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Wenn beim Sex der Schädel dröhnt

Außer den drei weitgehend bekannten primären Kopfschmerzformen "Migräne", "Spannungskopfschmerz" und "trigenino-autonome Kopfschmerzen" definiert die Internationale Kopfschmerzgesellschaft (International Headache Society, IHS) noch weitere – seltene – Kopfschmerzarten, bei denen eine primäre Genese weitgehend als gesichert gilt. Klinisch sind sie aber oft nicht von sekundären Kopfschmerzen zu unterscheiden. Daher ist beim Erstauftreten stets eine erweiterte Diagnostik zwingend, um eine sekundäre Genese der Symptomatik auszuschließen, mahnen Dr. Jan Hoffmann und Professor Dr. Arne May vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
Bei plötzlich auftretendem Kopfschmerz unbedingt zur CT
Das gilt besonders für drei der seltenen Kopfschmerzarten, die sich als belastungsbedingt zusammenfassen lassen. Auslöser sind entweder Husten (durch kurze intrathorakale Drucksteigerungen), längere körperliche Anstrengung oder aber sexuelle Aktivität, berichten die beiden Neurowissenschaftler. Wegen ihres plötzlichen Auftretens sind diese Kopfschmerzformen anamnestisch nicht von einer Subarachnoidalblutung (SAB), einer arteriellen Dissektion oder einem reversiblen Vasokonstriktionssyndrom zu unterscheiden. Zum Ausschluss muss daher unbedingt eine CT und eventuell eine Liquordiagnostik erfolgen.
Welche Medikation eventuell helfen kann
- Kopfschmerz bei körperlicher Anstrengung: Indometacin, prophylaktisch Metoprolol, Propranololn
- Kopfschmerz bei sexueller Aktivität: Prophylaxe mit Propranolol, Flunarizin, Indometacin, Triptan als Kurzzeitprophylaxe kurz vor dem Sex
- Primärer Donnerschlagkopfschmerz: NSAR, Nimodipin
- Primär stechender Kopfschmerz: Indometacin, evtl. Prophylaxe mit Gabapentin, Nifedipin, Melatonin oder Celecoxib
- Hustenkopfschmerz: Indometacin
- Münzkopfschmerz: Gabapentin, Botulinumtoxin A
- Primär schlafgebundener Kopfschmerz: Lithium, Koffein, Melatonin, Flunarizin sowie bei unilateralen Schmerzen Indometacin
- Neu aufgetretener, täglich persistierender Kopfschmerz (NDPH): Gabapentin, Topiramat, Valproat, Amitriptylin sowie Prednisolon zur Kurzzeitprophylaxe
Belastungsabhängiges Leiden kann stundenlang anhalten
Alle drei Formen der belastungsabhängigen primären Kopfschmerzen haben gemeinsam, dass sie bilateral auftreten und evtl. mehrere Stunden andauern. Der Husten-Kopfschmerz kann von vegetativen Symptomen wie Übelkeit oder Schwindel begleitet sein. Der Kopfschmerz durch körperliche Anstrengung weist oft einen pulsierenden Charakter auf, was auf eine vaskuläre Genese hinweisen könnte. Der Kopfschmerz beim Sex ist meist okzipital lokalisiert und wird mit dem Erregungsgrad immer intensiver. Er kann auch explosionsartig beim Orgasmus auftreten.Primäre Kopfschmerzen, die durch andere äußere Faktoren wie Kältereiz (Speiseeis, kalte Getränke, kalte Luft) oder externen Druck (Stirnband, Motorradhelm) ausgelöst werden, bilden sich schon innerhalb von Minuten bis maximal einer Stunde zurück. Die Therapie beschränkt sich darauf, die betreffenden Trigger zu vermeiden. Der primär stechende Kopfschmerz (früher auch Ice-Pick-Headache oder needle-in-the-eye syndrome genannt) tritt manchmal in Serien von jeweils einige Sekunden dauernden Episoden auf. Er betrifft meist verschiedene Areale und kann auch die Seiten wechseln. Differenzialdiagnostisch ist vor allem das SUNCT*-Syndrom abzugrenzen, welches mit trigeminoautonomen Begleitsymptomen einhergeht, aber auch eine Trigeminusneuralgie.
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Der primär schlafgebundene Kopfschmerz (Hypnic Headache)führt aus dem Schlaf heraus zum Erwachen und dauert zwischen 15 Minuten und vier Stunden. Ein Diagnosekriterium ist, dass sich der Schmerz über ein Vierteljahr hinweg monatlich mindestens zehnmal bemerkbar macht. Aufgrund des zirkadianen Auftretens kann er leicht mit einer Migräne oder einem Clusterkopfschmerz verwechselt werden.
Migräneähnlich ist auch der neu aufgetretene, täglich persistierende Kopfschmerz (new daily persistent headache, NDPH). Die Patienten können meist genau angeben, an welchem Tag die anhaltenden und pulsierenden, schwach- bis mittelstarken Schmerzen begonnen haben. Für die Diagnose dieser i.d.R. bilateralen Schmerzen wird eine Mindestdauer der Beschwerden von drei Monaten gefordert. Ausgeschlossen werden sollten eine spontane intrakranielle Hypotension und eine Sinusvenenthrombose.
Behandlung off-label, aber wirkungsvoll
Eines haben die seltenen primären Kopfschmerzformen gemeinsam, erklären die Autoren. Zur Therapie gibt es keine randomisierten placebokontrollierten Studien, sondern i.d.R. lediglich Einzelfallberichte. Daher seien auch alle von ihnen genannten Medikationen off-label (siehe Kasten). Aber trotz der schwachen Datenlage zeige die Praxis, dass die Patienten enorm von diesen Behandlungen profitieren.* severe unilateral neuralgiform headache with conjunctical injection and tearing
Quelle: Hoffmann J , May A. InFo Neurologie & Psychiatrie 2016; 18: 32-37
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