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Menière oder vestibuläre Migräne?
Heftige Drehschwindelattacken plus Ohrsymptome lassen zwar primär an einen Morbus Menière denken, es kann aber auch eine vestibuläre Migräne oder sogar ein überlappendes Krankheitsbild dahinterstecken. Welche Möglichkeiten gibt es, Menière und Migräne voneinander abzugrenzen?
Bewegungssensibilität
ist kein klares Kriterium
Die vestibuläre Migräne geht u.a. mit einer erhöhten Sensibilität gegenüber Bewegungen einher. Ob diese ein Unterscheidungsmerkmal zum Morbus Menière sein kann, prüfte eine US-amerikanische Studie an insgesamt 50 Patienten. Jene mit definitiver vestibulärer Migräne nach den Neuhauser-Kriterien erreichten zwar einen höheren Score für Bewegungssensibilität (Motion sensitivity), aber auch Patienten mit möglicher Migräne oder Menière zeigten im Vergleich zu gesunden Kontrollen erhöhte Werte.
„Diese Differenzierung funktioniert also nicht“, stellte Professor Dr. Marianne Dieterich von der Neurologischen Universitätsklinik am Klinikum Großhadern, München, klar. Und auch die standardisierte kalorische Testung konnte in der Studie keine zuverlässigen Unterscheidungskriterien
liefern.
Lässt sich die eine oder andere
Diagnose eventuell mittels Felsenbein-MRT sichern? Einer Münchener Arbeitsgruppe um den HNO-Kollegen Privatdozent Dr. Robert Gürkov war es bereits gelungen, nach vorheriger transtympanaler Gabe des Kontrastmittels Gadolinium den Hydrops beim Morbus Menière darzustellen.
Nun setzte sie die gleiche Technik bei 19 Patienten mit vestibulärer Migräne und auditorischen Symptomen – Hörminderung, Tinnitus oder Völlegefühl im Ohr – ein. Vier Patienten, drei davon mit definitiver, einer mit möglicher Migräne nach den Neuhauser-Kriterien, zeigten einen endolymphatischen Hydrops im MRT. Hatte man bei ihnen etwa die falsche Diagnose gestellt, lag eine Migräne plus Menière vor?
Erst die Migräne,
dann der Hydrops
Oder hatten bei ihnen die wiederkehrenden Migräneattacken das Innenohr geschädigt und so einen Hydrops hervorgerufen? Dass es solch einen Mechanismus gibt, wird schon seit Längerem vermutet, erklärte Prof. Dieterich.
In jedem Fall hat der Nachweis eines Hydrops Konsequenzen für die Behandlung von Patienten mit vestibulärer Migräne. Denn neben einer Migräneprophylaxe mit z.B. Topiramat oder einem Betablocker benötigen die Betroffenen eine Menièreprophylaxe, etwa mit Betahistin. Die hoch dosierte Gabe dieses Medikamentes lohnt als pragmatischer Ansatz auch dann, wenn bei unklarer Differenzialdiagnose die Menièrezeichen zu dominieren scheinen.
Quelle: 6. Neurologie-Update-Seminar, Mainz, 2014
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