Metformin: Gefährliche Azidose durch massiv erhöhten Serumspiegel

Dr. Alexandra Bischoff

Mit Metformin ist gerade bei Nieren- und Herzinsuffizienz nicht zu spaßen. Mit Metformin ist gerade bei Nieren- und Herzinsuffizienz nicht zu spaßen. © Sherry Young – stock.adobe.com

Während einer Metformintherapie sollten Sie regelmäßig das Kreatinin prüfen. Schließlich laufen insbesondere Niereninsuffiziente Gefahr, eine medikamentenassoziierte und teils lebensbedrohliche Laktat­azidose zu entwickeln.

Abdominelle Schmerzen mit Übelkeit und Erbrechen, Tachypnoe und kognitive Defizite zählen zu den Symptomen der Metformin-assoziierten Laktatazidose (MALA). Hypothermie, Hypotonie bis hin zum Koma sind weitere Manifestationen. Auch eine 74-Jährige wurde bewusstlos im Bett von ihrem Mann vorgefunden, nachdem sie die vergangenen Tage über Übelkeit und Erbrechen geklagt hatte. Beim Eintreffen des Notarztes zeigte die Patientin typische Anzeichen eines schweren Schocks und musste reanimiert werden.

Patientin wurde intubiert und war katecholaminpflichtig

Sowohl der Blutzucker als auch die Körpertemperatur waren mit 67 mg/dl bzw. 31,7 °C stark erniedrigt. Aufgrund verschiedener Vorerkrankungen – Typ-2-Diabetes, Hypertonus, Dyslipidämie, Adipositas – nahm die Frau regelmäßig Metformin, einen DDP-4-Hemmer, ein langwirksames Insulinanalogon sowie einen ACE-Hemmer und ein Schleifendiuretikum ein. Die intubierte, katecholaminpflichtige Patientin wurde in die Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf eingeliefert.

Dort zeigte sich im Labor eine schwere metabolische Azidose: Der pH-Wert lag bei 6,6 und der Laktatspiegel bei 14,4 mmol/l. Des Weiteren stellten die Ärzte ein akutes Nierenversagen (Kreatinin 927 mmol/l) und eine ausgeprägte Dyselektrolytämie fest, wie Dr. Hanna Sophie Giessen vom Zentrum für Anästhesiologie und Intensivmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf und Kollegen berichten.

Kontraindiziert auch bei Herzinsuffizienz NYHA III–IV

Nachdem verschiedene mögliche Schockursachen (z.B. Ketoazidose, akute Laktatazidose Typ B, akute Blutungen, Lungenembolie) ausgeschlossen werden konnten, gab die Messung der Serumosmolalität den entscheidenden Hinweis auf eine Intoxikation mit osmotisch wirksamen Substanzen. Der daraufhin bestimmte Metforminspiegel war fast um das siebzigfache erhöht (68,8 mg/l, Normwert 0,1-1 mg/l). Somit konnte die Diagnose einer Metformin-assoziierten Laktatazidose gestellt werden.

Die MALA ist eine seltene und gefürchtete Komplikation der antidiabetischen Behandlung mit Metformin. Aufgrund der erhöhten Gefahr einer Laktatazidose ist der Arzneistoff aus der Gruppe der Biguanide insbesondere bei Patienten mit Nieren- oder Herzinsuffizienz (GFR < 30 ml/min bzw. NYHA* III–IV) kontraindiziert.

Die Therapie einer schweren MALA wie im Fallbeispiel erfordert neben einer hämodynamischen Stabilisierung und Oxygenierung des Patienten auch ein Nierenersatzverfahren. Zudem können Bikarbonat zur Pufferung des pH-Werts sowie Aktivkohle zur Adsorption verabreicht werden, Letzteres auch noch mehrere Stunden nach einer Intoxikation. Eine Hypothermie sollte man nur langsam ausgleichen.

Die Autoren raten dazu, bei allen Patienten während einer Metformintherapie regelmäßig den Kreatininwert zu kontrollieren. Im Falle von schweren Infektionen, fehlender Nahrungsaufnahme, Gewebehypoxie, peripherer Arterienverschlusskrankheit oder ab einer glomerulären Filtrationsrate unter 30 ml/min (s. Kasten) sollte das Medikament abgesetzt werden.

Metformintherapie an die GFR anpassen

  •  GFR ≥ 60 ml/min: keine Kontraindikation
  • GFR 45–59 ml/min: Kontrolle der Nierenfunktion alle drei bis sechs Monate
  • GFR 30–44 ml/min: Dosisreduktion, Kontrolle der Nierenfunktion alle drei Monate
  • < 30 ml/min: Kontraindikation

* New York Heart Association

Quelle: Giessen HS et al. Swiss Med Forum 2019; 19: 300-302

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