Kryptogene Pneumopathie imitiert akute Infektionen

Friederike Klein

Aufgrund der häufig auftretenden grippeähnlichen Symptomen wird die COP nicht gleich erkannt. Aufgrund der häufig auftretenden grippeähnlichen Symptomen wird die COP nicht gleich erkannt. © Lin D, Geiser T. internistische praxis 2020; 62: 11-18; © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach

Trockener Husten, Dyspnoe, Fieber: Das schreit fast nach COVID-19 oder wenigstens der Grippe. Aber manchmal lässt sich gar keine rechte Ursache für die Symptome finden, das Ganze heißt dann kryptogen organisierende Pneumopathie.

Der Begriff der organisierenden Pneumopathie (OP) beruht auf einem histopathologischen Muster, das Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckt wurde. Pathognomonisch ist im Verlauf die Bildung intraalveolärer polypoider, zwiebelschaliger Strukturen aus Granulationsgewebe mit inflam­matorischen Zellen, den sogenannten Masson-Körpern. Die Alveolarwände zeigen nur leichte Anzeichen einer Entzündung, die Lungenarchitektur bleibt zumindest im Akut- und Subakutstadium erhalten.

Etwa die Hälfte der Betroffenen leidet zunächst unter grippeähnlichen Symptomen (s. Tabelle). Häufig beginnen diese subakut über Wochen. Klinisch kann bei drei Viertel der Patienten ein Knisterrasseln bestehen, ein Viertel hat aber einen unauffälligen pulmonalen Befund, berichten Dr. Dagmar Lin und Professor Dr. Thomas Geiser von der Universitätsklinik für Pneumologie am Inselspital Bern.

Symptome bei Patienten mit organisierender Pneumopathie
SymptomHäufigkeit
trockener Husten 72 %
Dyspnoe66 %
Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust > 4,5 kg57 %
Fieber51 %
allgemeines Krankheitsgefühl 48 %
Hämoptysen, Nachtschweiß, Thoraxschmerzen, Pneumothorax und/oder Pneumomediastinumselten

In den meisten Fällen findet sich trotz intensiver Abklärung keine Ursache – man spricht dann von der kryptogenen organisierenden Pneumopathie (COP). Die genaue Inzidenz der COP kennt man nicht, laut einer isländischen Studie liegt sie bei 1/100 000. Am häufigsten erkranken Menschen zwischem dem 50. und 60. Lebensjahr, bevorzugt Frauen und eher Nicht-/ Ex-Raucher.

Sekundäre Formen können nach Infektionen, medikamentenbedingt (z.B. Amiodaron, Methotrexat, Bleo­mycin), im Zusammenhang mit Bindegewebserkrankungen, entzündlichen Darmerkrankungen, Leukämien, Lymphomen oder einem Lungenkarzinom sowie nach thorakaler Bestrahlung insbesondere beim Mammakarzinom auftreten.

Drei Schlüsselkriterien führen zur Diagnose

Der Verlauf zeigt vier nicht immer strikt voneinander zu trennende Stadien (s. Kasten).

Vier pathogenetische Stadien der COP

  • Frühstadium (Verletzungsphase): Plasmaproteine werden ins Alveolarvolumen ausgeschwemmt. Es kommt zum Ungleichgewicht der Koagulations- und fibrinolytischen Kaskaden zugunsten der Koagulation, außerdem zu Fibrinablagerungen mit Einwanderung von inflam­matorischen Zellen. Als Auslöser vermutet man Mikroverletzungen des alveolaren Epithels und der Basalmembran, assoziiert mit ­kapillären endothelialen Verletzungen.
  • Proliferationsstadium: Aktivierte Fibroblasten proliferieren und differenzieren sich zu Myofibroblasten. Diese bilden Zellnester in den distalen Atemwegen und ersetzen die inflammatorischen Zellen sowie das Fibrin immer mehr.
  • Reifungsstadium: Es zeigt sich eine fibrotische Proliferation aus Myofibroblasten, die sich abwechselnd in konzentrischen Ringen und Schichten aus Kollagenbündeln anordnen.
  • Resolutionsstadium: Ist die alveoläre Basalmembran intakt geblieben, heilen die Verände­rungen ohne relevante Spät­folgen ab.

Die COP wird wegen des initial subakuten Verlaufs häufig mit einer Verzögerung von sechs bis zwölf Wochen diagnostiziert. Zur Diagnose gehören drei Schlüsselkriterien:
  • typische klinisch-radiologische Präsentation mit multiplen fleckförmigen, oft wandernden, bilateral peripheren Konsolidierungen. Sie können ein bis zwei Zentimeter groß sein oder auch den ganzen Lobus erfassen,
  • charakteristische histopatho­logische Befunde einer organisierenden Pneumopathie mit Masson-Körpern in den distalen (kleinen) Atemwegen und geringer interstitieller Entzündungsreaktion,
  • das Fehlen von histopathologischen Befunden, die auf eine ­andere Erkrankung hindeuten – die COP ist eine Ausschlussdia­gnose!
In der Lungenfunktionsprüfung sieht man häufig unspezifische, höchstens moderate Ventilationsstörungen mit eingeschränkter CO2-Diffusionskapazität. Unverhältnismäßig ausgeprägte Hypoxämien können auf einen Shunt in der konsolidierten Lunge hinweisen. Eine Hypoxämie tritt auch häufig bei der Belastung im 6-Minuten-Gehtest auf. Im Labor sind die Entzündungsparameter unspezifisch erhöht, Blut­eosinophilie und Autoantikörper fehlen in der Regel. Zum Standard gehört die invasive Diagnostik mit Biopsie. Lassen Komorbiditäten dies nicht zu, müssen ggfs. die typischen radio­logischen Befunde reichen. Bei Unklarheit empfehlen die Autoren eine multidisziplinäre Diskussion mit Pneumologen, Radiologen und Pathologen, die häufig an Zentren für interstitielle Lungenkrankheiten angeboten wird.

Komplettremission bei zwei von drei Patienten

Die Prognose der zu den idiopathischen interstitiellen Pneumopathien gehörenden COP ist bei früher Dia­gnose und Behandlung gut. Spon­tanremissionen werden ebenfalls häufig berichtet. Zwei von drei Patienten zeigen unter Kortikosteroid-Therapie eine komplette klinische, radiologische und histologische Remission, während bei einem Drittel Beschwerden persistieren. Als Dosierung nennen die Pneumologen eine Steroid-Startdosis von 0,75 bis 1 mg/kg/d für 4 Wochen, dann 0,5 mg/kg/d über 4 Wochen, 20 mg/d über weitere 4 Wochen und danach ein Ausschleichen des Steroids über mindestens 6 Monate. Rezidive treten häufig und besonders nach Therapieende oder bei Steroiddosen von unter 20 mg/d auf. Auch ein verzögerter Behandlungsbeginn, eine leichte Cholestase und eine schwere Hypoxämie gelten als Risikofaktoren für ein Rezidiv. Für diese Fälle empfehlen die Autoren die erneute Gabe der Steroide für zwölf Wochen (20 mg/d) und dann ein Ausschleichen über sechs Monate. Selten persistiert die COP, sodass zusätzlich zu den Kortikosteroiden weitere Immunsuppressiva eingesetzt werden müssen. Tolerieren Patienten die Steroide nicht oder leiden sie unter häufigen Rezidiven, belegen Fallbeispiele in der Literatur, dass auch Makrolide helfen. Nach initialer Besserung der COP sollte man den Verlauf alle zwei bis drei Monate bis zur Normalisierung der pathologischen Veränderungen überwachen. Eine konventionelle radiologische Kontrolle wird in der Literatur bis ein Jahr nach Absetzen der Steroide empfohlen.

Quelle Text und Abb.: Lin D, Geiser T. internistische praxis 2020; 62: 11-18; © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Aufgrund der häufig auftretenden grippeähnlichen Symptomen wird die COP nicht gleich erkannt. Aufgrund der häufig auftretenden grippeähnlichen Symptomen wird die COP nicht gleich erkannt. © Lin D, Geiser T. internistische praxis 2020; 62: 11-18; © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach