit Megavolt-Elektronen- oder -Photonentherapien oder brachytherapeutischen Ansätzen angemessen behandeln. Welches Verfahren man letztlich zur Bestrahlung anwendet, kommt auch auf den Tumor an. Sollen Strahlen eher tiefer liegende Strukturen erreichen oder ist die Krankheit schon weit fortgeschritten, eignen sich Megavolt-Verfahren. Will man eben diese Gewebe schonen, bieten sich Therapien mit Niedrigenergiequellen (ELS) bzw. eine Brachytherapie an. Beide erzielen auch hypofraktioniert gute Ergebnisse, d.h. mit kürzerer Behandlungsdauer und höheren Einzeldosen.

Empfohlene Strahlendosis

Primärtherapie
  • konventionelle Fraktionierung: 1,8–2,0 Gy/Fraktion (BED10: 70–93,5)*
  • Hypofraktionierung: 2,1 Gy/Fraktion (BED10: 56–88)
Postoperativ
  • konventionelle Fraktionierung: 1,8–2,0 Gy/Fraktion (BED10: 70–93,5)
  • Hypofraktionierung: 2,1–5 Gy/Fraktion (BED10: 56–88)
Lymphknoten
  • nach Lymphadenektomie: 1,8–2,0 Gy/Fraktion (Gesamtdosis: 60–66 Gy)
  • elektiv ohne Lymphadenektomie: 1,8–2,0 Gy/Fraktion (Gesamtdosis: 50–54 Gy)

*BED10: Biologisch effektive Dosis (bei α/β = 10).

Allerdings ist in sensiblen Arealen wie Augen- und Mundpartie besondere Vorsicht geboten: Verglichen mit dem herkömmlichen Therapieregime verursacht die Hypofraktionierung häufiger Atrophien und Fibrose – und kann dadurch den eigentlichen Nutzen der Therapie aufs Spiel setzen.

Quellen:
1. Likhacheva A et al. Pract Radiat Oncol 2020; DOI: 10.1016/j.prro.2019.10.014
2. Pressemitteilung der American Society for Radiation Oncology (ASTRO)

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Patienten blieben nach der Strahlentherapie im Durchschnitt etwa fünf Jahre rezidivfrei. Patienten blieben nach der Strahlentherapie im Durchschnitt etwa fünf Jahre rezidivfrei. © iStock/kali9