Migräneaura: Forscher hoffen auf die Vagusnervstimulation

Manuela Arand

Kopfschmerzattacke durch Schlaganfall? Kopfschmerzattacke durch Schlaganfall? © iStock.com/nemke

Wer eine Migräneaura behandeln will, muss sich sputen: Sie dauert meist nur 5 bis 30 Minuten. Als vielversprechend gelten Ketamin und die transkutane Vagusnervstimulation.

Etwa jeder dritte Migränepatient erlebt vor dem Schmerzbeginn eine Aura, wobei visuelle Auren den Löwenanteil ausmachen. Aber auch sensorische oder aphasische Phänomene kommen vor. Andere Formen gelten als Exoten. Die Aura entwickelt sich meist über mehrere Minuten, hält fast nie länger als 60 Minuten an und ist komplett reversibel.

Kopfschmerzattacke durch Schlaganfall?

Differenzialdiagnostisch ist immer an Apoplex, TIA und Krampfanfall zu denken. Die TIA ist wahrscheinlich die wichtigste Differenzialdiagnose, u.a. weil in den drei Monaten nach ihr das Schlaganfallrisiko mit 10–20 % hoch ist, meinte Privatdozent Dr. Nils Peters von der Neurologischen Klinik am Universitätsspital Basel. Zum Glück lassen sich Aura und TIA oft anhand der Klinik recht gut unterscheiden (s. Tabelle).

nach Dr. Nils Peters
Zwischen Aura und TIA unterscheiden
Aura
TIA
positive visuelle SymptomeVisusverlust, Gesichtsfeldausfall
progredienter Verlaufplötzliches Auftreten
Sequenz Aura – Symptomegleichzeitiges Auftreten von Symptomen
kurze Dauer bis 60 Minutenvariable Dauer, meist länger
junge Patientenältere Patienten
repetitive monomorphe Symptomevaskuläres Risikoprofil
Kopfschmerz-

Nicht vergessen: Patienten mit Migräne haben ein erhöhtes Schlaganfallrisiko – was als Kopfschmerzattacke daherkommt, kann durchaus auf einen Schlaganfall zurückzuführen sein! Die Aura wird meist nur als Epiphänomen der Migräne registriert, ohne sie genauer zu beschreiben. Oft unterbleibt sogar die Abgrenzung gegen Prodromalsymptome, obwohl die Prodromalphase als potenzielles Ziel für eine frühe Intervention in letzter Zeit stärker in den Fokus gerückt ist, berichtete Privatdozent Dr. Tobias Freilinger, Chef der Neurologie am Klinikum Passau. Einige Arbeitsgruppen versuchen, der Aura therapeutisch beizukommen. Sie verfolgen sowohl pharmakologische als auch nicht-medikamentöse Strategien, erklärte Dr. Victoria Schubert von der Neurologischen Universitätsklinik Tübingen. Auf Arzneimittelseite besteht die Herausforderung darin, den Wirkstoff schnell genug in den Patienten und an die Rezeptoren zu bringen – nur was rasch anflutet hat eine Chance, rechtzeitig zu wirken. Die paar Studien, die es dazu gibt, sind meist klein und methodisch oft fragwürdig. Die besten Daten liegen noch zu nasal appliziertem Ketamin vor. Der NMDA-Rezeptorantagonist soll die Hyperexzitabilität senken, indem er die Glutamatfreisetzung inhibiert. Eine offene Studie ergab, dass Ketamin bei fünf von elf Patienten die Attackenschwere und -dauer reduzierte, allerdings um den Preis gravierender Nebenwirkungen (Sedierung, Koordinationsstörungen, Derealisation). In einer zweiten Studie trat Ketamin gegen Midazolam an, das sich als unwirksam erwies. Ketamin verkürzte die Auren hier nicht, reduzierte aber die Ausprägung. Die meisten anderen Pharmakotherapiestudien befassten sich nicht mit der Akutbehandlung, sondern mit der Prävention. Die scheint mit Antikonvulsiva (v.a. Lamotrigin, aber auch Topiramat, Levetiracetam) einigermaßen zu funktionieren, berichtete Dr. Schubert.

Klinische Studie soll Nutzen der VNS beleuchten

Als wahrscheinlich wirksam während der Aura schätzt sie neben Ketamin die transkutane Vagusnervstimulation (VNS) ein, bei der der Patient die Impulse mithilfe eines kleinen Handgeräts namens gammaCore® selbst am seitlichen Hals appliziert. Ersten Ergebnissen zufolge unterdrückt die VNS die kortikale Streudepolarisation (Cortical Spreading Depression), die als Schlüsselprozess bei Migräne und Aura gilt. Nun ist eine Studie mit 20 Patienten geplant, wobei jeder seine eigene Kontrolle ist. Geprüft werden drei behandelte und drei nicht behandelte Episoden versus Baseline. Das VNS-Gerät wurde in den USA zugelassen zur Behandlung und Prophylaxe bei Cluster-Kopfschmerz und Migräne.

Quelle: Neurowoche 2018

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