
Die Tücke des Morbus Fabry

Der Morbus Fabry ist eine x-chromosomal vererbte Speicherkrankheit, die auf dem Fehlen oder der verminderten Aktivität des Enzyms Alpha-Galaktosidase A (AGLA) beruht. Durch die nachfolgende Anreicherung von Sphingolipiden in soliden Organen, Neuronen und Blutgefäßen kommt es zu einer Vielzahl variabler Symptome, heißt es in der neuen interdisziplinären S1-Leitlinie unter Federführung von Prof. Dr. Nurcan Üçeyler, Neurologische Klinik am Universitätsklinikum Würzburg. Kardial manifestiert sich der M. Fabry meist als linksventrikuläre Hypertrophie oder intramyokardiale Fibrose, beides sind Prädiktoren für maligne ventrikuläre Arrhythmien. Weiterhin gehören zerebrale Ischämien zu den typischen Manifestationen. Als prognostisch besonders ungünstig hat sich eine Beteiligung der Nieren erwiesen.
Die Erkrankung verläuft progredient, d.h. die Anzahl der involvierten Organsysteme und der Schweregrad der Symptome nimmt mit dem Alter zu. Bei unbehandelten Patienten führen meist Herz-, Nieren- oder ZNS-Komplikationen zu einem vorzeitigen Tod. Je früher der M. Fabry diagnostiziert und behandelt wird, desto wirksamer lässt sich die Krankheitsprogression aufhalten und die Prognose verbessern.
Erste Auffälligkeiten zeigen sich meist im Kindesalter
Vor allem betroffene Männer zeigen das klassische Bild der Speicherkrankheit, Frauen erkranken in der Regel später und haben einen weniger schweren Verlauf. Auffällig werden Fabrypatienten meist als Kinder oder Heranwachsende mit typischen peripheren Schmerzen, gastrointestinalen Symptomen, Hitze- oder Kälteintoleranz oder Tinnitus. Zu den weiteren Zeichen der Erkrankung gehören asymptomatische Angiokeratome der Haut, Störungen der Schweißsekretion, Hörminderung oder vestibuläre Symptome. In vielen Fällen wird ein M. Fabry aber erst Jahre nach Auftreten der ersten Symptome erkannt. Dies ist besonders bei oligosymptomatischen Verläufen der Fall. Deshalb sollte bei jüngeren Menschen mit isoliertem Auftreten einer Nephropathie, linksventrikulärer Hypertrophie unklarer Genese oder einem ischämischen Schlaganfall ein M. Fabry ausgeschlossen werden.
Methode der Wahl, um bei Männern die Diagnose eines Morbus Fabry zu stellen, ist die Bestimmung der AGLA-Aktivität in Leukozyten. Liegt diese im Normalbereich, kann ein M. Fabry ausgeschlossen werden. Ansonsten muss die Diagnose durch Analyse der zugrunde liegenden Genvariante gesichert werden. Bei Frauen ist die molekulargenetische Diagnostik immer erforderlich, da die AGLA-Aktivität kaum etwas aussagt.
Ist die Erkrankung bestätigt, müssen alle möglicherweise betroffenen Organe – Nieren, Herz, ZNS, periphere Nerven, Gastrointestinaltrakt, Ohren und Augen – auf Vorliegen von fabrytypischen Veränderungen untersucht werden:
- Nieren: Serum-Kreatinin, eGFR, Proteinurie, Sonografie, 24-h-Blutdruck.
- Herz: EKG, Langzeit-EKG, Ergometrie, Echokardiografie, Kardio-MRT (insbesondere bei Frauen kann eine Kardiomyopathie kernspintomografisch durch ein diskretes late enhancement detektiert werden, auch wenn keine Hypertrophie besteht).
- ZNS, periphere Nerven: Doppler- und Duplexsonografie hirnversorgender Gefäße, kranielles MRT mit Angiografie, Elektroneurografie und Hautstanzbiopsie zur Bestimmung der intraepidermalen Nervenfaserdichte sowie quantitative sensorische Testung.
Die Organuntersuchungen sollten jährlich wiederholt werden, die neurologischen Tests alle 24 Monate (bei Vorliegen neurologischer Symptome auch häufiger). Als Biomarker für die Krankheitsprogression dient die jährlich Bestimmung von Lyso-Gb3 im Serum.
Wenn die Diagnose feststeht und klinische Symptome vorliegen, ist eine dauerhafte Enzymersatztherapie (ERT) angezeigt.
Das gilt für Männer, Frauen und Kinder gleichermaßen. Bei Trägern einer sicher pathogenen Genvariante kann eine ERT nach sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung auch schon eingeleitet werden, wenn noch keine Symptome bestehen, aber zusätzliche andere fabrytypische Befunde wie ein deutlich erhöhtes Lyso-Gb3 vorliegen. Ergänzend zur ERT müssen vorhandene Organbeteiligungen symptomatisch behandelt werden.
Die ERT kann das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen. Vor allem Nieren- und Herzfunktion sowie Lebensqualität bessern sich. Wenn die ersten 4–6 Behandlungen in der Klinik problemlos verlaufen sind, ist es möglich, die ERT als Heiminfusionstherapie fortzuführen. Die ERT wird auch während einer Dialysebehandlung fortgesetzt.
Für Patienten mit Missense-Genvarianten und noch erhaltener Enzymrestfunktion ist seit 2016 das Chaperon Migalastat zur oralen Therapie verfügbar, ein Analogon der terminalen Galaktose von Gb3. Chaperone sind chemische Verbindungen, die spezifisch und reversibel an pathologisch veränderte Proteine – in diesem Fall AGLA – binden und die korrekte Proteinfaltung unterstützen. Die Therapie mit Migalastat steigert die AGLA-Aktivität. Eingesetzt werden kann Migalastat ab einem Alter von zwölf Jahren bzw. ab einem Körpergewicht von 45 kg.
Migalastat wird in der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die keine sichere Kontrazeption betreiben, nicht empfohlen. Auch die Indikation für eine ERT muss bei Schwangeren sehr streng gestellt werden, schreiben die Leitlinienautoren. Generell sollten alle Patienten in einem interdisziplinären Fabry-Zentrum vorgestellt und dort einmal jährlich kontrolliert werden.
Quelle: „Interdisziplinäre Leitlinie für die Diagnose und Therapie des Morbus Fabry“, AWMF-Register-Nr. 030/134, www.awmf.org
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