Morbus Fabry - „Ein Jahr Therapie heißt ein Jahr längere Lebenszeit“

Dr. Anja Braunwarth

Prof. Dr.
 Christoph Kampmann, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsmedizin Mainz Prof. Dr.
 Christoph Kampmann, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsmedizin Mainz © wikipedia.org/Burlina et al. sowie MT-Archiv

Das Bewusstsein für den M. Fabry ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen und statt wie früher mehr als 20, vergehen heute im Schnitt weniger als zehn Jahre bis zur Diagse. Damit steigen die Chancen auf eine frühe Therapie.

Ein Interview mit Prof. Dr.
 Christoph Kampmann, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsmedizin Mainz.

Wie hoch ist die Inzidenz des ­ M. Fabry?

Prof. Kampmann: Die Inzidenz wird mit 1:40 000 angegeben. Neugeborenen-Screenings lassen allerdings auf viel höhere Raten schließen. Darunter finden sich dann aber viele Fälle varianter Mutationen, die nicht wie bei den klassischen das Vollbild der Krankheit entwickeln.

Welche Symptome sollten an einen M. Fabry denken lassen?

Prof. Kampmann: Zu den ersten Zeichen bei Jugendlichen gehören das sog. Fatigue-Syndrom mit früher und rascher Erschöpfung, unklare Schmerzen bei Fieber, insbesondere an den Händen und Füßen, sowie ein Wechsel von Durchfall und Obstipation. Bei männlichen Patienten sind die Symptome grundsätzlich stärker ausgeprägt. Diese Beschwerden lassen dann nach und werden gefolgt von den Symptomen der Organmanifestationen. So mit 20, 30 Jahren treten dann Veränderungen der Haut (Angiokeratome) deutlicher in den Vordergrund, durch die Nieren- und Gefäßbeteiligung kommt es zu (Lymph-)ödemen, Rhythmusstörungen, aufschäumenden Urin und Schlaganfällen.

Wie häufig ist die Herz-Beteiligung?

Prof. Kampmann: Die kardiale Beteiligung – übrigens die häufigste Todesursache bei den Patienten – trifft unbehandelt irgendwann praktisch jeden, die Rate liegt im Verlauf bei mehr als 90 %.

Wie sieht die Therapie aus?

Prof. Kampmann: Wir starten in der Regel mit ACE-Hemmern, um Niere und Gefäße zu schützen. Je nach Verlauf, vor allem der Nierenfunktion (GFR) und der Herzbeteiligung (hypertrophe Kardiomyopathie), fällt dann früher oder später die Entscheidung zur Enzymersatztherapie.

Was kann diese Ersatztherapie erreichen?

Prof. Kampmann: Sie kann die Progression deutlich verlangsamen. Wir wissen im Moment, dass damit eine Lebensverlängerung von etwa zehn Jahren einhergeht, das heißt zum jetzigen Zeitpunkt: Ein Jahr Therapie bringt ein Jahr mehr Leben.

Können sich bestehende Schäden darunter zurückbilden?

Prof. Kampmann: Eine hypertrophe Kardiomyopathie ohne Fibrose kann sich tatsächlich zurückbilden und die Niereninsuffizienz halten wir mit der Therapie sehr lange sehr stabil. Was den Einfluss auf Schlaganfälle angeht, haben wir noch keine aussagekräftigen Daten.

Welche Nebenwirkungen sind mit der Therapie verbunden?

Prof. Kampmann: Unter Agalsidase alfa (Replagal®) beobachten wir praktisch keine Nebenwirkungen. Das liegt daran, dass es sich um ein humanes, also kaum allergenes Eiweiß handelt und schon geringe Mengen – 0,2 mg/kgKG alle zwei Wochen über 40 Minuten infundiert – zur Therapie ausreichen.

Wer führt die Therapie durch?

Prof. Kampmann: Meist sind es die Nephrologen bzw. Dialysepraxen. Für Hausärzte ist es doch eher mühsam, die Kosten mit den Kassen immer durchzufechten. In einigen Fällen gibt es aber auch die Möglichkeit, die Infusionen zu Hause zu verabreichen, meist durch geschulte Schwestern, manchmal sogar durch Angehörige.

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Prof. Dr.
 Christoph Kampmann, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsmedizin Mainz Prof. Dr.
 Christoph Kampmann, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsmedizin Mainz © wikipedia.org/Burlina et al. sowie MT-Archiv
Eine Vortexkeratopathie (Cornea verticillata) bei einem Morbus-Fabry-Patienten in der Betrachtung mit einer Spaltlampe. Das beidseitig auftretende cremefarbene wirbelartige Muster beeinträchtigt nicht die Sehschärfe Eine Vortexkeratopathie (Cornea verticillata) bei einem Morbus-Fabry-Patienten in der Betrachtung mit einer Spaltlampe. Das beidseitig auftretende cremefarbene wirbelartige Muster beeinträchtigt nicht die Sehschärfe © wikipedia.org/Burlina et al.: Early diagnosis of peripheral nervous system involvement in Fabry disease and treatment of neuropathic pain: the report of an expert panel. In: BMC Neurology 2011