Können mit der NOVA-Klassifikation Gesundheitsrisiken besser erfasst werden?

Sabine Echterhoff

Von unverarbeiteten oder minimal verarbeiteten bis hin zu hochprozessierten Lebensmitteln – was sagt die NOVA-Kategorie über unsere Lebensmittelauswahl aus? Von unverarbeiteten oder minimal verarbeiteten bis hin zu hochprozessierten Lebensmitteln – was sagt die NOVA-Kategorie über unsere Lebensmittelauswahl aus? © juliasudnitskaya – stock.adobe.com

Gesundheitliche Probleme durch hochverarbeitete Lebensmittel (UPF) rücken in den Fokus. Kann die NOVA-Klassifizierung hier eine zuverlässige Orientierung bieten? 

In den letzten Jahrzehnten hat der Konsum von Convenience-Produkten in der westlichen Ernährung stark zugenommen. Der eher schlechte Ruf dieser hochverarbeiteten Produkte beruhte ursprünglich auf ihrer hohen Energie- und geringen Nährstoffdichte, wenig Ballaststoffen und einem Überschuss vor allem an ungesunden Fetten, Zucker und Salz. Zu diesem ungünstigen Nährstoffverhältnis kommen Faktoren wie Zusatzstoffe, Wärmebehandlung und die Entwicklung neuer Texturen hinzu, deren Auswirkungen auf den Organismus Gegenstand zahlreicher Untersuchungen sind.

Verarbeitungsgrad statt Ernährungspyramide

Mitte der 1990er Jahre stellte der brasilianische Forscher Carlos Monteiro in seinem Heimatland eine deutliche Veränderung der Ernährungsgewohnheiten fest, die durch eine Zunahme der Fettleibigkeit vor allem in wirtschaftlich benachteiligten Bevölkerungsgruppen gekennzeichnet war, während in wohlhabenderen Gegenden ein Rückgang zu verzeichnen war. Statt der bisher üblichen Fokussierung auf einzelne Nährstoffe konzentrierte er sich fortan auf die Ernährungsmuster. Dabei identifizierte er zwei unterschiedliche Muster: eines, das auf traditionellen Nahrungsmitteln wie Bohnen und Reis basiert, und ein anderes, das auf dem Verzehr stark verarbeiteter Lebensmittel beruht (1). 

Convenience und UPF 

Convenience-Produkte 

Convenience-Produktesind Fertigprodukte oder Fertiggerichte wie Konserven, Tiefkühlkost, Fertiggerichte für die Mikrowelle, Backmischungen, Instantpudding und Tütensuppen, die bereits verzehrfertig sind und gegebenenfalls nur noch aufgewärmt werden müssen. 

Hochverarbeitete Lebensmittel

Der Begriff hoch oder stark verarbeitete Lebensmittel (HVL, ultra-processed food = UPF) umfasst Lebensmittel und Getränke, bei deren Herstellung die eingesetzten Rohstoffe einem umfangreichen industriellen Verarbeitungsprozess unterzogen wurden. In der Regel wird eine Vielzahl von zusätzlichen Zutaten eingesetzt (z. B. Aromen, Konservierungsmittel, Farbstoffe) und energiereiche Inhaltsstoffe mit geringer ernährungsphysiologischer Qualität (gesättigte Fettsäuren, Zucker).

2009 führte Monteiro den Begriff der stark verarbeiteten Lebensmittel (ultra-processed food (UPF) ein (2). Die 2017 von ihm vorgestellten Nova-Kategorien teilen die Lebensmittel nicht, wie bisher üblich, nach ihrem Stellenwert in Hinblick auf eine gesunde Ernährung ein, sondern stellen den Verarbeitungsgrad in den Vordergrund (3). Dabei ist das Wort „Nova“ kein Akronym sondern bedeutet im Portugiesischen „neu“.

Nova-Kategorien

Art, Umfang und Zweck der industriellen Lebensmittelverarbeitung bestimmen die Zuordnung zu einer der 4 Nova-Kategorien (Abb. 1):

  1. Unverarbeitete oder minimal verarbeitete Lebensmittel:
    • Frisches Obst und Gemüse, unverarbeitetes Fleisch, Milch, Eier, Tee, Kaffee
    • Minimal verarbeitet: Reinigen, Schälen, Pasteurisieren
  2. Verarbeitete kulinarische Zutaten:
    • Öle, Butter, Zucker, Salz
    • Diese Produkte werden aus unverarbeiteten Lebensmitteln durch Verfahren wie Pressen, Raffinieren und Mahlen gewonnen.
  3. Verarbeitete Lebensmittel:
    • Konserviertes Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, gesalzener Fisch, Schinken, Käse, Brot
    • Diese Lebensmittel werden durch Verfahren wie Einlegen, Fermentation, Backen und Räuchern hergestellt und enthalten oft zwei oder drei Zutaten.
  4. Hochprozessierte Lebensmittel:
    • Fertiggerichte, Softdrinks, industriell hergestellte Backwaren, Süßigkeiten
    • Enthalten oft fünf oder mehr Zutaten einschließlich Zusatzstoffe wie Konservierungsmittel, Farbstoffe, Emulgatoren und künstliche Aromen.

Nova-Kategorien in der Praxis

Datenbanken wie Open Food Facts bieten Nova-Klassifizierungen für kommerzielle Produkte auf der Grundlage einer Analyse ihrer Kategorien und Inhaltsstoffe (4). 

Im Rahmen von Studien zu den Zusammenhängen zwischen dem Konsum stark verarbeiteter Lebensmittel und der Ernährungsqualität bzw. den gesundheitlichen Folgen finden die NOVA-Kriterien zunehmend Anwendung bei Ernährungsepidemiologen. Zwischen 2015 und 2019 wurden die Nova-Kriterien in 95 Prozent der zu diesem Thema veröffentlichten Studien verwendet (5). Des Weiteren findet NOVA zunehmend Anwendung bei politischen Entscheidungsträger:innen, um auf Basis der ermittelten Daten Entscheidungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu treffen. So wurden beispielsweise in mehreren lateinamerikanischen Ländern Ernährungsrichtlinien auf der Grundlage von NOVA entwickelt (6, 7). Darüber hinaus findet NOVA Anwendung bei der französischen Regierung, um das von ihr definierte Ziel zu erreichen, den Konsum hochverarbeiteter Lebensmittel um 20 % zu reduzieren (8).

Zusatzstoffe

Die Kennzeichnung von Zusatzstoffen erfolgt nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen. Diese schreiben vor, dass alle verwendeten Zusatzstoffe auf der Zutatenliste des Lebensmittels entweder mit ihrem Klassennamen (z. B. „Konservierungsmittel“) gefolgt von ihrem spezifischen Namen oder ihrer E-Nummer (z. B. „E 338“) angegeben werden müssen. Darüber hinaus enthalten die EU-Richtlinien Vorgaben zu zulässigen Höchstmengen für bestimmte Produktgruppen oder einzelne Produkte. Die Entscheidung, in welcher konkreten Menge die Zusatzstoffe in den Produkten eingesetzt werden, obliegt den Herstellern.

Es gibt aber auch Kritik an diesem System. So beschreibt die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) das NOVA-Klassifizierungssystem als hilfreich, jedoch mit gewissen Einschränkungen: bei der Einteilung der Lebensmittel nach dem Verarbeitungsgrad gibt es einen Interpretationsspielraum, der unter Umständen zu einer verzerrten Einschätzung des Anteils stark verarbeiteter Lebensmittel führen kann (9). Diese Einschätzung wird auch von einer französischen Arbeitsgruppe geteilt, die in ihrer Untersuchung zeigen konnte, dass die Zuordnung von Lebensmitteln nur für einige Produktgruppen konsistent war, während andere Produkte sehr unterschiedlich zugeordnet wurden. Eine belastbare NOVA-Klassifizierung von Lebensmitteln nach den derzeitigen Maßstäben sei nicht möglich, so die Schlussfolgerung (10). 

Festzuhalten ist:

  • Nova ist eine offene Klassifikation. Ihre Definitionen wurden und werden weiterhin schrittweise durch neue wissenschaftliche Veröffentlichungen verfeinert (11).
  • Sowohl Befürworter als auch Gegner von Nova sind sich darüber einig, dass der Grad der Lebensmittelverarbeitung die menschliche Gesundheit entscheidend beeinflusst (12, 13). 

Hochverarbeitete Lebensmittel Produkte mit Suchtpotenzial

Die industrielle Verarbeitung von Lebensmitteln ist grundsätzlich nicht zu verurteilen. Durch den Einsatz industrieller Verarbeitungsprozesse kann die Haltbarkeit von Lebensmitteln verlängert und die Verfügbarkeit von Nährstoffen optimiert werden. Des Weiteren können Lebensmitteleigenschaften wie Geschmack und Textur optimiert werden. Gleichzeitig sind diese Verfahren nicht immer vorteilhaft für die Gesundheit. Eine Verlängerung der Haltbarkeit und somit auch der Verweilzeit in den Supermarktregalen kann durch den Einsatz von Konservierungsstoffen erzielt werden. Unter den 32 in der EU zugelassenen Konservierungsstoffen finden sich sieben Zusatzstoffe, die Kalium enthalten und deren jeweilige Menge für den Verbraucher nicht erkennbar ist. 

Die Eigenschaften „weich“ und „süß“ wirken sich positiv auf den Konsum von Lebensmitteln aus. Eine Reduzierung der Kauvorgänge führt zu einem beschleunigten Verzehr, was wiederum eine Zunahme der Verzehrmenge zur Folge hat. Ein Effekt, den die Lebensmittelindustrie zu schätzen weiß und bei der Herstellung ihrer Produkte bewusst verstärkt. Auch Zusatzstoffe, die Lebensmittel besonders schmackhaft machen, begünstigen einen fortgesetzten Konsum. In der Regel nimmt der Sättigungseffekt mit steigendem Verarbeitungsgrad ab. Dies kann zu einer erhöhten Gefahr des „Snackings“ – des Essens zwischendurch – führen, was häufig die üblichen Mahlzeiten ersetzt. 

Zwei neuere systematische Übersichtsarbeiten mit 281 Studien aus 36 Ländern schätzen die Prävalenz der UPF-Abhängigkeit in der Allgemeinbevölkerung auf 14 % bei Erwachsenen und 15 % bei Jugendlichen. Die Prävalenz der UPF-Sucht bei Erwachsenen ähnelt stark der Prävalenz von Suchterkrankungen, bei denen das Suchtmittel legal ist, wie z. B. Alkohol (14 %) und Tabak (18 %). Die Prävalenz der UPF-Sucht bei Jugendlichen ist jedoch auffallend und bislang beispiellos (14, 15). 

Anteil von UPF an der Ernährung

Die Bewertung der Zufuhr von UPF in der Ernährung variiert je nachdem, wie sie ausgedrückt wird, z. B. als Prozentsatz der Gesamtenergiezufuhr (TEI), als Gramm/Tag oder Gramm/kg/Tag oder als Prozentsatz des Gesamtgewichts der Lebensmittel in der Ernährung.

Die Ergebnisse der NutriNet-Santé-Studie (16), an der in Frankreich mehr als 170.000 Personen teilnahmen, zeigen, dass hochverarbeitete Lebensmittel im Durchschnitt 18 % der verzehrten Lebensmittel nach Gewicht und 36 % der Energiezufuhr (TEI) ausmachen. Ein überdurchschnittlicher Verzehr von hochverarbeiteten Lebensmitteln war mit männlichem Geschlecht, jüngerem Alter, niedrigem Bildungsstand, Rauchen und Übergewicht bzw. Adipositas assoziiert.

In Deutschland stammten laut Berechnungen der Nationalen Verzehrstudie II (NVS II) bereits Anfang der 2000er-Jahre etwa 50 % der gesamten Energieaufnahme von Erwachsenen aus stark verarbeiteten Lebensmitteln (17). Der Konsum von hochverarbeiteten Lebensmitteln variiert erheblich zwischen verschiedenen Ländern mit ähnlichem Bruttosozialprodukt. Im Jahr 2021 wurde in einer Studie der Verzehr von hochverarbeiteten Lebensmitteln in 22 europäischen Ländern untersucht (18). Der durchschnittliche Anteil an UPF an der Energiezufuhr betrug 27 %. Rumänien und Italien wiesen mit etwa 14 % den geringsten Wert auf, während Großbritannien und Schweden mit etwa 44 % den höchsten Wert aufwiesen. Der größte Anteil entfiel mit 14 % auf feine Backwaren, gefolgt von Wurstwaren, Fertiggerichten, Margarine und Saucen.

In anderen Studien waren Backwaren, Milchprodukte, rekonstituierte Fleischprodukte, zuckerhaltige Produkte und zuckergesüßte Getränke die am häufigsten verzehrten UPF (19, 20, 21).

Der zunehmende Konsum von Ersatzprodukten für Fleisch- und Milchprodukte durch Veganer und Vegetarier kann bei diesen Gruppen zu gesundheitlichen Problemen führen (22). In einer französischen Kohorte konnte nachgewiesen werden, dass der Verzicht auf tierische Lebensmittel mit einem erhöhten Konsum von UPF bei Pesco-Vegetariern, Vegetariern und Veganern einhergeht. Zu den am häufigsten konsumierten UPF zählen pflanzliche Getränke, Sojaprodukte, salzige Snacks und Kekse (23).

Einfluss hochverarbeiteter Lebensmittel auf die Gesundheit

Die Ergebnisse von Metaanalysen gut konzipierter Kohortenstudien zeigen: Bei gleicher Gesamtenergieaufnahme steigert ein hoher Anteil an hochverarbeiteten Lebensmitteln das Risiko für chronische, nicht ansteckende Krankheiten wie Adipositas, Diabetes, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Depressionen (24-26). Eine Zufuhr, die einen Anteil von über 30 % UPF an der Gesamtenergieaufnahme (TEI) aufweist, ist mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer chronischen Nierenkrankheit assoziiert (Abb. 2, (27)). 

Hochverarbeitete Lebensmittel und Nierengesundheit

Ob hochverarbeitete Lebensmittel das Fortschreiten einer chronischen Niereninsuffizienz begünstigen, wurde auch in der CRIC-Studie (Chronic Renal Insufficiency Cohort Study) untersucht. Dabei fand sich ein um 33 % höheres Risiko für eine Progression der Nierenerkrankungen bei Patienten mit einem höheren UPF-Konsum über alle Stadien der Nierenerkrankung. Jeder weitere Verzehr eines hochverarbeiteten Lebensmittels erhöhte das Progressionsrisiko um 3 %. Der Zusammenhang bestand nicht mehr bei Berücksichtigung der Nierenfunktion im Ausgangszustand (eGFR, Proteinurie). Bei Patienten mit CKD 3-5a gab es keine Assoziation zwischen dem Verzehr von UPF und dem Fortschreiten der CKD. In den Stadien 1 und 2 war diese Assoziation vorhanden (28). Dieses überraschende Ergebnis führte zu der Hypothese, dass Personen mit stärker eingeschränkter Nierenfunktion den Verzehr von UPF einschränken, um weitere Probleme wie Hyperphosphatämie zu vermeiden. Eine parallele paradoxe Assoziation wurde in ähnlicher Weise für inzidenten Diabetes und den Verzehr von UPF erklärt: Personen mit einem höheren Diabetesrisiko vermieden den Verzehr von hochverarbeiteten Süßwaren (29). 

Chronisch nierenkranke Menschen, die eine eiweißreduzierte Diät einhalten, könnten bei einer pflanzenbasierten Ernährung vermehrt zu pflanzlichen Milchprodukten oder veganen Alternativen zu Wurst und Käse greifen. Der oft geringere Proteinanteil darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei diesen Produkten in den meisten Fällen um stark verarbeitete Lebensmittel handelt.

Avesiani et al. stellen die Hypothese auf, dass eine Begrenzung der UPF-Aufnahme die Entwicklung von CKD verhindern kann. Zu den möglichen Erklärungen für diese Zusammenhänge gehören unter anderem die Auswirkungen einer natriumreichen Ernährung auf das renale und vaskuläre System und die Erhöhung des oxidativen Stresses, unabhängig von Veränderungen des Blutdrucks (27, 30, 31). 

Auch Glykationsendprodukte (AGEs) können Einfluss auf die Nierenfunktion nehmen. Sie werden hauptsächlich renal eliminiert, bei einem Überschuss können strukturelle Schäden an den Nieren entstehen (32). 

Es wird zwischen endogen und exogen gebildeten AGEs unterschieden. 

Ein erhöhter Blutzucker führt zu einer verstärkten endogenen Bildung, wodurch sich die Konzentrationen im Serum erhöhen.

Fleisch, Wurst, Schinken, aber auch Käse enthalten viel AGEs. Vor allem durch Grillen, Braten, Frittieren sowie langes Kochen kann der AGE-Gehalt um ein Vielfaches erhöht werden. Allgemein sind Lebensmittel AGE-reicher, die viele gesättigte Fettsäuren enthalten.

In einer randomisierten Crossover-Studie mit 10 gesunden Probanden erfolgte an jeweils einem Tag eine proteinreiche Diät mit einem niedrigem (10 gekochte große Hühnereier) und einem hohem AGE-Gehalt (industriell gebratene Chicken Nuggets). In dieser kurzfristigen Studie zeigte sich, dass die Nierendurchblutung und der Sauerstoffverbrauch nach der Diät mit hohem AGE-Gehalt deutlich zunahm (33). 

Die Datenlage zur Zufuhr von UPF bei Patienten mit CKD ist bislang gering

In einer Untersuchung konnte festgestellt werden, dass ältere Hämodialysepatienten (> 60 Jahre) eine höhere Zufuhr an hochverarbeiteten Lebensmitteln (TEI) aufwiesen als ältere Personen ohne Nierenerkrankung. Dabei konnte eine signifikant höhere UPF-Aufnahme am Dialysetag im Vergleich zum Wochenende und zu Nicht-Dialysetagen beobachtet werden. Die längere Abwesenheit vom Wohnort könnte eine Ursache dafür sein, dass vermehrt zu Fertigprodukten gegriffen wird. Zudem wies die Gruppe der Nierenkranken eine geringere Ernährungsqualität im Vergleich zur Kontrollgruppe auf (34). 

Advanced Glycation End Produkts (AGEs)

Bei Kontakt mit Zucker werden Proteine oder Lipide glykiert und dadurch für den Körper unbrauchbar. Bei dem als Maillard-Reaktion bezeichneten Prozess werden unter Einwirkung von Hitze Verbindungen gebildet, die eine braune Farbe annehmen.

In einer Gruppe von Patienten mit stabiler Transplantatfunktion wurde festgestellt, dass der durchschnittliche UPF-Konsum 28 % des Gesamtlebensmittelgewichts/Tag entsprach. Bei Patienten und Patientinnen, die mehr hochverarbeitete Lebensmittel konsumierten, war die Einhaltung einer pflanzenbasierten Ernährung geringer. Ein UPF-Konsum war mit einem zweifach erhöhten Sterberisiko verbunden (35).

Hochverarbeitete Lebensmittel können neben einer Verschlechterung von Blutdruck und Blutzucker, dem Auftreten von Obstipation, Hyperkaliämie und Hyperphosphatämie auch zu Dysbiose und metabolischer Azidose beitragen (Abb. 2). Phosphat- und Kaliumzusätze werden im Vergleich zu natürlichem Kalium und Phosphat nahezu vollständig resorbiert (36). Der Phosphor- und Kaliumgehalt in Lebensmitteln mit Zusatzstoffen ist um ≈ 70-100 % höher als in vergleichbaren Lebensmitteln ohne Zusatzstoffe (37-39).

Der hohe Anteil tierischer Nahrungsbestandteile und der zunehmende Verzehr stark verarbeiteter Lebensmittel in der westlichen Welt gehen mit einer höheren Säurebelastung einher als bei einer basenbildenden pflanzlichen Ernährung. Ein hoher Anteil an UPF in der Nahrung, insbesondere an verarbeitetem Fleisch, kann die Säureretention bei chronischen Nierenerkrankungen erhöhen. Phosphathaltige Zusatzstoffe sind ebenfalls eine Säurequelle (40).

Das urämische Milieu im Darm kann zu einer Dysbiose führen. In Kombination mit einer geringen Ballaststoffaufnahme ist die Produktion urämischer Toxine wie p-Cresyl-Sulfat, Indoxylsulfat und Trimethylamin-N-oxid im Darm erhöht (41-43). Die Translokation der Endotoxine aktiviert die Immunzellen im Darm und erhöht die Inflammation.

Fazit

Der Verzehr hochverarbeiteter Lebensmittel mindert die Ernährungsqualität, begünstigt ernährungsbedingte Krankheiten und beeinflusst die Entstehung und Entwicklung von Nierenerkrankungen. Eine pflanzenbetonte Ernährung und die Reduktion von hochverarbeiteten Lebensmitteln sollte ein fester Bestandteil der Ernährungstherapie bei chronisch nierenkranken Menschen sein.

Literatur bei der Autorin.

Dieser Beitrag ist ursprünglich erschienen in: Nierenarzt/Nierenärztin 6/2024

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