Mit dem Alter kommen die Eigenheiten

Dr. Andrea Wülker

Etwa 17–30 % der Patienten entwickeln eine leichte parkinson­assoziierte Gedächtnisstörung, weitere 30 % eine manifeste Parkinson-­Demenz. Etwa 17–30 % der Patienten entwickeln eine leichte parkinson­assoziierte Gedächtnisstörung, weitere 30 % eine manifeste Parkinson-­Demenz. © LIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com

Die motorische Symptomatik wird stärker, das Gedächtnis lässt nach, dazu kommen urogenitale und orthostatische Probleme: Über 80-Jährige sind besonders häufig von einer fortgeschrittenen Parkinson-Erkrankung betroffen. Da bei ihnen oft noch Frailty und Komorbiditäten bestehen, sollten Neurologen und Geriater eng zusammenarbeiten.

Das Hauptziel bei der medizinischen Betreuung älterer Patienten mit ­Morbus ­Parkinson ist stets die Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen und der Erhalt ihrer Autonomie. Dabei unterscheiden sich Neurologie und Geriatrie durchaus in ihrer Sichtweise auf den Patienten: Während Neurologen insbesondere die motorische und nicht-motorische Parkinson-Symptomatik im Blick haben, richtet der Geriater den Fokus eher auf die physischen, funktionellen und sozialen Aspekte der Erkrankung, schreiben Dr. ­Inga ­Claus vom Universitätsklinikum ­Münster und Prof. Dr. ­Tobias ­Warnecke, Klinikum ­Osnabrück.

Der größte Teil der älteren Parkinson-Patienten befindet sich bereits in einem fortgeschrittenen oder späten Krankheitsstadium. Die sogenannten End-of-Dose-Fluktuationen, auf die die meisten randomisierten kontrollierten, Studien zu den motorischen Komplikationen der Erkrankung ausgerichtet sind, haben für diese Patienten nur selten Bedeutung, erläutern die beiden Autoren. Spezifische Daten für Hochbetagte liegen nicht vor.

Amantadin ist der einzige Wirkstoff, der in Doppelblindstudien Dyskinesien ohne Verschlechterung des Parkinson-­Syndroms zu reduzieren vermochte. Allerdings ist die Substanz für die meisten älteren Patienten aufgrund der Nebenwirkungen – psychotische Symptome, Verlängerung der QTc-­Zeit, Intoxikation bei eingeschränkter Nierenfunktion – problematisch. Neuere Medikamente wie ­Safinamid und ­Opicapon eignen sich für Menschen im höheren Alter wahrscheinlich recht gut, doch auch für diese Arzneimittel ist die Datenlage dünn. Die Autoren mahnen zur Vorsicht, was Dopamin­agonisten wie ­Pramipexol, ­Ropinirol, ­Piribedil und das transdermal zu applizierende ­Rotigotin anbelangt, da deren Nebenwirkungsprofile insbesondere für Ältere bedenklich sein können. Von ­Anti­­cholin­er­gika sollte man grundsätzlich die Finger lassen.

Dyskinesien treten nach zehnjährigem Krankheitsverlauf bei mehr als jedem Zweiten auf. Der frühe Beginn einer L-Dopa-­Therapie scheint kein Risikofaktor für motorische Komplikationen zu sein, genetische Faktoren erhöhen aber möglicherweise die Wahrscheinlichkeit. Im Spätstadium der Parkinson-Erkrankung zeigen manche Patienten eine reduzierte L-Dopa-­Responsivität, Ruhetremor, Bradykinese und Rigor sind aber gebessert. Der beste L-Dopa-Effekt findet sich bei Betroffenen mit motorischen Fluktuationen. Ein wichtiger praktischer Aspekt bei der Behandlung geriatrischer Patienten ist, dass sich einige L-Dopa-Präparate rektal verabreichen lassen.

Darüber hinaus gibt es nicht-orale Folgetherapien, beispielsweise Pumpentherapien mit subkutanem ­Apomorphin oder mit intestinalem Levodopa, seit 2021 auch in Kombination mit ­Entacapon. Bei geriatrischen Patienten mit motorischen Wirkfluktuationen sind intestinale Levodopa-Applikationen über eine perkutane endoskopische Jejunostomie-­Anlage möglich, um die Dauer von Off-­Phasen und belastende Dyskinesien zu reduzieren.

Ein gar nicht so seltenes, aber unterdiagnostiziertes Problem bei geriatrischen Patienten mit M. ­Parkinson sind Schluckstörungen, die Dehydrierung, Mangelernährung und Pneumonien nach sich ziehen können. Abhilfe schafft die Optimierung der dopaminergen Medikation und eine logopädische Schlucktherapie, beispielsweise das häusliche vierwöchige ­Expiratory ­Muscle ­Strength ­Training mit einem speziellen Aus­atemtrainingsgerät, das die Schlundmuskulatur kräftigt und Schluck­sicherheit und -effizienz erhöht.

Etwa 17–30 % der Patienten entwickeln eine leichte parkinson­assoziierte Gedächtnisstörung, weitere 30 % eine manifeste Parkinson-­Demenz. Dies kann die Angehörigen erheblich belasten und zur Unterbringung der Kranken in einer Pflegeeinrichtung führen. Zur medikamentösen Behandlung steht ­Rivastigmin zu Verfügung. Mit Einschränkungen können auch ­Galantamin und ­Donepezil gegeben werden. Für diese Präparate gibt es allerdings bislang keine formale Zulassung für die Indikation Parkinson-­Demenz.

Von Störungen der Blasenfunktion – Nykturie mit und ohne Harn­inkontinenz, erhöhte Harndrangfrequenz etc. – sind bis zu 71 % der Patienten betroffen. Die urologischen Symptome sind belastend und mit einem erhöhten Sturzrisiko verbunden, erklären Dr. ­Claus und Prof. ­Warnecke. Wichtig ist dann die sorgfältige Medikamentenanam­nese mit besonderem Fokus auf Diuretika und Anticholin­ergika. Als Medikamente bei urologischer Symptomatik stehen ­Trospiumchlorid, ­Oxybutynin, ­Solifenacin und ­Mirabegron zur Verfügung.

Als Ausdruck der autonomen Dysfunktion bei der Parkinson-Krankheit kann es zur orthostatischen Hypotonie kommen: Beim Aufstehen aus dem Liegen fällt der systolische Blutdruck um mindestens 20 mmHg, der diastolische um mindestens 10 mmHg ab. Das Sturzrisiko steigt. Ein Teil der betroffenen Parkinson-Patienten weist abends und nachts eine Hypertonie auf, die im ersten Schritt mit kurz wirksamen Anti­hypertensiva wie ­Losartan, ­Nebivolol oder ­Captopril behandelt werden sollte. Im zweiten Schritt empfehlen die Kollegen eine Stabilisierung des Blutdrucks während des Tages, z.B. mit ­Midodrin, Fludrocortison oder Droxidopa. Teilweise handelt es sich dabei um Off-Label-Anwendungen.

Quelle: Claus I, Warnecke T. internistische praxis 2022; 66: 117-126

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Etwa 17–30 % der Patienten entwickeln eine leichte parkinson­assoziierte Gedächtnisstörung, weitere 30 % eine manifeste Parkinson-­Demenz. Etwa 17–30 % der Patienten entwickeln eine leichte parkinson­assoziierte Gedächtnisstörung, weitere 30 % eine manifeste Parkinson-­Demenz. © LIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com