Vestibuläre Migräne: Wie erkennt man den schwindelerregenden Kopfschmerz?
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Definiert wird die vestibuläre Migräne als episodisch auftretende Erkrankung mit mittelschweren bis schweren Schwindelsymptomen (z.B. Dreh- und Schwankschwindel, Gangunsicherheit). Diese Beschwerden halten zwischen fünf Minuten und 72 Stunden an. Außerdem müssen die vestibulären Symptome zu mindestens 50 % mit Migränekopfschmerzen, Photo-/Phonophobie und/oder einer visuellen Aura assoziiert sein.
Schließlich sollten die Patienten auch klassische Migräneattacken mit oder ohne Aura haben oder in der Vergangenheit gehabt haben, schreibt Professor Dr. Mark Obermann vom Zentrum für Neurologie der Asklepios Kliniken Schildautal in Seesen. Die vestibuläre Migräne kann in jeder Lebensphase auftreten und trifft wie die klassische Migräne häufiger Frauen. Meist manifestiert sie sich eine Weile nach dem vorbestehenden Kopfschmerzleiden.
Keine Triptane bei Hirnstammbeteiligung!
Klinische Bedeutung hat die klare Differenzierung von der Migräne mit Hirnstammaura. Bei Letzterer sind Triptane kontraindiziert, sie könnten zu ischämischen Ereignissen führen. Für die Diagnose dieser Sonderform, die weniger als 10 % der Patienten mit vestibulärer Migräne trifft, werden mindestens zwei typische Hirnstammsymptome in Begleitung klassischer Kopfschmerzen gefordert. Für eine Hirnstammbeteiligung sprechen z.B. Dysarthrie, Tinnitus, Hypakusis, Diplopie, Ataxie oder ein verändertes Bewusstseinsniveau.
Da hochwertige Studien zur vestibulären Migräne fehlen, ähneln die Therapieempfehlungen denen für die typische mit oder ohne Aura. Zur Akutbehandlung nennt der Neurologe Zolmitriptan (2,5–5 mg) als Mittel der ersten Wahl. Rizatriptan (10 mg) kommt ebenfalls infrage und wahrscheinlich wirken die übrigen Triptane ebenso, vermutet Prof. Obermann. Patienten mit Übelkeit können auf Nasenspray oder subkutane Injektionen ausweichen.
Ist die Einnahme von Triptanen nicht möglich, kann evtl. eine symptomatische Therapie mit NSAR, ASS, Metoclopramid oder Dimenhydrinat helfen. Die drei letztgenannten Wirkstoffe gibt es auch in einer intravenösen Formulierung (ASS 1000 mg, Metoclopramid 10 mg, Dimenhydrinat 62,5 mg).
Auch an Daten zur medikamentösen Prophylaxe der vestibulären Migräne mangelt es noch. Deshalb rät der Neurologe, sich vorsichtshalber an die Empfehlungen zur Migräne mit und ohne Aura zu halten. In Betracht kommen z.B. Betablocker wie Propranolol (80–240 mg), Metoprolol (50–200 mg) oder Bisoprolol (5–10 mg). Auch der Kalziumkanalblocker Flunarizin (5–10 mg) eignet sich zur Vorbeugung, ebenso die Antikonvulsiva Topiramat (50–100 mg) und Valproinsäure (1000–1500 mg).
Therapie mit Topiramat oder Onabotulinumtoxin A
Eine vestibuläre Migräne verläuft chronisch, wenn der Patient an mindestens 15 Tagen im Monat an Kopfschmerzen leidet, von denen mindestens acht migränetypisch verlaufen. Zudem muss sie länger als drei Monate anhalten. Therapeutisch empfiehlt der Experte dann Topiramat oder Onabotulinumtoxin A (mindestens zwei Injektionen). Wird die Erkrankung von Depressionen begleitet, rät er zu Amitryptilin und Venlafaxin. Patienten mit dominierendem Schwindel und eher seltenen Kopfschmerzen sprechen meist gut auf Lamotrigin (25–100 mg) an.
Quelle: Obermann M. Schmerzmedizin 2019; 35: 22-27
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