
Mikroskopische Kolitis wird oft mit dem Reizdarm verwechselt
Die mikroskopische Kolitis (MC) heißt so, weil die Schleimhaut (fast) normal aussieht und die Erkrankung nur histologisch in Biopsaten diagnostiziert werden kann, schreiben Privatdozent Dr. Pascal Frei und Kollegin von der Gemeinschaftspraxis Gastroenterologie Bethanien in Zürich. D0ie Ätiologie der 1976 erstmals beschriebenen chronischen Dickdarmentzündung ist unklar und vermutlich multifaktoriell. Es fällt auf, dass familiäre Häufungen vorkommen und bis zu 40 % der Patienten eine Autoimmunerkrankung wie Zöliakie, rheumatoide Arthritis, Schilddrüsenerkrankungen oder Diabetes aufweisen.
Auffallende Koinzidenz mit Autoimmunerkrankungen
Außerdem berichten Beobachtungsstudien über einen Zusammenhang zwischen MC und oft verordneten Medikamenten wie PPI, NSAR, SSRI oder Statinen. Auch das Rauchen gilt als gesicherter Risikofaktor. Die MC tritt ähnlich häufig auf wie die klassischen chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen M. Crohn und Colitis ulcerosa.
Bei der Abklärung chronischer Durchfälle findet sich in 10 bis 20 % eine MC. Die Krankheit trifft vor allem Frauen (7:1) und wird oft um das 65. Lebensjahr herum diagnostiziert, weshalb sie auch den Beinamen „chronische Durchfallerkrankung der mittelalten Frau“ trägt. Gerade bei dieser Patientengruppe sollte man sorgfältig nach einer MC suchen und nicht voreilig ein Reizdarmsyndrom diagnostizieren, fordern die Autoren.
Durchfälle bis zu 20mal pro Tag
Chronische, wässrige, nicht blutige Durchfälle, die drei- bis zwanzigmal pro Tag und oft auch nachts auftreten, kennzeichnen die Entzündung. Der Schweregrad der Durchfälle variiert. Mindestens jeder vierte Patient klagt zudem über Bauchschmerzen, viele verlieren leicht an Gewicht. Die starken Durchfälle führen in bis zu 40 % zu Stuhlinkontinenz.
Manchmal werden die Patienten sogar stationär eingewiesen – im Grunde unnötig, weil die Diagnostik ambulant erfolgen kann. Wichtigste Differenzialdiagnose: das hundertfach häufigere Reizdarmsyndrom. Dieses tritt aber oft bei jüngeren Patienten erstmals auf, immer begleitet von Bauchschmerzen oder abdominellem Unbehagen. Nur selten geht es mit nächtlichen Durchfällen einher. Es gibt keinen nicht invasiven Test, um eine MC zu diagnostizieren. Das Calprotectin kann – muss aber nicht – erhöht sein.
Kritische Pharmaka absetzen, eventuell Budesonid geben
Bei der Abklärung von Durchfällen muss auch ein makroskopisch normal aussehendes Kolon biopsiert werden, betonen die Schweizer Kollegen. Für die Sicherung der Entzündung braucht es eine vollständige Koloskopie mit Stufenbiopsien aus dem gesamten Dickdarm.Ziel der Behandlung ist die klinische Remission und die Normalisierung des Stuhlgangs, wobei eine Stuhlfrequenz von weniger als drei nicht wässrigen Stuhlgängen pro Tag angestrebt wird.
In manchen Fällen reicht das Absetzen kritischer Medikamente (PPI, NSAR, SSRI) oder ein Nikotinstopp aus, um die Durchfälle in den Griff zu bekommen. Häufig bringen diese Maßnahmen aber nur einen Teilerfolg und der hohe Leidensdruck vieler Patienten macht eine medikamentöse Behandlung erforderlich. Hier verspricht das lokal aktive Kortikosteroid Budesonid gute Erfolge, das sich sowohl für die Remissionsinduktion als auch für die Erhaltungstherapie eignet.
Budesonid lässt die Diarrhö verschwinden
80 % der Betroffenen sprechen auf Budesonid an, in der Regel verschwinden die Durchfälle bereits innerhalb von ein bis zwei Wochen. Rund 15 % der Patienten erleiden Rezidive und benötigen eine mehr oder weniger konstante Behandlung. Evidenzbasierte Behandlungsalternativen zu Budesonid gibt es bisher nicht.
Vor allem bei nächtlichen Durchfällen wird mit gutem Erfolg Loperamid gegeben – kontrollierte Studien hierzu fehlen jedoch. Obwohl die MC sehr unangenehm und auch beeinträchtigend sein kann, stellt sie eine gutartige Erkrankung ohne erhöhtes Krebsrisiko dar, die man nicht endoskopisch überwachen muss.
Quelle: Pascal Frei et al., Schweiz Med Forum 2016; 16: 190-193
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