
Lysosomale Speicherkrankheiten frühzeitig diagnostizieren

Die Speicherkrankheiten Morbus Fabry und Morbus Gaucher sind nicht nur selten. Sie manifestieren sich auch mit den unterschiedlichsten Symptomen. Trotzdem müssen sie früh erkannt werden: Denn inzwischen können die fehlenden Enzyme ersetzt und dadurch die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessert werden.
Die Diagnose der beiden lysosomalen Speicherkrankheiten wird neben der variablen Symptomatik zusätzlich dadurch erschwert, dass sie sich in jedem Lebensalter manifestieren können, schreibt ein Team um Dr. Lucia Segura Schmitz von der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin der Unimedizin Mainz. Ein Beispiel ist ein Junge, der schon im Kindergartenalter auffällig müde und kraftlos war, mit acht Jahren an Kreislaufproblemen mit Überhitzung bei Anstrengung litt und im weiteren Verlauf brennende Schmerzen in den Handflächen, Tinnitus, abdominelle Schmerzen und Durchfall entwickelte. Erst im Alter von 13 Jahren wurde die Diagnose eines M. Fabry gestellt, von dem auch die Mutter betroffen war.
Beim M. Fabry handelt es sich um eine X-chromosomal vererbte multisystemische und progredient verlaufende Speichererkrankung. Durch den X-chromosomalen Erbgang sind überwiegend Männer betroffen, aber auch heterozygote Frauen können variable Symptome entwickeln. Zugrunde liegt eine Variante des GLA-Gens mit einem daraus resultierenden Enzymdefekt der α-Galaktosidase (AGAL). Dadurch werden Glykosphingolipide unzureichend metabolisiert und können sich in unterschiedlichem Ausmaß und mit den verschiedensten Symptomen in fast allen Organen ablagern (siehe Kasten). Wegweisend für die Diagnose ist die Bestimmung der AGAL-Aktivität in Leukozyten oder EDTA-Blut. Bei Männern mit Werten < 25 % muss von einem M. Fabry ausgegangen werden, betroffene Frauen können auch eine normale Aktivität aufweisen. Bestätigt wird die Diagnose molekulargenetisch.
Durch eine frühzeitige intravenöse Enzymersatztherapie (EET) kann die fortschreitende Organschädigung aufgehalten und die Lebenserwartung verlängert werden. Bei bestimmten Mutationen lässt sich die Enzymaktivität auch durch eine orale Chaperon-Therapie steigern.
Folgenschwere Speicherung
Beim Morbus Fabry drohen durch die Speicherung von Glycosphingolipiden in Organen und Geweben folgende Symptome:
- Niere: Albuminurie, Proteinurie, chronische Niereninsuffizienz
- Herz: Kardiomyopathie, kardiale Fibrose, Belastungsintoleranz, Herzinsuffizienz, Bradykardie, ventrikuläre Tachykardien, Vorhofflimmern, plötzlicher Herztod
- Verdauungssystem: Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Obstipation, Bauchschmerzen
- Peripheres Nervensystem: neuropathische Schmerzen, Schmerzkrisen, Wärme- und Kälteintoleranz, Hypohidrose, Schwindel, Tinnitus, Hörverlust
- ZNS: transitorisch ischämische Attacken (TIA), ischämische Hirninfarkte, Dolichoektasie, intrazerebrale Blutungen (selten), Leukenzephalopathie
- Augen: Cornea verticillata (pathognomonisch), Katarakt, Tortuositas vasorum
- Haut: Angiokeratome
- Lymphatisches System: Lymphödeme
- andere: milde faziale Dysmorphie
Beim M. Gaucher ist durch eine autosomal-rezessiv vererbte Variante des GBA1-Gens das lysosomale Enzym β-Glukozerebrosidase vermindert oder es fehlt sogar komplett. Dadurch akkumulieren Glukozerebroside wie z. B. Glukosylceramid vor allem in Makrophagen, die sich primär in Milz, Leber und Knochenmark nachweisen lassen.
Das klinische Bild ist geprägt von Splenomegalie, seltener Hepatomegalie, Fatigue und akuten oder chronischen Knochenschmerzen. Häufig besteht auch eine vermehrte Blutungsneigung und eine Anämie. Zudem drohen je nach Phänotyp auch neurologische Krankheitssymptome wie Epilepsien oder kognitive Defizite. Die Erkrankung kann sich schon perinatal bemerkbar machen oder erst im Erwachsenenalter – es gibt rasch tödliche und gänzlich asymptomatische Verläufe.
Die Diagnose erfolgt durch Nachweis einer reduzierten Aktivität der β-Glukozerebrosidase in Leukozyten und den molekulargenetischen Nachweis der Mutation. Eine gesteigerte Chitotriosidaseaktivität und erhöhte Konzentrationen von Lyso-Gb1 im Blut können wichtige Hinweise geben.
Auch für diese Erkrankung steht eine EET zur Verfügung, die alle zwei Wochen als Infusion verabreicht wird. Die Blut-Hirn-Schranke können die Enzyme aber nicht überwinden, sodass die neurologischen Symptome unbeeinflusst bleiben. Zusätzlich kann die Glukosylceramidsynthese durch die orale Gabe von Eliglustat gehemmt werden, was die Akkumulation vermindert.
Für beide Erkrankungen könnten bald neue Therapien zu Verfügung stehen. Orales Venglustat ist ZNS-gängig und kann die Synthese der Glykosphingolipide hemmen, die sich bei den Erkrankungen anreichern. Auch eine Gentherapie wird zurzeit in Studien untersucht.
Quelle: Segura Schmitz L, Hennermann JB, Lollert A „Lysosomale Speicherkrankheiten – Morbus Fabry und Morbus Gaucher“, Dtsch Med Wochenschr 2024; 149: 1263-1269; doi: 10.1055/a-2295-1592 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, New York
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