Mit Parkinson schnurstracks in die Demenz?

Maria Weiß, Foto: thinkstock

Parkinson-Patienten haben ein deutlich erhöhtes Demenzrisiko und nicht wenige Betroffene zeigen bereits bei der Erstdiagnose leichte kognitive Einschränkungen. Wie kann man gegensteuern?

Je länger die Parkinson-Erkrankung besteht, umso so höher ist das Demenzrisiko, sagte Privatdozent Dr. Oliver Riedel von der Abteilung Klinische Epidemiologie am Leibnitz-Institut für Präventionsforschung in Bremen. Nach achtjähriger Erkrankungsdauer leiden fast 80 % der Patienten unter einer Demenz. Neben höherem Alter und Krankheitsstadium gilt auch ein niedriges Bildungsniveau als gut abgesicherter Risikofaktor.


In der longitudinalen Studie LANDSCAPE wurden 45- bis 80-jährige Patienten mit idiopathischem Parkinsonsyndrom über bisher sechs Jahre beobachtet und umfangreichen neuropsychologischen Tests unterzogen. Ziel war es, Risikofaktoren und Prädiktoren für den Übergang in eine Demenz zu finden. Zu Beginn der Studie wiesen 42,7 % milde kognitive Einschränkungen (MCI) auf, 15 % waren bereits dement.

Geistige Leistungsfähigkeit fluktuiert stark

Neben Alter und Dauer der Erkrankung war auch der Grad der motorischen Beeinträchtigung mit Demenz assoziiert. Patienten mit MCI und Demenz wiesen unabhängig von Alter und Geschlecht häufiger depressive Störungen auf. Außerdem fiel den Wissenschaftlern auf, dass Patienten mit MCI oder Demenz deutlich häufiger unter (vor allem visuellen) Halluzinationen litten.


Im Verlauf über 24 Monate blieben etwa zwei Drittel der Parkinson-Patienten, die initial keine kognitiven Einschränkungen aufgewiesen hatten, stabil, ein Drittel entwickelte MCI und 1 % von ihnen eine Demenz. Von denjenigen, die bereits zu Beginn der Untersuchung unter MCI gelitten hatten, blieben 61 % stabil und 8,5 % entwickelten eine Demenz. Auffällig war hier, dass die leichten kognitiven Einschränkungen bei fast 39 % der Kranken im Verlauf wieder verschwanden.


Offensichtlich bestehen starke Fluktuationen der geistigen Leistungsfähigkeit, so Dr. Riedel. Risikofaktoren für eine kognitive Verschlechterung waren neben höherem Alter und stärkeren motorischen Beeinträchtigungen vor allem niedrige Kognitions-Scores zu Beginn und Apathie.


Kognitive Störungen sind für die betroffenen Patienten von hoher Relevanz, betonte Professor Dr. Elke Kalbe von der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universitätsklinik Köln. Sie mindern nicht nur die Lebensqualität und wirken belastend für Angehörige – sie sind auch die wichtigste Indikation für eine Heimeinweisung und gehen mit einer deutlich schlechteren Prognose einher.

Patienten körperlich und geistig trainieren

Was kann man betroffenen Parkinsonpatienten therapeutisch oder prophylaktisch anbieten? Liegt bereits eine Demenz vor, können Acetylcholinesterasehemmer oder Memantine zum Einsatz kommen. Auch psychosoziale Interventionen werden in der S3-Leitlinie empfohlen – Studien sucht man dazu aber vergebens.


In einem Review wurde die Evidenz von nicht pharmakologischen Interventionen zur Kognitionsverbesserung bei Parkinsonkranken untersucht. Immerhin in acht von neun der untersuchten Studien zeigten sich hier Verbesserungen durch kognitives Training und physische Aktivitäten. Dies betraf vor allem exekutive Funktionen und Gedächtnisleistungen.


In einer kleineren Studie wurde gezeigt, dass sich durch kognitives Training im Vergleich zur reinen Sprechtherapie das Arbeitsgedächtnis, die verbale Flüssigkeit und die exekutiven Funktionen verbessern lassen. In einer weiteren Arbeit erwies sich ein bewegungskontrolliertes Sportspiel („Nintendo Wii“) über einen Zeitraum von vier Wochen als genauso wirksam wie ein kopflastiges kognitives Training am Computer. Weiterhin konnte im Rahmen der Studie gezeigt werden, dass sich mit der Kombination von kognitivem und motorischem Training wahrscheinlich weitaus mehr erreichen lässt als mit den Einzelkomponenten.

Interventionen sind noch unzureichend abgesichert

Allerdings weisen all diese Studien bedeutende Mängel auf, betonte die Bremer Neurologin. Meist bestehen gar keine Einschlusskriterien zum kognitiven Status, keine der Stu­dien differenziert zwischen Parkinson und Parkinson mit MCI und die Trainingsmethoden waren sehr heterogen. Es gibt also noch viel zu tun – auch wenn die Interventionen vielversprechend zu sein scheinen.


Quelle: 9. Deutscher Parkinson-Kongress

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