Was Wetter und Psyche wirklich mit Migräne zu tun haben

Dr. Anja Braunwarth

Die Rate an wetterbedingten Migräneanfällen ist höher als erwartet. Die Rate an wetterbedingten Migräneanfällen ist höher als erwartet. © fotolia/pathdoc

Manche Migränepatienten brauchen Schokolade nur von Weitem zu sehen, dann droht bereits die Kopfschmerzattacke. Andere fürchten nichts mehr als den nächsten Wetterumschwung. Doch so ganz gesichert sind solche Zusammenhänge bis heute nicht.

Wohl jeder Migränepatient hat so seine eigene Hypothese dazu, was Anfälle bei ihm auslöst. Viele nennen dabei z.B. Alkohol oder das Wetter. Doch in größeren Untersuchungen zu reproduzierbaren Triggern rangieren immer Stress, Hormone und Fasten ganz vorne, berichtete Dr. phil. Thomas Dresler von der Psychophysiologie & Optischen Bildgebung am Universitätsklinikum Tübingen. Auch bei Kindern spielt Überlastung die größte Rolle. Alle sonstigen üblichen Verdächtigen dürften laut dem Psychologen häufig eher auf das Konto von Erwartungshaltungen gehen.

Attacken mindern mit Vier-Punkte-Strategie

Aber egal, was der Auslöser ist, heutzutage geht man davon aus, dass es den Patienten mehr nützt, ihn nicht gänzlich zu meiden, sondern zu lernen, damit umzugehen. Australische Kollegen haben eine Vier-Punkte-Strategie entwickelt, den EASE-Ansatz, der sich als sehr erfolgreich erwiesen hat – auch mit Onlineangeboten. Das Akronym steht für:

  • Experiment: testen, ob der vermutete Auslöser Anfälle triggert
  • Avoid: zusätzliche migränebegünstigende Einflüsse ausschalten (z.B. Schlafmangel)
  • Stress: Entspannungstraining o.ä. erlernen
  • Exposure: graduierte Exposition im Sinne einer Desensibilisierung

Das Wetter bleibt aber weiter Gegenstand von Untersuchungen. Florian Wogenstein, Informatiker vom Institut für Informationssysteme der Hochschule Hof, präsentierte Ergebnisse des Projektes „Migräne Radar“ (Mira). Online oder per App können sich Menschen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz registrieren und pseudonymisiert ihre Migräneattacken melden. Analysiert wird dann u.a der Zusammenhang zu Wetteränderungen (Temperatur, Luftdruck und relative Luftfeuchtigkeit) in der jeweiligen Region.

Die inzwischen 6000 Teilnehmer (82 % weiblich) haben bisher 60 000 Anfälle angezeigt. Erwartet wurde vorher ein Zusammenhang zum Wetter bei 5 % der Probanden, tatsächlich liegt die Rate aktuell bei 8,6 %. Dabei machen sich Schwankungen von Temperatur und Luftdruck innerhalb eines Tages besonders bemerkbar. Wochentage spielen bei etwa einem Viertel der Befragten eine Rolle, besonders bei Vollbeschäftigten. Allerdings liefern die Daten keinen generellen Trend zu bestimmten Tagen, sondern es bestehen sehr große individuelle Unterschiede. Es gibt aber auch eine Untersuchung, die einen Anstieg an Montagen und Donnerstagen fand (s. Kasten).

Montags und donnerstags dröhnt der Schädel

Prof. Kropp von der Universitätsmedizin Rostock berichtete von einer Studie, in der ermittelt wurde, an welchen Wochentagen Migränepatienten vornehmlich den Facharzt aufsuchen. Gehäuft erschienen sie montags und donnerstags. Die Montagsklienten könnten sich vielleicht auf eine „Wochenendmigräne“ zurückführen lassen, für den Donnerstag gibt es noch keine schlüssige Erklärung.

Professor Dr. Peter Kropp vom Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universitätsmedizin Rostock wies noch auf die Bedeutung des Schlafes hin. „Wir brauchen bei Menschen, die gut schlafen, eigentlich gar keine Anfälle erwarten“, so sein Kommentar. Fakt ist, dass die Migräne bevorzugt am frühen Morgen beginnt und wahrscheinlich sehr häufig aus einer REM-Schlafphase heraus.

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Die Rate an wetterbedingten Migräneanfällen ist höher als erwartet. Die Rate an wetterbedingten Migräneanfällen ist höher als erwartet. © fotolia/pathdoc