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MRSA: Infiziert oder lediglich besiedelt?
Besonders gefährdet für eine nosokomiale Besiedelung mit MRSA sind Personen, die antibiotisch behandelt wurden oder länger im Krankenhaus waren. Auch ein chirurgischer Eingriff, Brandwunden oder die Anlage eines zentralen Venenkatheters erhöhen das Risiko.
Standardsanierung bei MRSA-Besiedelung: |
1. bis 5. Tag:
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Außerhalb von Kliniken lauern MRSA in Kasernen, Kindertagesstätten und Justizvollzugsanstalten. Auch Injektionsdrogenabhängige sind häufig von den renitenten Keimen bevölkert, erklärte Professor Dr. Evelina Tacconelli von der Abteilung Infektiologie der Inneren Medizin I am Universitätsklinikum Tübingen.
Eine MRSA-Besiedelung verschwindet bei den meisten Menschen nach einer gewissen Zeit wieder von selbst. Ohne Therapie dauert das aber Wochen oder sogar Monate. Am längsten halten sich MRSA bei hospitalisierten Patienten, so die Referentin.
Infektionsgefahr bei sehr kranken Patienten
In einer großen europäischen Studie mit mehr als 10 000 Patienten ließ sich beobachten, dass eine MRSA-Besiedelung in 23 % zu einer Infektion führt. In einer anderen Untersuchung an 840 besiedelten Patienten entwickelten 121 (14 %) eine MRSA-Infektion. Bei 72 % der Patienten geschah dies bereits in den ersten 60 Tagen der Kolonisation. Nur bei 14 % trat der Ausbruch erst sechs Monate oder länger nach der Besiedlung auf.
In den meisten Fällen waren Haut- oder Weichteilgewebe betroffen (40 %), aber auch der Respirationstrakt (31 %) oder die Knochen (12 %) zeigten Infektionszeichen. Bakterieämien kamen in 11 % der Fälle vor.
Ob sich aus einer Kolonisation eine Infektion entwickelt, hängt von verschiedenen Risikofaktoren ab. Sehr kranke Patienten scheinen häufiger betroffen zu sein. So erwies sich in einer Studie mit 124 Patienten die Präsenz eines zentralen Venenkathethers als Risikofaktor für die Konversion. Auch zwei oder mehr Krankenhausbehandlungen stellten unabhängige Risikofaktoren dar.
Patienten mit MRSA aus der Klinik immer dekolonisieren
Klinikaufenthalte und Antibiotikagaben bergen gleichzeitig eine erhöhte Gefahr für die Besiedelung mit VRE**. Mit diesen Keimen müssen sich häufig Kranke herumschlagen, die schon lange hämodialysiert werden. Weitere Risikofaktoren sind ein Alter über 60 Jahre und der Langzeitaufenthalt in einer Pflegeeinrichtung, erklärte die Expertin. Auch für die Besiedelung mit ESB*** steigern ein höheres Alter (über 60 Jahre), ernste Komorbiditäten und vorherige Antibiotikabehandlungen das Risiko. Vor allem Kombinationstherapien mit Carbapenem oder mit Chinolonen scheinen die Kolonisationen zu begünstigen.
Um die Patienten von den resistenten Keimen zu befreien, gibt es zumindest für MRSA wirksame Strategien (s. Kasten). Anwenden sollte man sie bei Patienten vor orthopädischen Implantationen, vor einer PEG (perkutaner endoskopischer Gastrostomie), vor anderen elektiven Eingriffen an Thorax, Herz und Gefäßen und vor Transplantationen. Zudem sollten Personen immer dekolonisiert werden, wenn sie den Erreger bei einem Ausbruch im Krankenhaus erworben haben. Bei Karzinompatienten ist eine Sanierung ebenfalls angezeigt, da sie durch das PVL****-Toxin der Staphylokokken besonders gefährdet sind.
Für die VRE-Dekolonisation gab es Versuche mit systemischen Antibiotikagaben und Chlorhexidinanwendungen, ohne rechten Erfolg. Und auch zum Vertreiben von CR*****-Klebsiella pneumoniae oder von ESBL-Keimen hat sich bisher kein wirksames Protokoll gefunden, bedauerte Prof. Tacconelli.
* Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus
** Vancomycin-resistenter E.Coli
*** Extended Spectrum Betalactamase (ESBL) produzierende Enterobakterien
**** Panton-Valentine-Leukozidin
***** Carbapenem-resistente Klebsiella pneumoniae
Quelle: Kongress der DGIM 2015
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