
Leitlinie Frühe Rheumatoide Arthritis - So geht's!
Zwei dicke Gelenke, wird schon nichts sein? Auch bei eher kleinen Befunden an eine rheumatoide Arthritis denken! Die frühe Diagnose und Therapie verbessert den Behandlungsverlauf.
Schon die Anamnese liefert oft entscheidende Hinweise auf eine rheumatoide Arthritis (RA). Am besten fragt man die Patienten immer genau, seit wann die Schwellungen (nicht nur die Schmerzen) bestehen und ob sie spontan oder nach Trauma oder Belastung aufgetreten sind.
Ausgeprägte Morgensteifigkeit durch Rheumatoide Arthritis
Für eine entzündliche Genese spricht eine ausgeprägte Morgensteifigkeit (> 1 Stunde), die im Gegensatz zur Arthrose nach Ruhepausen nicht wiederkehrt. Typisch für die RA ist ein symmetrischer Befall von Hand-, Fingergrund- und Fingermittelgelenken und/ oder Zehengrundgelenken.
Gerade in der Frühphase können aber auch mittlere und große Gelenke beteiligt sein. Außerdem klagen Patienten nicht selten über grippeähnliche Allgemeinsymptome (evtl. mit subfebrilen Temperaturen), heißt es in der Leitlinie „Management der frühen rheumatoiden Arthritis“.
Elastische Gelenkschwellung als weiterer Hinweis auf RA
Bei der körperlichen Untersuchung gilt es, auch an scheinbar nicht betroffenen Gelenken nach Erkrankungszeichen zu suchen und extraartikuläre Manifestationen (z.B. Rheumaknoten) auszuschließen. Charakteristisch für die RA ist eine weiche „elastische“ Gelenkschwellung (bedingt durch Erguss und/oder Synovitis), während man bei der Arthrose eine knochenharte Auftreibung tastet. Auch der sog. Querdruckschmerz (durch seitliches Zusammendrücken der Gelenke) spricht für die RA.
CCP-Antikörper spezifischer als RF
Labordiagnostisch plädieren die Leitlinien-Autoren dafür, bei jeder Gelenkschwellung die Entzündungsmarker (BSG und CRP), Blutbild, Leber- und Nierenwerte zu bestimmen, ggf. auch CK, LDH und Harnsäure (Gicht?). In der Regel findet man bei der rheumatoiden Arthritis eine gesteigerte Akute-Phase-Reaktion, ihr Fehlen macht die entzündliche Gelenkerkrankung unwahrscheinlich, schließt sie aber auch nicht aus.
Als spezifischere Labortests bieten sich Rheumafaktoren und Antikörper gegen cyklische citrullinierte Peptide (ACPA) an. Die Mehrzahl der Patienten mit früher rheumatoider Arthritis (ca. 55–85 %) ist für den IgM-Rheumafaktor positiv, allerdings findet man diesen in geringer Konzentration auch bei 5 % der Gesunden.
Antikörper gegen cyklisches Citrullin (CCP-AK) sind mit über 95 % wesentlich spezifischer als der Rheumafaktor (84–90 %) – bei vergleichbarer Sensitivität. Der Nachweis von CCP-Antikörpern kann der klinischen Manifestation um Jahre vorausgehen und spricht bei der frühen Arthritis für einen chronischen bzw. schweren, destruierenden Verlauf.
Neue RA-Leitlinie sieht Überweisung zum Rheumatologen vor
Die Diagnose der rheumatoiden Arthritis kann heute meist schon in den ersten Monaten gestellt werden, sie erfordert aber nach wie vor rheumatologische Erfahrung. Deshalb sieht die Leitlinie vor, dass alle Patienten, die länger als sechs Wochen mindestens zwei geschwollene Gelenke aufweisen, ohne dass eine andere Ursache (z.B. Trauma oder Gicht) besteht, unter RA-Verdacht dem Rheumatologen zu überweisen sind.
In schweren Fällen, wenn der Patient körperlich seinen Alltag nicht mehr bewältigen kann, sollte dieser Schritt bereits innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Bei Verlust der Gehfähigkeit oder schweren Allgemeinsymptomen (Anämie, Fieber, Vaskulitiszeichen) ist eine stationäre Aufnahme indiziert.Schwellung > 6 Wochen: Zum Rheumatologen!
Rheumatoide Arthritis: Kortikosteroide verfälschen Diagnose
Als Überbrückung bis zum Termin beim Facharzt empfehlen die Leitlinienautoren, den Patienten nach Bedarf mit nicht steroidalen Antirheumatika beziehungsweise Analgetika zu behandeln. Vom Einsatz von Kortikosteroiden raten sie dagegen ausdrücklich ab, denn diese Substanzen könnten die (Differenzial-) Diagnostik behindern.
Sobald klar ist, dass eine rheumatoide Arthritis vorliegt, sollte die Therapie mit krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARDs*) starten. Denn in der Frühphase schreiten die Gelenkdestruktionen nicht nur am schnellsten fort, sie lassen sich auch am wirksamsten aufhalten.
DMARDs senken die Mortalität bei rheumatoider Arthritis
Ohne eine solche Therapie entwickeln zwei Drittel der Patienten innerhalb von fünf Jahren schwere Funktionseinschränkungen. Außerdem können DMARDs die bei RA erhöhte Mortalität auf Normalniveau senken.
Den Therapieerfolg kontrolliert man am besten alle drei Monate mithilfe des Disease Activity Score (DAS28). Werte unter 2,6 sprechen für eine gute Kontrolle, solche über 3,2 für eine mangelhafte. Außerdem sollten auch Patienten mit nicht erosivem Verlauf regelmäßig geröntgt werden (nach sechs und zwölf Monaten, danach jährlich).
Methotrexat mit Folsäure verträglicher
Als primäres DMARD wird in der Regel Methotrexat (MTX) empfohlen, bei etwa 20–30 % der Patienten lässt sich allein damit eine Remission erreichen. Die Substanz zeigt nicht nur einen besonders schnellen Wirkeintritt, sondern auch das beste Nutzen-Risiko-Verhältnis unter den klassischen Basistherapeutika.
Hydroxychloroquin weist zwar eine geringere Toxizität auf, wirkt aber schwächer, Sulfasalazin ist fast so wirksam wie MTX, aber geringfügig toxischer, so die Autoren. Mit Folsäure (1 mg/Tag) bzw. Folinsäure (2,5 mg/Woche) kann die Rate an Therapieabbrüchen wegen erhöhter Leberwerte unter Methotrexat verringert werden.
RA-Therapie: Biologika wenn DMARDs versagen
Spricht ein Patient auf Methotrexat allein nicht genügend an, nimmt man in der Regel zunächst ein zweites DMARD hinzu. Biologika schneiden in der Monotherapie der frühen RA nicht besser ab als Methotrexat, in der Kombination mit MTX sind sie klassischen Basistherapeutika jedoch klar überlegen. Sie bieten sich deshalb als Kombipartner bei DMARD-Versagen an.
Rheumapatienten gründlich über Nebenwirkungen aufklären!
Rheumapatienten sollten immer gut über etwaige Nebenwirkungen aufgeklärt und entsprechend kontrolliert werden. Unter TNF-Inhibitoren zum Beispiel besteht ein leicht erhöhtes Infektionsrisiko – schwere Infektionen treten selten auf, können aber im Einzelfall lebensbedrohlich sein.
Unklar ist derzeit noch, ob auch Malignome unter Biologika vermehrt auftreten können, eine Metaanalyse kontrollierter Studien kam zu diesem Schluss, während sich in großen europäischen Registern keine Hinweise fanden.
In der Zeit, bis die Basistherapie greift, empfehlen die Leitlinien-Autoren, die Krankheitsaktivität mit oralen Glukokortikoiden zu unterdrücken. Führt man diese Therapie niedrig dosiert fort, lässt sich die radiologisch nachweisbare Gelenkzerstörung verzögern.
Steroid-Injektionen für widerspenstige Gelenke
Ab einer Dosis von 7,5 mg Prednisolon-Äquivalent und einer voraussichtlichen Therapiedauer von mindestens drei Monaten ist eine Osteoporoseprophylaxe mit Vitamin D angezeigt (ausreichende Kalziumzufuhr). Auch intraartikuläre Steroidinjektionen können die Latenzzeit der DMARDs überbrücken – oder bei Patienten mit allgemein guter Krankheitskontrolle einzelne widerspenstige Gelenke beruhigen.
Wenn Patienten gut auf die Basistherapie ansprechen, sollte man die NSAR-Dosis so weit wie möglich reduzieren (Ulkusprophylaxe ggf. mit Protonenpumpenhemmer). Bei Kontraindikationen gegen NSAR kann ggf. Paracetamol versucht werden, in Ausnahmefällen kommen auch Opioidanalgetika infrage
* Disease Modifying Anti-Rheumatic Drugs
Quelle: Leitlinien zur RA, www.dgrh.de/leitlinien.html
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