
Mehr Lebensqualität trotz Inkontinenz
Nicht jeder inkontinente alte Mensch braucht gleich eine Faszienzügelplastik oder einen künstlichen Sphinkter, um wieder am sozialen Leben teilzunehmen, erklärte die in Heidelberg niedergelassene Urologin Dr. Ulrike Hohenfellner auf der 53. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie.
Inkontinenz ist nicht gleich Inkontinenz!
Zunächst sollte man eine exakte Diagnose stellen und sich die Befunde genau ansehen. Bei den Männern steht die Prostatahyperplasie als Ursache der obstruktiven Blasenentleerungstörung ganz vorne auf der Häufigkeitsliste. Das Problem äußert sich sowohl in Drang- oder Überlaufinkontinenz, aber auch Nachträufeln, Zystitis und Epididymitis kommen oft vor.
Medikamentös werden vor allem alpha-Blocker und 5-alpha-Reduktasehemmer eingesetzt, Anticholinergika und die Instillation von Botulinumtoxin können ebenfalls Abhilfe schaffen. Und natürlich sollte die Möglichkeit einer operativen Sanierung überdacht werden.
Schlaganfall Grund der Inkontinenz?
Eine Reflex- oder Dranginkontinenz, eine Überlaufblase oder erhöhter Blasendruck weisen auf eine neurogene Schädigung hin. Hier können z.B. ein Schlaganfall, ein M. Parkinson, eine Multiple Sklerose oder eine Spinalstenose dahinterstecken. Diese Patienten, bei denen es zu zerebral enthemmter Blasenentleerung kommt, werden oft kurzerhand mit Vorlagen versorgt. Dabei ist diese Störung in vielen Fällen gut therapierbar. Man kann hier ebenfalls Anticholinergika oder die Botulinuminjektion einsetzen sowie alternativ Duloxetin oder alpha-Blocker, z.B. bei erhöhtem Sphintertonus.
Viele ältere Menschen kommen auch mit intermittierendem Selbstkatheterismus, evtl. auch als Fremdkatheterismus, gut zurecht. Bei einer älteren Patientin sollte man auch an ein Östrogendefizit als Ursache sowohl für Inkontinenz als auch für rezidivierende Harnwegsinfekte denken. Hier fehlt die trophische Wirkung des Hormons auf das Harnröhrenepithel und das urethrale Bindegewebe. Außerdem verbessert Östrogen die Gefäßversorgung des Epithels und macht die glatte Muskulatur empfindlicher gegenüber alpha-adrenerger Stimulation.
Östrogendefizit ausgleichen, pathogene Keime verteiben!
In diesem Zusammenhang spielt neben dem Hormonstatus auch das Vaginalmilieu eine wichtige Rolle. Vor der Menopause dominieren die Lactobazillen, die ein saures und bakterienhemmendes Klima schaffen. Bei älteren Frauen findet sich häufig dann eine Mischflora und coliforme Uropathogene kolonisieren die Vagina. 10 – 15 % der 65 – 70 Jährigen und 20 bis 50 % der 80-Jährigen sind aus diesem Grund für Harnwegsinfekte besonders gefährdet.
Um die pathogenen Keime wieder zu vertreiben, kann man methaphylaktisch Antibiotika einsetzen, vor allem aber das fehlende Hormon. Dies gelingt besonders gut mit östrogenhaltigen Cremes. Von Suppositorien riet die Kollegin ab, da diese sich bei den älteren Damen mit atropher Schleimhaut oft nicht richtig auflösen.
Viele Patientinnen benutzen gerne ein entsprechendes Waschgel. Hier ist darauf zu achten, den Frauen Präparate zu empfehlen, die wirklich ein saures und nicht etwa ein basisches Milieu fördern. Manchmal reichen schon pflegende Cremes ohne Hormongehalt. Sie helfen, indem sie die trockenen Schleimhaut pflegen, erinnerte die Referentin.
Inkontinenz bei Recto- oder Zystozele: Duloxetin, OP oder Tampons?
Bei einer Beckenbodeninsuffizienz sieht man häufig Recto- und Zystozelen. Es kommt zur obstruktiven Blasenentleerungsstörung, zu einem Quetschhahnphänomen, Stuhlinkontinenz oder -schmieren und rezidivierenden Harnwegsinfekten. Therapeutisch helfen Duloxetin, Anticholinergika (Achtung Restharn) und metaphylaktische Antibiotikatherapien.
Wenn eine Operation, z.B. eine Sakrokolpopexie, nicht in Betracht kommt, kann man auch den Einsatz von Tampons (Prodry®oder Reca Fem) erwägen. Die Referentin berichtete von mehreren über 80-jährigen Patientinnen, die sie nicht operieren lassen möchten und das Problem trotz ihres Alters täglich mit Hilfe der Tampons ganz elegant lösen.
Youtube-Video zur laparoskopischen Sakropexie:
[youtube ?v=f1AumIYbkiM]
Quelle: Dr. Ulrike Hohenfellner, 53. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie
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