Mukoviszidose-Screening endlich auch in Deutschland

Dr. Andrea Wülker

Trotz Neugeborenen-Screening sind klinisch primär auffällige Kinder in der Praxis noch lange nicht passé. Trotz Neugeborenen-Screening sind klinisch primär auffällige Kinder in der Praxis noch lange nicht passé. © fotolia/sushytska

Im Herbst 2016 wurde in Deutschland das Neugeborenen-Screening auf Mukoviszidose eingeführt. Wie wird es genau durchgeführt und welche Konsequenzen hat es für die tägliche Praxis?

Während in den meisten Industrie­ländern das Neugeborenen-Screening (NGS) auf Mukoviszidose (zystische Fibrose, CF) schon lange Routine ist, wurde über das deutsche CF-NGS jahrelang diskutiert – was unter anderem an dem strengen deutschen Gendiagnostikgesetz lag.

Inzwischen wurde das Screening aber auch in Deutschland eingeführt, und Experten versprechen sich davon eine erhebliche Verbesserung für die Diagnostik und Therapie von CF-Patienten. Das CF-NGS eröffnet die Perspektive einer präventiven Therapie der Mukoviszidose, schreiben Privatdozent Dr. Olaf Sommerburg von der Universitäts-Kinderklinik Heidelberg und Kollegen.

Das CF-Neugeborenen-Screening erfolgt zwar in der Regel gleichzeitig mit den bereits bisher üblichen NGS. Doch gibt es beim Test auf Mukoviszidose einige Besonderheiten: Über CF muss gesondert aufgeklärt werden, und zwar durch einen Arzt. Eine Hebamme darf diese Aufgabe nicht übernehmen.

Zusätzlich zur Aufklärung über die bisher gescreenten Erkrankungen bedarf es einer gesonderten Elterninformation über die zystische Fibrose und einer extra Einverständniserklärung der Eltern zum Neugeborenen-Screening.

Für das Mukoviszidose-Screening hat der G-BA ein dreistufiges Protokoll beschlossen. Danach werden das immunreaktive Trypsinogen (IRT) und das pankreasassoziierte Protein (PAP) bestimmt, die bei Mukoviszidose erhöht sind. Finden sich für beide Proteine erhöhte Werte, wird in der dritten Protokollstufe nach den 31 in Deutschland häufigsten pathogenen Mutationen für den CFTR (cystic fibrosis transmembrane conductance regulator) gesucht.

Konfirmationsdiagnostik nur in zertifiziertem Zentrum sinnvoll

Das CF-Neugeborenen-Screening wird als auffällig bewertet, wenn ein oder zwei CFTR-Mutationen nachgewiesen wurden oder wenn ein PAP-negatives Kind einen IRT-Wert über der 99,9. IRT-Perzentile hatte – ohne Nachweis von CFTR-Mutationen ("Safety-Net-Strategie"). Das Screeninglabor informiert bei positivem Befund grundsätzlich den Einsender (also in der Regel die Geburtsklinik oder den Pädiater), der wiederum die Eltern benachrichtigt.

Da ein Screening aber nur ein Screening und keine Diagnostik ist, muss sich nun die Bestätigungs­diagnostik in Form einer Chlorid-Messung im Schweiß (Schweißtest) zusammen mit einer sorgfältigen klinischen Untersuchung des Neugeborenen anschließen. Die Autoren raten eindringlich dazu, diese Konfirma­tionsdiagnostik durch Ärzte mit entsprechender Erfahrung in einem zertifizierten CF-Zentrum durchführen zu lassen.

Zwar bieten viele Kinderkliniken und auch manche der niedergelassenen Kinderärzte Schweißtests an, doch messen die meisten nur die Leitfähigkeit im Schweiß und nicht das von den Leitlinien geforderte Chlorid.

Alle Kinder mit positivem Screeningtest weiter abklären

In Deutschland gibt es kein verbindliches "Tracking"-System, das dafür sorgt, dass allen positiven Screeningbefunden so lange nachgegangen wird, bis die Konfirmationsdiagnostik abgeschlossen ist. Daher sollte jeder Arzt darauf achten, dass alle Kinder mit einem positiven Screeningtest auch wirklich weiter abgeklärt werden.

Obwohl jetzt das CF-NGS in Deutschland eingeführt wurde, dürfte es auch in Zukunft gelegentlich Kinder geben, die mit zystischer Fibrose primär klinisch auffällig werden und eine entsprechende Diagnostik benötigen. Entweder weil sie nicht gescreent wurden, weil der Screeningtest falsch-negativ ausfiel oder weil sie trotz positivem Screeningergebnis keine ausreichende Konfirmationsdiagnostik erhalten haben.

Quelle: Sommerburg O et al. Monatsschr Kinderheilkd 2017; 165: 49-54

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