FODMAP setzen den Reizdarm unter Druck

Dr. Barbara Kreutzkamp

Weglassen von fermentierbaren Kohlenhydraten kann entblähen und Schmerzen stillen. Weglassen von fermentierbaren Kohlenhydraten kann entblähen und Schmerzen stillen. © fotolia/mizina

Die meisten Lebensmittel, die reich an bestimmten fermentierbaren Kohlenhydraten (FODMAP*) sind, gelten eigentlich als sehr gesund. Bei Reizdarmpatienten können sie aber die Symptome verschlimmern. Ein Auslassversuch lohnt sich.

Dem Reizdarmsyndrom liegt eine komplexe Pathophysiologie mit viszeraler Hypersensitivität und Hyperalgesie, Störungen der Peristaltik sowie überschießenden Entzündungsreaktionen zugrunde, schreiben Professor Dr. Piero Portincasa vom Department of Biosciences and Human Oncology der University of Bari Medical School und Kollegen. Beeinflusst wird die Symptomatik u.a. durch das in­testinale Mikro­biom mit lokalen Veränderungen in der qualitativen und quantitativen Zusammensetzung und dadurch veränderter Fermentation.

Die meisten kennen ihre intestinalen Krawallmacher

Neben psychosozialer Führung und eventuell einer beschwerdeangepassten medikamentösen Behandlung stehen Veränderungen des Lebensstils und speziell der Ernährung als wichtige Therapiebausteine zur Verfügung. Das Register Ernährungsberatung sollte man vor allem dann ziehen, wenn der Patient über Symptomverschlechterungen nach Verzehr bestimmter Nahrungsmittel klagt. Meist kennen die Betroffenen ihre intestinalen Unruhestifter schon aus eigenen Erkundungen, ansonsten empfiehlt sich die aktive Nachfrage, so die Autoren. Weizen- und Milchprodukte, Kaffee, Früchte, (gezuckerte) Säfte und Gemüse sind die Hauptübeltäter.

Dabei gibt es drei mögliche Pathomechanismen, über die die Lebensmittel vor allem die Schmerz-, Blähungs- und Diarrhösymptome provozieren:

  • eine immunvermittelte Nahrungsmittelhypersensitivität mit lokaler Inflammation
  • die Nerven- oder Mastzell-Stimulation durch bioaktive Substanzen wie Salizylate, Glutamat oder Amine
  • die Darmwandüberdehnung durch vermehrte Wasser- und Gasansammlungen, die zu Blähungen und Schmerzen führt

Diese Mechanismen lassen sich mit einer Ernährungsanpassung gezielt ansteuern. Speziell die Wasser- und Gasansammlungen gehen bei vielen Patienten durch eine Zufuhrreduktion von FODMAP zurück, erklären die Experten. FODMAP wirken als osmotisch aktive Moleküle und/oder Nahrungssubstrate für die Akteure des Mikrobioms, die diese zu den Endprodukten Wasserstoff und Methan zersetzen. Durch Weglassen und schrittweise Wiedereinführung kann für jeden Patienten eine individuelle Diät entwickelt werden.

Hier stecken viele FODMAP drin

  • Monosaccharide: Fruktose z.B. Apfel, Mango, Pfirsich, Kirsche und anderes Obst, Honig, Fruchtsirup
  • Disaccharide: Laktose z.B. Milch, Joghurt, Frischkäse, Mozzarella, Eiscreme, Pudding
  • Oligo- und Polysaccharide: Inulin, Levane, Galacto- und Fructo-Oligosaccharide z.B. Gerste,Weizen, Roggen, Rote Beete, Artischocken, Chicoree, Fenchel, Lauch, Frühlingszwiebeln, Schalotten, Kichererbsen, Linsen und andere Hülsenfrüchte, Cashew-Nüsse, Pistazien
  • Polyole: Mannit, Maltit, Sorbit, Xylit z.B. Äpfel, Aprikosen, Kirschen, Nektarinen, Pfirsiche, Pflaumen und anderes Obst, Blumenkohl

Ob eine FODMAP-arme Diät aber langfristig und ohne wesentliche Nebenwirkungen hilft, ist derzeit noch unklar. So zeigt die Auflistung von FODMAP-enthaltenden Nahrungsmitteln (s. Kasten), dass viele Produkte von potenziell gesundheitlichem Nutzen sind. Bei einer länger dauernden Ernährungsumstellung läuft es im Einzelfall also auf eine Beschwerden-Nutzen-Analyse hinaus. Noch offen ist die Frage, inwieweit Gluten bei Reizdarm ohne Zöliakie eine Rolle spielt. Eine glutenfreie Diät kommt vermutlich vor allem für solche Patienten infrage, bei denen sich während der FODMAP-Auslassversuche keine Besserung einstellt, fassen die Kollegen die noch etwas magere Evidenz zu dieser Fragestellung zusammen. Ähnliches gilt für Laktose.

Gelbwurz und Fenchelöl dämpfen die Drangsal

Eine interessante Option bieten die sogenannten Nutraceuticals, übersetzt etwa Lebensmittel mit pharmakologischem Zusatznutzen. Beispiel Curcumin. Der Farbstoff der Gelbwurzel (Curcuma longa) reduziert in Dosierungen bis 140 mg bei entzündlichen Darmerkrankungen und Reizdarmsymptomen vor allem die Schmerzen. Anethol, ein ätherisches Öl aus Fenchelsamen, verfügt über relaxierende Effekte auf die glatte Muskulatur und scheint ebenfalls schmerzlindernd zu wirken. Die Autoren untersuchen derzeit eine Kombination von Curcumin plus Anethol beim Reizdarm mit ermutigenden Kurzzeitergebnissen.

Quelle: Portincasa P et al. Gastroenterology Report 2017; 5: 11-19
* fermentierbare Oligo-, Di- und Mono­saccharide sowie Polyole

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Weglassen von fermentierbaren Kohlenhydraten kann entblähen und Schmerzen stillen. Weglassen von fermentierbaren Kohlenhydraten kann entblähen und Schmerzen stillen. © fotolia/mizina