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FODMAP setzen den Reizdarm unter Druck

Dem Reizdarmsyndrom liegt eine komplexe Pathophysiologie mit viszeraler Hypersensitivität und Hyperalgesie, Störungen der Peristaltik sowie überschießenden Entzündungsreaktionen zugrunde, schreiben Professor Dr. Piero Portincasa vom Department of Biosciences and Human Oncology der University of Bari Medical School und Kollegen. Beeinflusst wird die Symptomatik u.a. durch das intestinale Mikrobiom mit lokalen Veränderungen in der qualitativen und quantitativen Zusammensetzung und dadurch veränderter Fermentation.
Die meisten kennen ihre intestinalen Krawallmacher
Neben psychosozialer Führung und eventuell einer beschwerdeangepassten medikamentösen Behandlung stehen Veränderungen des Lebensstils und speziell der Ernährung als wichtige Therapiebausteine zur Verfügung. Das Register Ernährungsberatung sollte man vor allem dann ziehen, wenn der Patient über Symptomverschlechterungen nach Verzehr bestimmter Nahrungsmittel klagt. Meist kennen die Betroffenen ihre intestinalen Unruhestifter schon aus eigenen Erkundungen, ansonsten empfiehlt sich die aktive Nachfrage, so die Autoren. Weizen- und Milchprodukte, Kaffee, Früchte, (gezuckerte) Säfte und Gemüse sind die Hauptübeltäter.
Dabei gibt es drei mögliche Pathomechanismen, über die die Lebensmittel vor allem die Schmerz-, Blähungs- und Diarrhösymptome provozieren:
- eine immunvermittelte Nahrungsmittelhypersensitivität mit lokaler Inflammation
- die Nerven- oder Mastzell-Stimulation durch bioaktive Substanzen wie Salizylate, Glutamat oder Amine
- die Darmwandüberdehnung durch vermehrte Wasser- und Gasansammlungen, die zu Blähungen und Schmerzen führt
Diese Mechanismen lassen sich mit einer Ernährungsanpassung gezielt ansteuern. Speziell die Wasser- und Gasansammlungen gehen bei vielen Patienten durch eine Zufuhrreduktion von FODMAP zurück, erklären die Experten. FODMAP wirken als osmotisch aktive Moleküle und/oder Nahrungssubstrate für die Akteure des Mikrobioms, die diese zu den Endprodukten Wasserstoff und Methan zersetzen. Durch Weglassen und schrittweise Wiedereinführung kann für jeden Patienten eine individuelle Diät entwickelt werden.
Hier stecken viele FODMAP drin
- Monosaccharide: Fruktose z.B. Apfel, Mango, Pfirsich, Kirsche und anderes Obst, Honig, Fruchtsirup
- Disaccharide: Laktose z.B. Milch, Joghurt, Frischkäse, Mozzarella, Eiscreme, Pudding
- Oligo- und Polysaccharide: Inulin, Levane, Galacto- und Fructo-Oligosaccharide z.B. Gerste,Weizen, Roggen, Rote Beete, Artischocken, Chicoree, Fenchel, Lauch, Frühlingszwiebeln, Schalotten, Kichererbsen, Linsen und andere Hülsenfrüchte, Cashew-Nüsse, Pistazien
- Polyole: Mannit, Maltit, Sorbit, Xylit z.B. Äpfel, Aprikosen, Kirschen, Nektarinen, Pfirsiche, Pflaumen und anderes Obst, Blumenkohl
Gelbwurz und Fenchelöl dämpfen die Drangsal
Eine interessante Option bieten die sogenannten Nutraceuticals, übersetzt etwa Lebensmittel mit pharmakologischem Zusatznutzen. Beispiel Curcumin. Der Farbstoff der Gelbwurzel (Curcuma longa) reduziert in Dosierungen bis 140 mg bei entzündlichen Darmerkrankungen und Reizdarmsymptomen vor allem die Schmerzen. Anethol, ein ätherisches Öl aus Fenchelsamen, verfügt über relaxierende Effekte auf die glatte Muskulatur und scheint ebenfalls schmerzlindernd zu wirken. Die Autoren untersuchen derzeit eine Kombination von Curcumin plus Anethol beim Reizdarm mit ermutigenden Kurzzeitergebnissen.Quelle: Portincasa P et al. Gastroenterology Report 2017; 5: 11-19
* fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide sowie Polyole
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