Mangelernährung rechtzeitig erkennen und gezielt gegensteuern

Dr. Andrea Wülker

Die Konsequenzen einer Mangelernährung sind nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Gesellschaft erheblich. Die Konsequenzen einer Mangelernährung sind nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Gesellschaft erheblich. © freshidea – stock.adobe.com

Ursächlich für Malnutrition können sowohl die unzureichende Aufnahme von Nahrung sein als auch Schwierigkeiten bei der Verwertung. In der Konsequenz geht Organ- und Muskelmasse verloren, körperliche und mentale Funktionen sind beeinträchtigt, die Prognose verschlechtert sich. Was lässt sich dagegen tun?

Neben der zu geringen Zufuhr von Nahrung und damit Energie kann auch die Unfähigkeit des Körpers, die Nahrung zu verarbeiten, zur Malnutrition führen. Als Beispiele hierfür nennen Dr. Tommy Cederholm von der Universität Uppsala und Dr. Ingvar Bosaeus von der Universität Göteborg das Kurzdarmsyndrom und die Dysphagie nach Schlaganfall. Eine weitere mögliche Ursache ist die entzündungsbedingte Anorexie mit Gewebekatabolismus, wie sie bei Infektionen, Malignomen oder terminaler Organerkrankung vorkommt. Darüber hinaus kann Mangelernährung auch ohne Grunderkrankung auftreten.

Infektanfälligkeit steigt, Depressionen nehmen zu

Zu den wichtigsten Komplikationen der krankheitsassoziierten Malnutrition zählt die Sarkopenie. In der Folge nimmt die Mobilität ab, Stürze und Knochenbrüche treten häufiger auf. Ältere Menschen lässt der Muskelschwund zunehmend gebrechlicher werden. Zudem führt eine Mangelernährung bereits in frühen Stadien zu einer Immunschwäche mit Infektanfälligkeit. Auch Depressionen werden begünstigt.

Die Konsequenzen sind nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Gesellschaft erheblich, schreibt das Autorenduo. Es weist darauf hin, dass innerhalb von 24 bis 48 Stunden nach Aufnahme in ein Krankenhaus oder eine Pflegeeinrichtung ein Screening auf Malnutrition empfohlen wird. Im stationären Setting kann z. B. das Nutritional Risk Screening eingesetzt werden. Mithilfe des Mini Nutritional Assessment-Shortform lässt sich das Risiko einer Mangelernährung bei älteren Menschen einschätzen.

Im Jahr 2019 veröffentlichten Experten verschiedener Fachgesellschaften die sogenannten GLIM*-Kriterien, um die Diagnostik der Mangelernährung international zu standardisieren. Im ersten Schritt werden gefährdete Personen identifiziert. Anschließend wird die Diagnose Mangelernährung bestätigt oder verworfen. Zu den GLIM-Kriterien zählen Gewichtsverlust, niedriger BMI, geringe Muskelmasse, hohe Krankheitslast (Vorliegen einer Inflammation) sowie verminderte Zufuhr bzw. Aufnahme von Nahrung.

Proteinreiche Trinknahrung verringert Sterblichkeit

Mangelernährte Menschen sollten eine individuelle Ernährungsberatung durch eine Fachkraft sowie eine orale, enterale oder parenterale Ernährung erhalten, je nach Situation. In Abhängigkeit von der Mobilität und dem Gesundheitszustand werden täglich 20–30 kcal und 0,8–1,5 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht benötigt. Studien belegen die positiven Effekte von oralen Nahrungssupplementen. So ergab z. B. die NOURISH-Studie mit 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, dass proteinreiche Trinknahrung mit Vitamin D plus Hydroxymethylbutyrat über drei Monate die Mortalität fast halbieren konnte.

Bei der enteralen Ernährung wird die Nahrung über eine transnasale oder perkutane Sonde in den Magen oder in den proximalen Dünndarm verabreicht. Eine parenterale Ernährung über einen peripheren oder zentralvenösen Katheter ist angezeigt, wenn über den Magen-Darm-Trakt keine ausreichende Absorption von Nährstoffen und Flüssigkeit möglich ist.

* Global Leadership Initiative on Malnutrition

Quelle: Cederholm T, Bosaeus I. N Engl J Med 2024; 391: 155-165; DOI: 10.1056/NEJMra2212159

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