Spannungskopfschmerz

Definition

Der Spannungskopfschmerz ist am ehesten als „normaler“ Kopfschmerz zu bezeichnen, da besondere Merkmale fehlen. Meist ist er mild bis maximal mittelschwer. Vegetative Zeichen fehlen in der Regel (vor allem Erbrechen) oder sind nur sehr gering ausgeprägt. Die einzelnen Kopfschmerzepisoden können über einen Zeitraum von 30 min bis zu 7 Tage andauern.

Nach Häufigkeit des Auftretens unterscheidet man drei Formen:

1. Sporadisch auftretender episodischer Kopfschmerz vom Spannungstyp

  • Weniger als 12 Tage im Jahr

2. Häufig auftretender episodischer Kopfschmerz vom Spannungstyp

  •  Mindestens 1x, maximal 14x pro Monat

3. Chronischer Kopfschmerz vom Spannungstyp

  • Mindestens 15x pro Monat für länger als 3 Monate
  • Meist vorher episodischer Kopfschmerz (81%)
  • Hohe psychische Komorbidität
  • Familiäre Belastung
  • Hinweise auf strukturelle Veränderungen im schmerzverarbeitenden System

Sporadische Spannungskopfschmerzen sind relativ häufig - die 1-Jahres-Prävalenz des sporadischen auftretenden Kopfschmerzes liegt bei etwa 62%, wobei Frauen etwas häufiger betroffen sind als Männer. Mit zunehmendem Alter nimmt die Prävalenz ab. Chronische Spannungskopfschmerzen sind wesentlich seltener.

ICD10-Code: G44.2

Anzeige
Symptomatik

Die Kopfschmerzen sollten mindestens zwei der folgenden Charakteristika aufweisen:

  1.  beidseitige Lokalisation (holokranial)
  2. Schmerzqualität drückend oder beengend, nicht pulsierend
  3.  leichte bis mittlere Schmerzintensität
  4. keine Verstärkung durch körperliche Routineaktivitäten wie Gehen oder Treppensteigen

Ein weiteres diagnostisches Kriterium ist das Fehlen von ausgeprägter Übelkeit oder Erbrechen – Appetitlosigkeit kann dagegen auftreten. Auch Photophobie und Phonophobie können vorkommen, aber nicht beides zusammen. Auslöser von Episoden oder verstärkende Faktoren können Stress, fieberhafte Infekte oder aber auch muskuläre Fehlbelastungen sein.

Mehr zum Thema

Drei Stunden lang schlummert die 68-Jährige friedlich, dann wacht sie fast jede Nacht mit Schmerzen über dem linken Auge und mit Nackenverspannungen…

mehr
Anzeige
Untersuchung

Die Diagnose wird aufgrund der typischen Anamnese bei normalem neurologischem Befund gestellt.

Außerdem sollten bei Erstdiagnose ggf. symptomatische Kopfschmerzerkrankungen ausgeschlossen werden. Dazu gehören z.B.:

  •   Kopf- und oder HWS-Trauma
  •   Gefäßstörungen im Bereich von Kopf und Hals
  •   nicht-vaskuläre Ursachen im Gehirn
  •   Substanzen und deren Entzug
  •   Infektionen und Stoffwechselerkrankungen
  •   Erkrankungen von Augen, Ohren, Nasennebenhöhlen, Zähnen
  •   psychiatrische Störungen (z.B. Somatisierungsstörung)
  •   kraniale Neuralgien
Mehr zum Thema

Was brauchen Sie, um Kopfschmerzen bei Ihren Patienten abzuklären? Vor allem eines: Zeit. Experten schildern, wie die Ursachenforschung in der Praxis…

mehr

In wenigen Fällen verbirgt sich hinter Kopfschmerz eine sekundäre Ursache, die schnelles Handeln erfordert. Wie lassen sich diese wenigen…

mehr

Ob per Video oder persönlich beim Arzt, Kopfschmerzpatienten fühlen sich bei beiden Behandlungsarten gleich gut aufgehoben. Die Telemedizin könnte…

mehr
Labor

Ggf. sollten Entzündungsparameter zum Ausschluss einer Riesenzellarteriitis bestimmt werden.

Bildgebung: Eine kraniale Bildgebung (CT, MRT) sollte nur bei Verdacht auf sekundäre Kopfschmerzformen erfolgen.

Anzeige
Differenzialdiagnostik

Wichtige Differenzialdiagnosen sind:

  • andere primäre Kopfschmerzformen (Migräne, Clusterkopfschmerz, Hemicrania continua)
  • Medikamenten(Analgetika)-Übergebrauch
  • Medikamenten-bedingt (z.B. Calciumantagonisten, Immunglobuline, Ciclosporin)
  • Pseudotumor cerebri
  • kranio-zervikale Übergangsanomalien
  • Tumoren
  • chronische Meningitis
  • chronische systemische Entzündung
  • Arteriitis temporalis (Riesenzellarteriitis)
  • metabolisch (Hypoglykämie, Dialyse)
  • chronisches subdurales Hämatom
  • Sinus- oder Hirnvenenthrombose
  • Myarthropathien der Kaumuskulatur, kraniomandibuläre Dysfunktion
  • Glaukom. Fehlsichtigkeit
  • Schlaf-Apnoe-Syndrom
  • Hypertonie
  • Trauma
  • Depression
Mehr zum Thema

Plötzlich auftretende Kopfschmerzen beim Sexualakt können den Betroffenen die Lust vermiesen. Gefährliche Ursachen müssen sorgfältig ausgeschlossen…

mehr

Kopfschmerz beim Husten, beim Geschlechtsverkehr oder auch im Schlaf sind zwar eher Raritäten. Doch Vorsicht: Es können gravierende Erkrankungen…

mehr

Mehr als ein Drittel der Schlaganfälle im hinteren Stromgebiet werden fehldiagnostiziert. Zugegeben: Bei Schwindel und Kopfschmerzen denkt man nicht…

mehr

Schmerzen in Vorderkopf, Gesicht und Mundhöhle zählen zu den „Rennern“ in der Hausarztpraxis. Oft werden sie als chronische Sinusitis fehl­gedeutet,…

mehr

Der schleichende Symptombeginn macht den erhöhten Hirndruck besonders tückisch. Wird z.B. ein unklarer Kopfschmerz als banal abgetan, kann der…

mehr

Ein dumpfer Druck im ganzen Schädel, der nach einer Tablette nachlässt: Das wird schon ein Spannungskopfschmerz sein. Meistens trifft das auch zu,…

mehr
Pharmakotherapie und nichtinvasive Therapie

Zur Unterbrechung der akuten Kopfschmerzepisode können empfohlen werden:

  • ASS (500 - 1000 mg p.o.)
  • Paracetamol (500 – 1000 mg p.o.)
  • Naproxen (500 – 1000 mg p.o.)-Metamizol (500 – 1000 mg p.o.)
  • Fixkombination (250 mg ASS+250 mg Paracetamol+65 mg Koffein)
  • evtl. lokale Applikation von Pfefferminzöl

Die Akuttherapie bei chronischen Spannungskopfschmerz unterscheidet sich nicht – die Einnahme sollte aber in der Regel höchsten an 10 Tagen im Monat erfolgen.

Die Prophylaxe von Spannungskopfschmerz-Episoden umfasst vor allem nicht-medikamentöse Maßnahmen. Dazu gehören z.B. :

  • Entspannungstraining nach Jacobsen
  • Regelmäßiges Ausdauertraining (2-3x pro Woche, z.B. Radfahren, Schwimmen, Laufen)
  • Stressbewältigungstraining
  • Physiotherapie (nur bei chronischem Spannungskopfschmerz, z.B. Training der HWS- und Schultermuskulatur, Dehnübungen, Massagen)
  •  Biofeedback (vor allem in Kombination mit Entspannungsübungen)
  •  Akupunktur

Bei ausgeprägtem chronischem Spannungskopfschmerz kann auch eine medikamentöse Prophylaxe in Erwägung gezogen werden. Mittel der 1. Wahl sind hier Trizyklische Antidepressiva (z.B. Amitriptylin oder Amitriptylinoxid)  -  Mittel der zweiten Wahl (bei überwiegend unzureichender Evidenz) Mirtazapin, Venlafaxin, Valproinsäure, MAO-Hemmer (Moclobemid), Fluoxetin, Sulpirid und evtl. Topimirat.

Mehr zum Thema

Vom Spannungskopfschmerz geplagte Patienten beschreiben den Schmerz als drückend oder beengend (nicht pulsierend!). Der ganze Kopf schmerzt.

mehr

Auch Kinder und Jugendliche haben oft Migräne oder Spannungskopfschmerzen. Sie können lernen, mithilfe von Biofeedback vegetative Reaktionen zu…

mehr

Was scheinbar jedem klar ist, hat nun auch einen wissenschaftlichen Beleg: Mehr Stress macht mehr Kopfschmerzen.

mehr

Die komplementäre Medizin hat für Patienten mit Migräne oder Spannungskopfschmerzen einiges zu bieten. Ob Akupunktur, Yoga, Tai-Chi oder manuelle…

mehr

Während einer Migräne- oder Clusterkopfschmerzattacke ist der Melatoninspiegel erniedrigt. Dies legt nahe, dass sich das Hormon als Therapieoption…

mehr

Cannabis kann die Schwere von Kopfschmerzen und Migräne nahezu halbieren. Allerdings profitieren Frauen und Männer unterschiedlich. Zudem hängt der…

mehr

Für die Behandlung von Kopfschmerzen gibt es inzwischen zahlreiche Therapieansätze. Diese reichen von klassischen Analgetika über Triptane bis hin zu…

mehr
Forschung
Mehr zum Thema

Erstaunlich wenig wusste man bisher über Kopfschmerzen während und nach einem ischämischen Schlaganfall. Das ändert sich nun.

mehr

Kindern mit Kopfschmerzen wird zu wenig Beachtung geschenkt. Laut einer Befragung haben knapp drei von vier Siebtklässlern Kopfschmerzen, aber nur…

mehr
Abrechnung

Verschenken Sie kein Honorar: Das „Gebühren-Handbuch digital“ ist die ideale Weiterentwicklung der Printausgabe des bekannten „Medical Tribune Gebühren-Handbuchs“ - statt 2000 Buchseiten der schnelle digitale Zugriff.

Was Ihnen die Abrechnung leichter macht:

  • die immer aktuelle Fassung von EBM und GOÄ (Einheitlicher Bewertungsmaßstab und Gebührenordnung für Ärzte)
  • Tipps und Experten-Kommentare zur Honorarabrechnung (EBM/GOÄ), graphisch aufbereitet und leicht verständlich
  • Kommentare von Kollegen lesen und selbst kommentieren
  • persönliche Notizen und Lesezeichen setzen

Zum Gebühren-Handbuch digital »

Fortbildungen

17.01.2025 | 07:30 - 08:15 Online

Frühstücksfortbildung am Freitag 2025

Luftnot - Kann das Herz dahinterstecken?

Details Online-Teilnahme Programm
31.01.2025 | 07:30 - 08:15 Online

Frühstücksfortbildung am Freitag 2025

Allergische Rhinitis / Rhinokonjunktivitis – Rasch und effektiv behandeln

Details Online-Teilnahme Programm
05.02.2025 | 16:00 - 18:30 Online

Case Conference 2025

Neues Wissen von Fall zu Fall - Schwerpunkt: Neurologie / Psychiatrie 

Details Online-Teilnahme Programm
Termin Fortbildung Ort  
17.01.2025 | 07:30 - 08:15

Frühstücksfortbildung am Freitag 2025

Luftnot - Kann das Herz dahinterstecken?

Details Online-Teilnahme Programm
Online
1 CME-Punkt
kostenfrei
31.01.2025 | 07:30 - 08:15

Frühstücksfortbildung am Freitag 2025

Allergische Rhinitis / Rhinokonjunktivitis – Rasch und effektiv behandeln

Details Online-Teilnahme Programm
Online
1 CME-Punkt
kostenfrei
05.02.2025 | 16:00 - 18:30

Case Conference 2025

Neues Wissen von Fall zu Fall - Schwerpunkt: Neurologie / Psychiatrie 

Details Online-Teilnahme Programm
Online
CME-Punkte beantragt
kostenfrei
Alle Fortbildungen




Diese Informationen dienen ausschließlich der Aus- und Weiterbildung von Angehörigen und Studenten der medizinischen Fachkreise (z.B. Ärzte) und enthalten nur allgemeine Hinweise. Sie dürfen nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden und sind kein Ersatz für eine ärztliche Beratung oder Behandlung. Die jeweiligen Autoren haben die Inhalte nach bestem Wissen gepflegt. Dennoch sollten Sie die Informationen stets kritisch prüfen und mit zusätzlichen Quellen vergleichen. Die Autoren und die Betreiber von medical-tribune.de übernehmen keine Haftung für Schäden, die durch nicht-kontrollierte Anwendung von Empfehlungen und Inhalten entstehen. Beiträge, die Angaben zum Einsatz und zur Dosierung von Medikamenten machen, sind die persönliche Einschätzung der Autoren. Sie ersetzen nicht die Empfehlungen des Herstellers oder des behandelnden Arztes oder Apothekers.