Mediastinitis: Sternotomie ist Ursache Nummer 1

Maria Weiß

Nach einer Sternotomie entwickeln bis zu 5 % der Patienten eine Mediastinitis. Nach einer Sternotomie entwickeln bis zu 5 % der Patienten eine Mediastinitis. © iStock/miralex

Rückt das Mediastinum ins klinische Interesse, läuten in der Regel die Alarmglocken. Denn wird eine dort schwelende Infektion nicht umgehend behandelt, droht dem betroffenen Patienten Lebensgefahr. Eine der wichtigsten Ursachen: die Sternotomie.

Eine akute Mediastinitis kann sich über Stunden, Tage, manchmal aber auch über mehrere Wochen entwickeln, was u.a. nach Durchtrennung des Brustbeins der Fall sein kann. Die chronische fibrosierende Form entsteht dagegen meist langsam über mehrere Jahre, erläutern Dr. Camélia Voinea von der Abteilung für Pneumologie am schweizerischen Hôpital de Rolle und Kollegen.

Mediastinitis nach Sternotomie

Am häufigsten ist die akute Media­stinitis infolge einer Sternotomie. Trotz verbesserter Prävention – z.B. durch Dekolonisierung von MRSA-Trägern, Antibiotikaprophylaxe, guter Blutzuckerkontrolle, sorgfältiger Hautdesinfektion und adäquater OP-Technik – tritt die Komplikation bei bis zu 5 % der operierten Patienten auf. Wichtige klinische Hinweise, dass postoperativ etwas im Argen ist, sind Wundsekretion und entzündliche Veränderungen im Sternotomiebereich, ein instabiles Brustbein und die Krepitation der Haut bei Palpation. In der Regel fiebert der Patient, seine Entzündungswerte sind erhöht und er kann einen septischen Schock entwickeln.

Besteht ein entsprechender Verdacht, muss chirurgisch eine Probe entnommen werden. In 40–60 % der Fälle lassen sich Staphylokokken, in bis zu 25 % gramnegative Bakterien nachweisen. Infektionen mit Candida sind seltener (5 %), verlaufen aber schwerer und oft tödlich. In 5–10% findet man gar keine Keime.

Bildgebendes Verfahren der Wahl ist die CT, sie erlaubt viel genauere Aussagen über Flüssigkeitsansammlungen im Mediastinum und über angrenzende Strukturen als das Throraxröntgen. Zudem erleichtert sie, die passende Stelle für eine Probeentnahme oder eine kurative Aspiration zu ermitteln. Cave: In den ersten zwei Wochen nach der Sternotomie liegt die Spezifität der CT bei symptomatischen Patienten ohne Eiterungen im OP-Bereich nur bei 33 %. Erst dananch steigt sie langsam auf 100 % an.

Die Therapie stützt sich auf die Chirurgie (u.a. Drainage, Débridement, Defektdeckung) und die Gabe eines Breitspektrumantibiotikums i.v. Letztlich sterben aber bis zu 14 % der Mediastinitispatienten nach der OP.

Was die Mediastinitis-Gefahr nach Sternotomie erhöht

  • hohes Alter
  • weibliches Geschlecht
  • Tabakkonsum
  • Diabetes mellitus
  • Adipositas
  • Herzinsuffizienz
  • arterielle Verschlusskrankheit
  • Dialyse
  • Notoperation
  • Verwendung beider Aa. thoracicae inernae
  • lange OP-Dauer
  • Dauer der Aortenabklemmung
  • Reinterventionen
  • postoperative Ateminsuffizienz
  • langer Aufenthalt auf Intensivstation

Mediastinitis nach Ösophagus-Perforation

Die Ösophagusperforation ist die zweithäufigste Ursache der akuten Mediastinitis. Sie kann entweder iatrogen, durch Stich- und Schussverletzungen oder Verschlucken von Fremdkörpern entstehen. Manifestiert sie sich spontan, spricht man vom Boerhaave-Syndrom. Durch die Perforation kommt es zur Verunreinigung des Mediastinalraums mit Speichel und/oder Mageninhalt. Innerhalb von 8–12 Stunden droht eine bakterielle Superinfektion. Startet man mit der Therapie innerhalb von 24 Stunden, sterben „nur“ 18–29 % der Betroffenen, beginnt sie erst nach 48 Stunden, liegt die Mortalität bei 40–60 %. Das Tückische: Die Perforation selbst bleibt in 7 % der Fälle asymptomatisch und nur in 33 % ist die Diagnose anhand der klinischen Manifestationen innerhalb der ersten sechs Stunden möglich. Häufig sind die Symptome unspezifisch, über einen Schmerz im Perforationsbereich klagen letztlich 80 % der Patienten. Eine spontane Ösophagusruptur (Boerhaave-Syndrom) ereignet sich zumeist, wenn die Speiseröhre vorgeschädigt ist, z.B. bei Refluxösophagitis, Ulkuskrankheit oder Tumorläsion. Durch einen plötzlichen starken Druckanstieg (explosionsartiges Erbrechen) kommt es zur Ruptur aller Wandschichten. Typisch sind der akute thorakale Schmerz und ein subkutanes Emphysem. Alkoholmissbrauch und Adipositas erhöhen das Risiko für eine spontane Ösophagusruptur. Faktor Zeit beeinflusst die Therapiewahl Diagnostisch kommt man mit Thoraxröntgen, CT von Hals, Thorax und Abdomen sowie der Ösophagoskopie weiter. In der Therapie ist Zeit der entscheidende Faktor. Wichtig sind Flüssigkeitsersatz, intravenöse Antibiose, ggf. auch Antimyotika (z.B. bei Immunsupprimierten) sowie Protonenpumpenhemmer. Unter bestimmten Voraussetzungen kann es ausreichen, endo­skopisch-konservativ zu behandeln und die Perforation innerhalb der ersten 24 Stunden primär zu übernähen. Nach diesem Zeitraum, oder wenn ein Patient nicht konservativ behandelt werden kann, braucht man eine Drainage und ggf. einen Muskellappen, um die Naht zu verstärken. Je nach Ursache der Ruptur liegt die Mortalität zwischen 2 und 15 %.

Post-Endoskopie-Warnzeichen

Nach einer Endoskopie sollte man bei folgenden Anzeichen immer eine iatrogene Perforation ausschließen:
  • Schmerzen im Nacken
  • Schmerzen zwischen den Schulterblättern
  • Schluckstörungen
  • Stimmstörungen
  • Atemnot
  • Fieber

Mediastinitis durch absteigende Infektion

Ausgehend von (eitrigen) Entzündungen im Mund-Rachen-Raum, z.B. Zahnherden oder Angina tonsillaris, kann eine Infektion absteigen und sich zu einer nekrotisierenden Mediastinitis ausweiten. Dann hat man es mit einer schweren Mischinfektion verschiedener aerober und anaerober Keime zu tun. Die klinischen Symptome entsprechen zunächst denen der ursprünglichen Infektion, dazu können systemische kommen. „In der Kontrastmittel-CT sind mediastinale Adenopathie, eine erhöhte Dichte des Fettgewebes und in manchen Fällen ein Pneumomediastinum zu sehen. Gleichzeitig können eine Venenthrombose und eine Myositis auftreten“, schreiben Dr. Voinea und Kollegen. Neben einer schnellen Antibiotikatherapie ist ein chirurgisches Débridement erforderlich. Trotz der Interventionen liegt die Mortalität dieser Mediastinitisform bei 11–40 %.

Chronische Mediastinitis

Bei diesem Krankheitsbild geht die Gefahr vor allem von der Fibrosierung der Mediastinalstrukturen – Atemwege, große Gefäße, Ösophagus oder Perikard – aus. Ursache des langsam fortschreitenden Prozesses können Infektionen wie Tuberkulose und Histoplasmose sein, Autoimmun­erkrankungen, Neoplasien, mediastinale Bestrahlung und Toxine (z.B. Methysergid). Die Behandlung erfolgt meist nur palliativ Klinisch ist die chronische Form durch eine fortschreitende Kompression von Vena cava superior, Trachea, Ösophagus und Perikard gekennzeichnet. Im Verlauf kann es zu schweren Komplikationen wie postobstruktiver Pneumonie, Cor pulmonale, Stenose von Speiseröhre und Hauptbronchien, konstriktive Perikarditis sowie obere Einflussstauung kommen. Eine kurative Therapie existiert nicht. Systemische Kortikostero­ide helfen nur bei der autoimmun- bedingten Form sowie bei Sarkoidose als Grunderkrankung. Das Immunsuppressivum Mycophenolat-Mofetil scheint den fibrosierenden Prozess etwas abzubremsen – ansonsten bleibt die Behandlung meist palliativ. Lokalisierte Fibrosen von Bronchien oder Gefäßen können ggf. über Stents stabilisiert werden. Chirurgische Interventionen sollten stets gegen das erhöhte Blutungsrisiko abgewogen werden, geben die Autoren zu bedenken. Im Durchschnitt bleiben den betroffenen Patienten vom Auftreten erster Symptome bis zum Tod sechs Jahre.

Quelle: Voinea C et al. Swiss Med Forum 2018; 18: 605-610

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Nach einer Sternotomie entwickeln bis zu 5 % der Patienten eine Mediastinitis. Nach einer Sternotomie entwickeln bis zu 5 % der Patienten eine Mediastinitis. © iStock/miralex