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Medikamenten-Kopfschmerz fordert Entzugstherapie
Von einem Medikamenten-Kopfschmerz ist gemäß der Leitlinie der European Federation of Neurological Societies auszugehen, wenn
- die Beschwerden an mindestens 15 Tagen im Monat auftreten
- seit mindestens drei Monaten ein regelmäßiger Übergebrauch von Kopfschmerzmedikamenten besteht,
- sich die Beschwerden während des Konsums entwickelt oder aber verschlechtert haben,
- die Kopfschmerzen innerhalb von zwei Monaten nach Absetzen der übermäßigen Medikation verschwinden oder das ursprüngliche Kopfschmerzmuster wieder auftritt.
Da es nur wenige aussagekräftige Studien zu dem gar nicht seltenen Krankheitsbild (Prävalenz etwa 1–2 %) gibt, beruht ein Teil der
EFNS-Empfehlungen eher auf Expertenkonsens als auf „harten“ Daten, schreiben die Leitlinien-Verfasser. Sie empfehlen einen abrupten Entzug, wenn ein Übermaß an Analgetika, Ergotaminderivaten oder Triptanen eingenommen wurde. Bei einem Übergebrauch an Opioiden, Benzodiazepinen oder Barbituraten sollte dagegen eher schrittweise vorgegangen werden.
Welcher Patient mit Medikamenten-Kopfschmerz muss stationär behandelt werden?
Ob der Entzug ambulant oder stationär erfolgt bzw. nur eine Beratung angeboten wird, scheint im Allgemeinen weder den Erfolg der Therapie noch die Rezidivrate zu beeinflussen. Doch raten Experten in bestimmten Situationen eher zu einer stationären Entzugsbehandlung:
- bei Patienten, die übermäßig Opioide, Benzodiazepine oder Barbiturate einnehmen,
- wenn eine schwere psychiatrische oder körperliche Begleiterkrankung vorliegt oder
- wenn eine ambulante Entzugstherapie erfolglos geblieben ist.
Vor dem oder am ersten Tag der Entzugsbehandlung sollte – individuell abgestimmt – mit einer prophylaktischen Behandlung begonnen werden, um Entzugssymptomen vorzubeugen.
Bei Patienten mit chronischer Migräne und übermäßigem Medikamentenkonsum scheint Studiendaten zufolge Topiramat – 100 mg (bis 200 mg) täglich – prophylaktisch wirksam zu sein.
Zur Therapie einer Entzugssymptomatik werden von verschiedenen Experten Kortikosteroide (mindestens 60 mg Prednison oder Prednisolon) und Amitriptylin (bis zu 50 mg) als wahrscheinlich wirksam angesehen.
Keine Analgetika bei Entzugs-Kopfschmerzen
Die Autoren der Leitlinie raten jedoch davon ab, Entzugskopfschmerzen mit Analgetika oder Kopfschmerzmitteln zu behandeln. Nur in sehr schweren Fällen halten sie eine einmalige intravenöse Injektion für vertretbar.
Die Rückfallrate beim Arzneimittelkopfschmerz liegt ein Jahr nach der Entzugsbehandlung bei etwa 30 %. Insgesamt ist das Vorgehen bei den meisten Patienten mit Medikamenten-Kopfschmerz recht erfolgreich – dies sollte man Betroffenen mitteilen, um sie zu einem Entzug zu motivieren.
Stefan Evers et al., European Journal of Neurology 2011; 18: 1115-1121
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