Leitlinie: Migräneattacken gezielt abwehren

Dr. Dorothea Ranft

Für die Migräne sind Anfälle mit heftigen, oft einseitigen und pulsierend-pochenden Kopfschmerzen typisch. Für die Migräne sind Anfälle mit heftigen, oft einseitigen und pulsierend-pochenden Kopfschmerzen typisch. © fotolia/ParinPIX

Für die Therapie der akuten Migräneattacke gibt es inzwischen diverse Möglichkeiten. Auch Wiederkehr­kopfschmerzen, Notfälle und Migräne im Kindes­alter lassen sich mittlerweile gut behandeln.

Typisch für die Migräne sind Anfälle mit heftigen, oft einseitigen und pulsierend-pochenden Kopfschmerzen. In einem Drittel der Fälle bestehen holokranielle Cephalgien, diese schließen also eine Migräne nicht aus. Unilaterale Kopfschmerzen wechseln potenziell während der Attacke oder von Anfall zu Anfall die Seite. Auch die Intensität kann erheblich variieren, die Dauer schwankt zwischen 4 und 72 Stunden.

Patienten mit leichteren bis mittelstarken Attacken sollten primär mit Acetylsalicylsäure (ASS) und nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) behandelt werden. Teilweise wirken sie sogar bei schweren Episoden. Am besten belegt ist der Effekt für ASS und Ibuprofen, heißt es in der gemeinsamen S1-Leitlinie von DGN* und DMKG**.

Alternativ kann man eine Dreifachkombination aus ASS, Paracetamol und Koffein bei leichteren Episoden einsetzen. Allerdings sollte der Patient wissen, dass unter Kombinationsanalgetika bereits ab zehn Einnahmetagen im Monat das Risiko eines Medikamentenübergebrauch-Kopfschmerzes besteht. Bei Monoanalgetika ist dies erst ab 15 monatlichen Einnahmetagen über mindestens ein Quartal der Fall. Keinen Platz im Therapiearsenal der Migräne haben Opioide, schon allein wegen des Nebenwirkungsspektrums (z.B. Erbrechen, Abhängigkeitspotenzial). Liegen Kontra­indikationen oder Unverträglichkeit für NSAR vor, darf man Paracetamol erwägen.

Gegen akute Episoden wirken die auch als Triptane bekannten 5-HT1B/1D-Rezeptoragonisten am bes­ten. Sie sollten deshalb bei starken Kopfschmerzen oder fehlendem Ansprechen auf Analgetika bzw. NSAR eingesetzt werden. Die wirksamste Therapie ermöglicht die subkutane Injektion von Sumatriptan (6 mg). In der oralen Anwendung zeigen Eletriptan und Rizatriptan laut Metaanalysen den besten Effekt. Die längste Wirkdauer haben Naratriptan und Frovatriptan, das günstigste Nebenwirkungsprofil Almotriptan und Eletriptan.

Den besten Effekt erzielten Triptane, wenn sie möglichst früh in der Attacke bzw. bei noch leichtem Kopfschmerz genommen werden. Als Kontraindikationen gelten u.a. unzureichend behandelte Hypertonie, A. pectoris und Myokardinfarkt in der Anamnese sowie fortgeschrittene periphere arterielle Verschlusskrankheit, transitorische ischämische Attacke und Schlaganfall. Im Falle einer Aura gilt es, diese erst abzuwarten und das Triptan mit Beginn des Kopfschmerzes einzunehmen. Falls die Monotherapie mit einem 5-HT1B/1D-Agonisten nicht ausreicht, lässt sich der Effekt durch die Kombination mit Naproxen verstärken. Auch unter Triptanen kann es zu einem Medikamentenübergebrauch-Kopfschmerz kommen.

Schwanger mit Migräne

Bei Schwangeren dürfen nur im ersten und zweiten Trimenon ASS und Ibuprofen zum Einsatz kommen, im dritten sind beide zu meiden. Paracetamol sollte nur bei Kontraindikationen gegen ASS gegeben werden. Triptane sind nicht zugelassen – trotz fehlender Hinweise auf Fehlbildungen und Komplikationen.

Ergotamine sollten nur ausnahmsweise zur Behandlung akuter Episoden eingesetzt werden, betont die Leitlinie. Denn sie wirken schwächer als Triptane und haben mehr Nebenwirkungen. Ihre Stärke liegt in der längeren Wirkdauer. Patienten, die davon profitieren, dürfen Mutterkornalkaloide weiter einnehmen. Gegen Übelkeit und Erbrechen helfen Antiemetika wie Metoclopramid bzw. Domperidon. Beide sollten allerdings nur bedarfsweise, nicht generell angewandt werden.

Episoden über 72 Stunden mit Glukokortikoiden stoppen

Halten die Attacken lange an, kann die Migräne nach dem Wirkende des eingesetzten Medikaments erneut auftreten. Bei diesem Wiederkehrkopfschmerz kommt es ausgehend von Schmerzfreiheit oder leichtem Schmerz zu einer (mittel)schweren Cephalgie innerhalb von zwei bis 24 Stunden nach der ersten wirksamen Therapie. Mit einem Anteil von 15–40 % kehrt der Kopfschmerz unter oralen Triptanen häufiger zurück als unter ASS und Ergotaminen. Eine zweite Triptangabe wirkt erneut, darf jedoch frühestens zwei Stunden nach der ersten Einnahme erfolgen. Langwirksame Triptane wie Frovatriptan und Naratriptan haben tendenziell eine geringere Wiederkehrrate. Auch die initiale Kombination eines Triptans mit einem langwirksamen NSAR kann die Recurrence vermutlich teilweise verhindern.

Das hilft Kindern

Zur Migränetherapie im Kindesalter eignet sich z.B. Ibuprofen 10 mg/kgKG. Von ASS (500 mg) sollte man wegen eines unklaren Risiko eines Reye-Syndroms vor dem zwölften Lebensjahr absehen und bei Paracetamol (15 mg/kgKG) die kritische kumulative Dosis beachten. Als Antiemetikum ist Domperidon Metoclopramid vorzuziehen – wegen der vermehrten extrapyramidalen Bewegungsstörungen unter Letzterem. Für Sumatriptan 10 mg als Nasenspray besteht eine Zulassung ab zwölf Jahren.

In der Notfalltherapie gilt die i.v.-Gabe von 1000 mg ASS mit oder ohne Metoclopramid als Strategie der Wahl. 6 mg Sumatriptan subkutan zeigen einen stärkeren Effekt, falls es nicht durch wiederholte Triptangabe in den vergangenen Tagen zu einem Wirkverlust gekommen ist. Wenn die Kopfschmerzphase einer Attacke länger als 72 Stunden anhält (Status migraenosus), empfehlen die Experten einmalig 50–100 mg Prednison oder 4–8 mg Dexamethason. 

* Deutsche Gesellschaft für Neurologie 
** Deutsche Migräne und Kopfschmerzgesellschaft

Quelle: S1-Leitlinie Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, AWMF-Register Nr. 030/057, www.awmf.org 

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Für die Migräne sind Anfälle mit heftigen, oft einseitigen und pulsierend-pochenden Kopfschmerzen typisch. Für die Migräne sind Anfälle mit heftigen, oft einseitigen und pulsierend-pochenden Kopfschmerzen typisch. © fotolia/ParinPIX