
Schwindel mit drei Untersuchungen richtig identifizieren

Auch wenn man den Gleichgewichtssinn als Ursache von „Alterswehwehchen“ oft nicht auf dem Schirm hat, so spielt er doch fürs unfallfreie Gehen und damit für die Mobilität eine wesentliche Rolle. Lässt er nach, kann das zu Stürzen, Frakturen – vor allem bei gleichzeitiger Osteoporose – und langen Krankenhausaufenthalten mit oft schwerwiegenden Konsequenzen führen. Wie Sie die Ursache des Schwindels entdecken, erklärt Professor Dr. Martin Westhofen von der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und Plastische Kopf- und Halschirurgie der Uniklinik Aachen.
Liegt ein akutes vestibuläres Syndrom vor, hilft die H.I.N.T.S.*-Diagnostik, mit drei einfachen Untersuchungen die Symptomatik einzuordnen:
- Bogengangsfunktion durch Kopfimpulstest,
- Blickrichtungsnystagmus,
- vertikale Skew-Deviation.
Sie liefert in der Akutsituation sogar genauere Ergebnisse als die MRT, betont Prof. Westhofen – ganz zu schweigen von der einfacheren und schnelleren Durchführung. Dennoch empfiehlt er, im Zweifelsfall zum Neurologen zu überweisen.
Meist ist es ein benigner Lagerungsschwindel
In der Anamnese des chronischen bzw. rezidivierenden Schwindels helfen Ihnen Fragen nach:
- Medikamenten,
- Zeitverlauf,
- Auslöser (Attacken vs. Dauerschwindel, spontan, Provokation).
Der häufigste Schwindeltyp im Alter ist allerdings der benigne paroxysmale Lagerungsschwindel, schreibt der Fachmann. Er tritt vor allem im Liegen auf, wenn der Patient den Kopf schnell zur Seite dreht. Ursache sind Statolithen, die sich in den Bogengängen ablösen, und zwar häufiger mit zunehmendem Alter. Mittels einfacher Lagerungsmanöver können Sie ihn feststellen (z.B. nach Dix-Hallpike für den anterioren und posterioren Bogengang; nach Pagnini-McClure für den lateralen Bogengang). Der dabei auftretende rotatorische Nystagmus dauert meist nur kurz an – beobachten lässt er sich mithilfe der Frenzel-Lupenbrille oder einer Video-Okulographie.
Gegen Beschwerden hilft Physiotherapie, die verschiedene Lagerungsmanöver und sensomotorische Übungen umfasst. Letztere kann der Patient nach Anleiten auch Daheim durchführen. Antivertiginosa wie Dimenhydrinat sind in der Therapie allenfalls kurzzeitig indiziert.
Ein Morbus Menière mit der typischen Trias aus Hörverlust, Tinnitus und Drehschwindel lässt sich in der Allgemeinpraxis oft nur schwer sichern. Haben Sie aufgrund der Symptome den Verdacht, überweisen Sie den Patienten zum HNO. Er untersucht Audiometrie, kalorische Prüfung und vestibulär evozierte myogene Potenziale und klärt damit die Diagnose. Ob Betahistin oder sogar eine OP helfen, bleibt umstritten.
Aber Vorsicht! Auch wenn Sie einen Grund für den Schwindel gefunden haben – das muss nicht der einzige sein. Fragen Sie ebenso, ob eventuell eine neue Brille, vor allem eine Gleitsichtbrille, Schwierigkeiten bereitet oder ob es in Hüfte oder Knie zwickt, sodass das Gehen unsicher wird. Eine Kombination verschiedener Ursachen kommt häufig vor.
* Head Impulse, Nystagmus, Test of Skew
Quelle: Westhofen M. Dtsch Med Wochenschr 2019; 144: 799-806
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).