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Magenkarzinom - Präoperative Chemotherapie verbessert das Überleben
Rationale der präoperativen Chemotherapie beim Magenkarzinom ist zum einen, die Chance für eine R0-Resektion zu verbessern. „Der R-Status ist der entscheidende Prognosefaktor für das Langzeitüberleben“, unterstreicht Dr. Lordick, Klinikum Braunschweig. Zum anderen ein sog. Downstaging, eine Änderung der T- und N-Kategorie, zu erreichen. Die dritte Rationale ist die frühzeitige Attacke gegen hämatogene Mikrometastasen. Darüber hinaus kann In-vivo das Ansprechen des Tumors beobachtet werden – ein Aspekt, der an Bedeutung gewinnt.
Zur präoperativen Therapie des Magenkarzinoms wurden drei randomisierte Phase-III-Studien durchgeführt: die britische MAGIC-Studie (n = 503), die französische ACCORD-Studie (n = 224) und die überwiegend in Deutschland rekrutierte EORTC-40954-Studie (n = 144).
MAGIC, ACCORD und EORTC: Kein einheitliches Patientenkollektiv
Das Magenkarzinom, so Dr. Lordick, hat sich gewandelt. In allen Zentren, auch in Deutschland, werden mehr Patienten mit Karzinomen des gastroösophagealen Übergangs behandelt, während die Inzidenz des klassischen Magenkarzinoms im Trend eher abgenommen hat. „Wenn wir über die präoperative Therapie des Magenkarzinoms sprechen, können wir dies nicht tun, ohne Karzinome des gastroösophagealen Übergangs miteinzubeziehen.“
In der britischen MAGIC-Studie wurden überwiegend Patienten mit klassischem Magenkarzinom behandelt, nur ein kleiner Anteil der Patienten hatte ein gastroösophageales Übergangskarzinom. In der französischen ACCORD-Studie war es genau umgekehrt. Die deutsch-europäische EORTC-Studie hingegen hatte einen ziemlich ausgeglichenen Anteil an Patienten mit klassischen Magen- und Übergangskarzinomen, berichtet Dr. Lordick. In der britischen und französischen Studie wurde eine prä- und eine postoperative Chemotherapie durchgeführt, in der EORTC-Studie lag das Gewicht ganz auf der präoperativen Therapie über zwölf Wochen. Nach sechs Therapiewochen fand ein Zwischenstaging statt. Die britische und die französische Studie zeigten ein signifikant verbessertes Gesamtüberleben für die Patienten mit präoperativer Chemotherapie: In der MAGIC-Studie 13 % absolut nach fünf Jahren, in der ACCORD-Studie 14 % absolut nach vier Jahren.
EORTC-Studie zum Magenkarzinom abgebrochen
In der EORTC-Studie ergab sich kein signifikanter Unterschied, sondern nur ein Trend. Dies war auch die kleinste Studie. Sie rekrutierte nicht optimal und wurde nach einem Drittel der rekrutierten Patienten abgebrochen. Ursprünglich geplant waren 360 Patienten. Ausgewertet wurden die Daten von knapp über 100 Patienten, so Dr. Lordick, und: „Die Studie kann hinsichtlich ihres primären Endpunktes nur mit Einschränkung bewertet und interpretiert werden.“ Der primäre Endpunkt war eine Verbesserung des Gesamtüberlebens durch präoperative Chemotherapie plus Chirurgie.
Anzahl der Lokalrezidive wurde nicht verringert
In zwei von drei Studien fand sich eine signifikante Steigerung der R0-Resektionsrate, die allerdings nicht die Anzahl der Lokalrezidive verringerte. Genau Daten liegen hierzu aus der ACCORD-Studie vor: 12 % Rezidive in der Gruppe mit präoperativer Chemotherapie, 8 % nach alleiniger Chirurgie. Aus dieser Studie geht aber auch hervor, dass deutlich weniger Patienten nach präoperativer Chemotherapie Fernmetastasen entwickeln: 30 vs. 38 %. „Mit aller Vorsicht könnte man daraus folgern, dass der Haupteffekt der präoperativen Chemotherapie die Verhinderung von Fernmetastasen und ein früher Angriff gegen die hämatologischen Mikrometastasen ist“, so Dr. Lordick.
Die drei Studien haben gravierende Unterschiede. So war im Studienprotokoll der ACCORD- und EORTC-Studie klar festgelegt worden, wie eine R0-Resektion klassifiziert werden sollte. Die MAGIC-Studie gibt hier eher Rätsel auf. Sie wurde zwar im „New England Journal“ veröffentlicht, doch in der Publikation werden die Festlegung des R-Status und die Qualität der histopathologischen Aufarbeitung kaum erwähnt. „Wir haben alle den Eindruck, auch aus der Kommunikation mit britischen Kollegen, dass auf die Gewichtung und die genaue Festlegung des R-Status kein ausreichendes Augenmerk gelegt wurde“, berichtet Dr. Lordick.
D2-Lymphadenektomie nur in der EORTC-Studie
Ein weiterer wichtiger Unterschied: In der EORTC-Studie wurde eine D2-Lymphadenektomie durchgeführt, während in den beiden anderen Studien eher eine D1-Lymphadenektomie erfolgte.
In der britischen und französischen Studie konnte die präoperative Chemotherapie in 86 % bzw. 89 % der Fälle appliziert werden, die postoperative Chemotherapie lediglich in 55 % bzw. 51 % der Fälle. In der EORTC-Studie erhielten nur 62 % der Patienten das gesamte prä-
operative Programm – „zwölf Wochen Chemotherapie wurden im gelebten Alltag in Einzelfällen als viel empfunden“, sagt Dr. Lordick.
Hat das Zwischenstaging einige Magenkrebs-Patienten verschreckt?
Auch das geplante Zwischenstaging könnte einige Patienten demotiviert haben, wenn der Tumor nicht gut auf die Therapie angesprochen hatte. Dokumentierte Gründe für den Therapieabbruch in dieser Studie waren Tumorprogression in 6 %, Toxizität in 12 %, Patientenentscheidung in 7 % und andere Gründe in 10 % der Fälle. Die sog. Drop-out-Rate von Patienten für die Chirurgie ist nach präoperativer Chemotherapie gering. In allen Studien wurde in den beiden Therapiearmen eine nahezu gleiche Anzahl von Patienten reseziert.
Das neue Konzept der präoperativen Chemotherapie beim lokal fortgeschrittenen Magenkarzinom verbessert die Prognose der Patienten: Steigerung der R0-Resektionsrate zwischen 3 und 15 %, Verbesserung des Gesamtüberlebens mit einer relativen Risikoreduktion von 16 bis 31 %, betont Dr. Lordick, und: „Die Evidenzlage für die präoperative Chemotherapie ist gut.“
29. Deutscher Krebskongress, Berlin
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