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Leberzirrhose? Kein irreversibles Endstadium
Ausgelöst durch chronische Schädigung setzt ein zirrhotischer Umbau der Leber ein. Letztlich handelt es sich dabei um einen Wundheilungsprozess mit Fibrose, Angiogenese und Leberzellregeneration. Diese Prozesse führen schließlich dazu, dass der Blutflusswiderstand steigt und eine portale Hypertonie entsteht. Deren Ausmaß gilt als wichtiger „prognostischer Wendepunkt“, so Dr. Seraina von Moos und Professor Dr. Beat Müllhaupt von Universitätsspital Zürich.
Die häufigste Ursache einer Leberzirrhose ist chronischer Alkoholkonsum – gefolgt von Hepatitis B, Hepatitis C und nicht-alkoholischer Fettleber (NAFLD). Daneben gibt es seltene immunologische und hereditäre Krankheitsursachen, z.B. primär biliäre Zirrhose, primär sklerosierende Cholangitis, Hämochromatose oder M. Wilson.
Leberbiopsie Diagnose-Standard
Als diagnostischer Goldstandard zum Nachweis einer Zirrhose gilt die Leberbiopsie. Die sonographische Messung der Lebersteifigkeit (LS) mithilfe des Fibroscans hat zudem einen hohen Stellenwert. Eine niederfrequente Impulswelle breitet sich je nach Fibrosegrad im Gewebe unterschiedlich schnell aus. Als Normalwert gilt eine LS von < 6 kPa, während eine Zirrhose mit Werten > 12 kPa assoziiert ist.
Im konventionellen Ultraschall, der meist zusammen mit dem Fibroscan erfolgt, bestätigen folgende Merkmale eine Zirrhose: kleine knotige Leberstruktur, unregelmäßige Oberfläche und erhöhte Echogenität. Gleichzeitig lassen sich sonographisch typische Komplikationen, z.B. Aszites, diagnostizieren bzw. kontrollieren. Eine zusätzliche Duplexsonographie kann zum Ausschluss (oder Nachweis) einer Pfortaderthrombose erforderlich sein. Je nach Fragestellung kommen zusätzlich CT oder MRT zum Einsatz.
MELD- und CHILD-Pugh-Scores zur Prognose
Klinisch wird die Zirrhose in vier Stadien eingeteilt, sie spiegeln auch die Prognose der Erkrankung wider (s. Tabelle). Die Stadien 1 und 2 gelten als kompensierte Leberzirrhose, die Stadien 3 und 4 hingegen als dekompensiert. Zur prognostischen Einschätzung gibt es verschiedene Scores. Während der CHILD-Pugh-Score vor allem die portale Hypertonie berücksichtigt, wird im MELD*-Score auch die Nierenfunktion mit einbezogen.
Im Frühstadium einer Leberzirrhose korreliert die Lebersteifigkeit noch gut mit der portalen Hypertonie. In fortgeschrittenen Krankheitsstadien verliert sich aber dieser Zusammenhang. Zwar geht eine SL von > 20 kPa mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Ösophagusvarizen einher, bei fortgeschrittener dekompensierter Zirrhose spiegeln jedoch Milzgröße und Thombozytopenie das Ausmaß der portalen Hypertension besser wider. Ist bereits ein Aszites nachweisbar, spricht dies immer für einen relevanten Pfortaderhochdruck.
Der MELD-Score |
Um die Mortalität bei fortgeschrittener Leberzirrhose abzuschätzen, wurde der MELD-Score entwickelt - MELD steht dabei für „Model for the End stage of Liver Disease“. Der Score erlaubt, unabhängig von der Ursache der Leberzirrhose die Prognose des Patienten zu kalkulieren. Entwickelt wurde der Vergleichswert von der UNOS, United Networks for Organ Sharing. Folgende Parameter gehen in die Berechnung ein: Serumkreatinin (in mg/dl), Gesamtbilirubin (mg/dl) und INR (international normalized ratio). Die Formel: 10 x (0,957 x ln(Serumkreatinin*) + 0,378 x ln(Bilirubin ges.) + 1,12 x ln(INR) + 0,643 Das Ergebnis wird auf ganze Zahlen zwischen 6 und 40 gerundet. Je höher der Wert, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit an der Lebererkrankung zu versterben. Ein MELD-Score von unter 8 Punkten geht mit einer Mortalität von 5,7 % einher. Bei mehr als 20 Punkten beträgt die Sterblichkeit hingegen 50 %, wie Studiendaten belegen. *Bei einer Dialysetherapie wird ein Kreatininwert von 4 eingesetzt |
Varizenblutung und HCC wichtigste Komplikationen
Eine wichtige und gefährliche Komplikation der Zirrhose ist die Ösophagusvarizenblutung. Die Krampfadern der Speiseröhre entstehen durch erhöhten Portalvenendruck, jeder zweite Zirrhosepatient ist betroffen. Um vorzubeugen, wird ein regelmäßiges Screening empfohlen. Patienten mit kompensierter Zirrhose sollten alle zwei bis drei Jahre zur Gastroskopie. Sind bereits Ösophagusvarizen bekannt, erfolgt dieser Check alle ein bis zwei Jahre und bei dekompensierter Leberzirrhose sind jährliche Kontrollen ratsam. Bei erhöhten Blutungsrisiken wird eine medikamentöse Prophylaxe empfohlen (s. Kasten).
Die zweitwichtigste Komplikation und gleichzeitig die häufigste Todesursache bei Zirrhose ist das hepatozelluläre Karzinom (HCC). Zwecks Früherkennung setzt man auf die Sonographie zum Nachweis von Knoten. Labordiagnostisch kommt die AFP-Messung in Betracht: Zum Ausschluss eines HCC haben niedrige Werte unter < 20 ng/ml eine hohe Sensitivität – allerdings mit niedriger Spezifität. Umgekehrt kann man bei hohen Werten > 200 ng/dl angesichts der hohen Spezifität recht sicher von einem HCC ausgehen, hier fehlt es aber an Sensitivität.
Steht die Entscheidung für oder gegen eine Lebertransplantation an, eignet sich der MELD-Score zur prognostischen Abschätzung. Bei Werten > 10 sollte der Patient in ein Spezialzentrum überwiesen werden, um die Indikation zur Transplantation zu prüfen.
*Model for the end stage of liver disease
Quelle: Seraina von Moos et al., Schweizerisches Medizin-Forum 2015; 15: 100–105
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