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Vestibuläre Migräne von den meisten Ärzten nicht erkannt

Vestibuläre Migräne ist eine Kombination von Migräne und vestibulärer Störung. An diese oft übersehene Variante denken sollte man bei rezidivierenden vestibulären Symptomen, anamnestisch bekannter Migräne und zeitlichem Zusammenhang zwischen Schwindelsymptomen und Migränebeschwerden. Andere Ursachen müssen dabei ausgeschlossen sein, schreiben Dr. Vivien Li vom University College of London Hospitals und ihre Kollegen.
Wie oft die vestibuläre Migräne nicht erkannt wird, zeigt eine bevölkerungsbasierte Studie, die die Autoren anführen: Zwei Drittel der Patienten hatten wegen der Attacken bereits einen Arzt konsultiert, meist war es der Hausarzt. Aber nur jeder fünfte Betroffene erhielt die korrekte Diagnose. Bei den übrigen wurden andere Ursachen vermutet, etwa eine Anämie oder ein Diabetes, eine psychosomatische oder eine psychische Störung. Tatsächlich leiden viele Betroffene während der Episoden an akuten Ängsten, die oft als Panikattacken missgedeutet werden. Auch der negative Einfluss der Erkrankung auf die Lebensqualität ist nicht zu unterschätzen: Ein Drittel der Patienten fühlt sich schwer durch den Migräneschwindel beeinträchtigt, ein Viertel war wegen der Attacken schon im Krankenhaus.
Die vestibuläre Migräne ist eine klinische Diagnose, betonen die Autoren. Während der Attacken klagen viele Patienten über „Drehsymptome“. Sie haben die Illusion, dass sich ihr Körper oder die Umgebung dreht. Im Verdachtsfall sollte man nach typischen Migräne-symptomen wie Photo- und Phonophobie und Reisekrankheit fragen, die bei Patienten mit vestibulärer Migräne besonders häufig auftritt. Zeichen anderer Erkrankungen, etwa ein prominenter Hörverlust, sollten ausgeschlossen werden.
Bei der körperlichen Untersuchung sollten Gangbild, Romberg-Test, Hirnnerven (v.a. Augenbeweglichkeit, Nystagmus) und Hörvermögen geprüft werden, ein Lagerungsschwindel lässt sich mit dem Dix-Hallpike-Manöver ausschließen. Allerdings hat die körperliche Untersuchung ein Manko: Zwischen den Attacken fällt das Resultat oft normal aus.
Zur Prophylaxe eignen sich trizyklische Antidepressiva
Die wichtigste Differenzialdiagnose zur vestibulären Migräne ist der Schlaganfall, von dem vor allem ältere Patienten mit vaskulären Risikofaktoren gefährdet sind. Kommt es bei jüngeren Patienten zu markanter Nausea oder Erbrechen, ist im Zweifel eher die Schwindelmigräne die Ursache. In der Akutsituation können Zolmitriptan und Rizatriptan die vestibulären Symptome lindern, gegen die Übelkeit helfen Antiemetika. Zur Prophylaxe eignen sich trizyklische Antidepressiva. Kleineren Studien zufolge vermögen etwa Venlafaxin, Propranolol und Antikonvulsiva, die Zahl der Attacken deutlich zu senken.
Quelle: Li V et al. BMJ 2019; 366: l4213; doi: doi.org/10.1136/bmj.l4213
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