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Lichtblick für die schwindende Sehkraft

Für ein Update zur altersbedingten Makuladegeneration (AMD) sondierte ein internationales Ophthalmologenteam die aktuelle Datenlage. Eingang in ihren Literaturreview fanden 58 Arbeiten, von der Fallserie bis zur Metaanalyse. Ein Hauptrisikofaktor für die multifaktorielle Erkrankung ist, wie der Name sagt, das Lebensalter: In einer Metaanalyse traten bei Patienten zwischen 55 und 59 Jahren 0,3 Fälle pro 1.000 Personenjahre auf, bei 75- bis 79-Jährigen waren es 5,7 und im Alter ab 90 sogar 36,7. Etwa 70 % des AMD-Risikos ist genetisch bedingt, so Dr. Monika Fleckenstein von der University of Utah in Salt Lake City und Kollegen. Unter den vermeidbaren Gefahrenquellen dominiert das Rauchen.
Die Progression der AMD lässt sich möglicherweise mit einer gesunden Ernährung und Supplementen (Vitamine, Karotinoide, Spurenelemente) aufhalten. Eine populationsbasierte Kohortenstudie fand einen günstigen Effekt für eine Kost mit viel Gemüse (≥ 200 g/d), Obst (2x/d) und Fisch (2x/Woche). Auch regelmäßige körperliche Bewegung tut den Augen gut.
Probleme beim Fokussieren in schlechter Beleuchtung
Ein Frühzeichen der AMD sind Probleme bei Tätigkeiten in schlecht beleuchteter Umgebung. Viele Patienten klagen über eine verzerrte Sicht, gerade Linien nehmen sie als gekrümmt wahr. Der Visus ist oft deutlich verringert, die Sicht verschwommen und das Fokussieren beeinträchtigt.
Die verbliebene Sehschärfe lässt sich mit einer Visustabelle (z.B. ETDRS*) erfassen. Ein Verlust von ≥ 3 Linien (≥ 15 Buchstaben) wird als mittelschwer eingestuft, ≥ 6 Linien (≥ 30 Buchstaben) als schwer. In der Spaltlampenuntersuchung fallen extrazelluläre Ablagerungen (Drusen), Pigmentveränderungen und eine Atrophie des Pigmentepithels der Netzhaut auf. Auch Zeichen der Exsudation wie intra- und subretinale Flüssigkeit, Hämorrhagien und Fibrosen sind erkennbar. Die optische Kohärenztomografie ermöglicht eine dreidimensionale Darstellung okulärer Strukturen und wird häufig eingesetzt, um den Therapieerfolg zu kontrollieren. Auch mit der intravenösen Fluoreszenzangiografie lassen sich Gefäßneubildungen erkennen – allerdings um den Preis vermehrter allergischer Reaktionen.
Zur Therapie wurde in einer Studie mit 3.640 Teilnehmern eine Kombination von hoch dosierten antioxidativen Vitaminen und Spurenelementen untersucht. Nach fünf Jahren lag die Wahrscheinlichkeit für eine Progression zum Spätstadium in der Placebogruppe bei 28 %, mit Antioxidanzien plus Zink waren es nur 20 %. Die Autoren empfehlen die Supplementierung mit Vitaminen und Mineralien für Patienten, die sich bereits im intermediären oder fortgeschrittenen Stadium der altersbedingten Makuladegeneration befinden (mindestens in einem Auge). In der Frühphase ist das Progressionsrisiko mit 1,3 % nach fünf Jahren zu gering, um einen Effekt zu erzielen.
Die intravitreale Injektion eines VEGF**-Hemmers ist inzwischen Erstlinientherapie zur Behandlung und Stabilisierung von Patienten mit exsudativer neovaskulärer Makuladegeneration, auch feuchte AMD genannt. Das belegen drei größere randomisierte Phase-3-Studien mit Pegaptanib und Ranibizumab.
Starke Visusreduktion wird deutlich gebremst
Unter 0,5 mg Ranibizumab z.B. entwickelten 2,5 % der 716 eingeschlossenen Patienten innerhalb von 24 Monaten eine starke Visusreduktion, im Vergleich zu 22,7 % der Patienten mit Scheinbehandlung. Auch ein systematischer Review ergab einen positiven Effekt: Die Wahrscheinlichkeit, mindestens 15 Buchstaben mehr sehen zu können als vor der Therapie, war nach zwei Jahren Follow-up fast sechsmal höher als im Kontrollkollektiv.
Als Nebenwirkungen muss man bei den intravitrealen Injektionen mit Endophthalmitis, Netzhautablösung und traumatisch bedingten Linsenschäden rechnen. Diese treten aber nur selten auf, wie eine Übersicht mit 16 Arbeiten ergab.
Die zweite Form der Makuladegeneration, die trockene AMD, wird auch geografische Atrophie genannt. Typisch für das Spätstadium der Erkrankung sind sich vergrößernde konfluierende Areale mit einem Schwund von Photorezeptoren und Pigmentepithel. Auch bei dieser Erkrankung kommt es zu einem Nachlassen der Sehkraft und/oder zentralen Gesichtsfelddefekten. Der Befund verschlechtert sich im Gegensatz zur feuchten Variante eher langsam.
In den USA wurden 2023 mit Pegcetacoplan und Avacincaptad pegol zwei Wirkstoffe speziell für diese Variante der AMD zugelassen. Sie werden ebenfalls in den Glaskörper injiziert und inhibieren wichtige Schritte im Komplementsystem. Unter beiden Substanzen verminderte sich in Studien die Progression der Atrophie. Verglichen mit der Placebogruppe ergab sich jedoch kein signifikanter Vorteil für die Sehfunktion.
* Early Treatment Diabetic Retinopathy Study
** vascular endothelial growth factor
Quelle: Fleckenstein M et al. JAMA 2024; 331 (2): 147-157; DOI: 10.1001/jama.2023.26074
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